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Interview mit Mareike Brockmann und Beate Brandes (Volkswagen AG):: „Diversity stärkt die Resilienz einer Gesellschaft“
Die Heads of Group Diversity Management der Volkswagen AG über Vielfalt als verbindendes Wertebekenntnis für alle Marken und Gesellschaften im VW-Konzern
Stand:
Wie wichtig ist Diversity für unsere Gesellschaft?
Mareike Brockmann: Unsere Gesellschaft ist divers und bunt. Es gilt diese Vielfalt zu erhalten und als wertvoll anzuerkennen. In einer globalisierten Welt ist es wichtig, verschiedene Kulturen und Hintergründe zu schätzen, um ein harmonisches Zusammenleben zu ermöglichen. Insgesamt stärkt Diversity auch die Resilienz und Anpassungsfähigkeit einer Gesellschaft, was in transformativen Zeiten von entscheidender Bedeutung ist.
Beate Brandes: Diversität in einer Gesellschaft ist auch immer eine Aufgabe jedes Einzelnen und nicht immer konfliktfrei, denn es ist zum Teil auch herausfordernd die vielfältigen Denk- und Lebensweisen zu integrieren. Jedoch nur wenn das gelingt, fördert Vielfalt auch Innovation und Kreativität einer Gesellschaft, so dass unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen zu neuen Ideen und Lösungen führen können. Letztlich bildet eine vielfältige Gesellschaft die Grundlage für eine lebendige und erfolgreiche Demokratie.
Welche Relevanz hat Diversity in Ihrem Unternehmen?
MB: „Wir leben Vielfalt“ lautet einer unserer sieben Konzerngrundsätze und ist damit ein verbindendes Wertebekenntnis für alle Marken und Gesellschaften in unserem Konzern und ein fester Bestandteil der Volkswagen-DNA. Als globaler Player sind wir sehr vielfältig. Über 684.000 Mitarbeitende arbeiten bei uns in 150 Ländern. Das ist ein großes Potenzial!
Durch verschiedene interne Programme und Angebote ist es unser gemeinsames Ziel, dieses Potenzial aller Mitarbeitenden mit ihren unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen zu aktivieren, die besten Talente und Ideen zusammenzubringen und damit die Zukunft der Automobilindustrie gemeinsam zu gestalten.
BB: Wir wollen sicherstellen, dass sich alle Beschäftigten in ihrer Individualität gesehen fühlen und sich authentisch einbringen können. Bei Volkswagen geben wir dieser Vielfalt Raum und betrachten die Unterschiedlichkeit der Mitarbeitenden als Gewinn.
Grundlage dafür sind eine offene, respektvolle und partnerschaftliche Kommunikation, inspirierende Führung und eine chancengerechte Arbeitskultur. Gerade in den aktuell herausfordernden Zeiten sind wir fest davon überzeugt, dass wir ein starkes Kollektiv brauchen, um die anstehenden Veränderungen zu meistern und das Gefühl von Zugehörigkeit und Miteinander zu bewahren.
Was wurde bisher in Ihrem Unternehmen erreicht?
BB: Diversity wurde im Rahmen unserer Konzernstrategie als ein Fokusthema für soziale Nachhaltigkeit definiert. Dazu gehören der Diversity Index mit konkreten Zielvorgaben zur Frauenquote im Management weltweit sowie der Internationalität im Top Management. Der Diversity Index hat als strategische Kennzahl eine unmittelbare Vergütungsrelevanz für die Vorstandsebene des Konzerns.
Darüber hinaus ist ab 2023 mit Einführung eines ESG-Faktors im Jahresbonus auch die Zielerreichung der Indexrelevanten Frauenanteile im Management in der Managementvergütung verankert. Um den steigenden Anforderungen an Vielfalt und Inklusion gerecht zu werden, evaluieren wir die KPIs des Diversity Index regelmäßig.
MB: Im Volkswagen Konzern sind inzwischen über 85 Diversity-Manager und -Managerinnen aktiv. Sie tauschen Best Practices aus und beraten über die Umsetzung von Programmen und Maßnahmen für mehr Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung in der Karriereentwicklung, aber auch im täglichen Umgang miteinander.
Wir haben schon einige Formate mit unseren Partnerinnen und Partnern etablieren können, wie zum Beispiel Mentoring oder Impat-Programme für internationale Mitarbeitende an den deutschen Standorten. Volkswagen unterstützt auch die Bildung von Beschäftigtennetzwerken, um die Eigeninitiative und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung zu fördern.
Kulturell ist dadurch viel in Bewegung. Das ist wichtig und sehr wertvoll, auch mit Blick auf Perspektivenvielfalt. Die Sichtbarkeit von dieser Vielfalt, die wir als Konzern definitiv haben, hat in den letzten Jahren auch zugenommen, durch mediale Formate wie Podcasts und Social Media Kampagnen. Wir nutzen die verschiedenen Kanäle noch deutlich wirksamer und erreichen so zunehmend mehr Menschen, Mitarbeitende wie Kundinnen und Kunden.
Von welchem Best Case können andere lernen?
BB: Als großen Erfolg mit starker interner Reichweite können wir sicher unser Schulungsformat „Diversity Wins“ an dieser Stelle nennen. 94 Prozent der Führungskräfte haben an dem Programm teilgenommen. Es beinhaltete Trainings für Führungskräfte, vom Meister bis zum Top-Manager.
Die Teilnehmenden erarbeiteten ein Verständnis dafür, warum Vielfalt und Inklusion für das Unternehmen wichtig sind, welche Gestaltungsansätze und Aktivitäten entwickelt werden können und was die Verantwortung als Führungskraft konkret bedeutet.
