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Das Denkmal für „Turnvater“ Jahn in der Hasenheide.

© imago/Schöning/imago stock&people

Auch Abbau soll kein Tabu sein: Bezirksverordnete fordern Umgestaltung des Jahn-Denkmals in der Berliner Hasenheide

„Antisemit, Nationalist, Antidemokrat, Militarist und Antifeminist“ – so bezeichnet ihn ein Frauennetzwerk. Jetzt muss sich das Bezirksamt mit dem „Turnvater“ auseinandersetzen.

Das Denkmal für den „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn in der Berliner Hasenheide soll umgestaltet werden – oder womöglich ganz weg. Das forderte eine Mehrheit der Neuköllner Bezirksverordneten in der vergangenen Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Für einen entsprechenden Antrag der Linken (bei Beitritt der Grünen) stimmten SPD, Grüne und Linke, dagegen CDU und AfD.

Seit Jahren wird über den umstrittenen „Turnvater“ diskutiert: Zuletzt hatte das Netzwerk „Frauen in Neukölln“ gefordert, das Denkmal abzubauen und damit nicht länger an einem zentralen Platz an Jahn – ein „Antisemit, Nationalist, Antidemokrat, Militarist und Antifeminist“ – zu erinnern.

Nun liegt der Ball beim Bezirksamt: Laut Antrag soll dieses ein neues Konzept für das Denkmal entwickeln und dabei auch zivilgesellschaftliche Akteur:innen und die BVV einbeziehen. Es dürfe kein Tabu sein, auch darüber nachzudenken, das Denkmal ganz zu entfernen, heißt es weiter. Die Bezirksverordneten nutzen dabei gewissermaßen die Gunst der Stunde: Aktuell wird in der Hasenheide, wie berichtet, an allen Ecken und Enden gebaut. Damit soll sie klimaresilienter und fit für künftige Dürreereignisse werden. Die Umgestaltung des Denkmals solle Teil des Umbaus der Hasenheide sein, heißt es in dem Antrag.

Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), besser bekannt als „Turnvater Jahn“, war Pädagoge, Politiker und initialisierte die deutsche Turnbewegung. Er begründete unter anderem die Sportart, die wir heute als Geräteturnen kennen. Vor allem aber war Jahn Nationalist, Rassist und polemisierte in seinen Schriften gegen alles, was er als nicht-deutsch wahrnahm. Auch antisemitisch äußerte er sich verschiedenen Deutungen zufolge mehrfach – einige Unterstützer:innen lehnen diese Deutung allerdings ab. Ziel seiner Turnbewegung war es insbesondere, die männliche deutsche