MB: Um nachhaltig Geschlechtergerechtigkeit im Unternehmen zu gewährleisten, arbeiten wir kontinuierlich innerhalb der HR-Prozesse an strukturellen Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Karriere und Familie.
Um nur eines zu nennen: Die Volkswagen AG bietet Führungskräften verschiedene Modelle geteilter Führung an, zum Beispiel die Option eines Job-Sharings. In diesem Arbeitsmodell teilen sich zwei Führungskräfte mit reduzierter Arbeitszeit gemeinsam eine Stelle, so wie wir.
Sie leiten den Bereich selbst im Job-Tandem – ist das ein großes Thema für die Zukunft? Welche Vorteile hat ein Job-Tandem?
BB: Ja, absolut, weil das Modell deutliche Vorteile und Chancen für das Unternehmen bieten kann und für das Tandem eben auch. Job Sharing-Modelle gewährleisten eine hohe Präsenz im Unternehmen und in dem Zuge auch den inhaltlichen Informationsfluss im Arbeitsprozess. Gerade auch in Vertretungsphasen hat das Team immer eine Ansprechperson.
Wir befinden uns gerade in einer Phase von Umbrüchen und strukturellen Veränderungen. Gerade hier bietet dieses Modell viele Chancen für eine effiziente Führungsstruktur, die gleichzeitig der steigenden Komplexität der Führungsaufgabe aber auch den Führungskräften persönlich gerecht wird.
MB: Genau, denn der intensive Austausch zwischen zwei Führungskräften eines Tandems kann auch zu ausgereifteren Entscheidungen führen und somit das Innovationspotenzial erhöhen. Durch intergenerationelles Jobsharing kann ein Wissenstransfer von erfahrenen Mitarbeitern auf Nachwuchskräfte stattfinden und durch Jobsharing werden Stellen, die Vollzeit erfordern, auch für Führungskräfte, die in einer bestimmten Lebensphase Teilzeit arbeiten, zugänglich.
Durch Teilzeitarbeit kann das Berufsleben mit Familienaufgaben, Weiterbildung, Ehrenamt und anderen Aktivitäten vereinbart werden. Wir haben hier in den letzten Jahren viele Erfahrungen sammeln können und haben inzwischen an die 25 Tandems im Management in der VW AG.
Was ist für Sie die größte Herausforderung bei der Umsetzung von Diversity in Unternehmen?
BB: Ich bin überzeugt, dass diverse Teams erfolgreicher sind, da sie durch ihre verschiedenen Perspektiven und Erfahrungshintergründe mutige Lösungen und kreative Ideen entwickeln. Das braucht es, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen.
Wirksam werden diverse Teams meiner Erfahrung nach aber nur, wenn wir es schaffen, dass möglichst alle sich ihrem Team, ihrer Gruppe oder sogar insgesamt unserem Unternehmen zugehörig fühlen. Dann werden sie ihr volles Potential und all ihre Fähigkeiten einbringen, weil sie in ihrer Individualität voll integriert sind.
MB: Für mich ist klar, dass Die Führungskräfte gefragt sind, um Vielfalt herzustellen, zu nutzen und sehr gute Resultate ins Ziel zu bringen. Die größte Herausforderung bei der Umsetzung von Diversity in Unternehmen ist oft der kulturelle Wandel innerhalb der Organisation.
Diesen können wir gezielt fördern, indem wir Prozesse, Strukturen und Arbeitsweisen so gestalten, dass sie das gewünschte Verhalten unterstützen und belohnen. Darüber hinaus brauchen wir die Führungskräfte als authentische Vorbilder, die ihren Mitarbeitenden den Raum geben, Vielfalt zu leben und ihr individuelles Potenzial auszuschöpfen.
Was nehmen Sie sich als nächstes vor?
MB: Wir möchten Menschen inspirieren und damit Denkweisen verändern. Wir wollen vielfältige Teams unterstützen und eine integrative Führung fördern, genauso aber auch den beschriebenen kulturellen Wandel durch strukturelle Maßnahmen fördern. So können wir die volle Leistungsfähigkeit und Kreativität von VW nutzen, um nachhaltig erfolgreich zu sein.
BB: Darüber hinaus möchten wir auch den Blick schärfen für unsere vielfältige Kundschaft. Nachhaltige Mobilität hat neben den ökologischen auch viele soziale Aspekte. Dort liegt sicher noch Potenzial, neue Kundenbedürfnisse zu erkennen und auch so einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen.
Durch demografische Veränderungen und auch neue Mobilitätsanforderungen sehen wir auch große Chancen in Bezug auf Inklusion und auf die verschiedenen Berührungspunkte, die unsere Kundschaft mit den Produkten hat.
Ein Blick in die Zukunft: Was ist das nächste große Thema für die Diversity-Arbeit?
MB: Mit dem Blick in die Zukunft, bleibt unsere Vision bestehen. Wir möchten einen Beitrag leisten für unseren Unternehmenserfolg, die Arbeitsumgebung- und Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden und die Gesellschaft insgesamt.
Unterschiede in Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Fähigkeiten, ethnischer Zugehörigkeit und anderen Merkmalen werden nicht nur akzeptiert, sondern aktiv geschätzt. Das bedeutet konkret, dass wir sensibel schauen, welche individuellen Vielfaltsdimensionen noch Strategien benötigen, um unserem Ziel näher zu kommen.
BB: Inklusion wird dahingehend sicher eine weiter zunehmende Bedeutung haben. Wir wollen es schaffen, dass in vermeintlichen Unterschieden nicht nur die Herausforderung, sondern insbesondere auch die Chance zur Veränderung und zur Verbesserung zu sehen ist, für uns alle. Das stärkt auch das Gefühl von Zugehörigkeit zu einer Organisation oder zu einem Unternehmen.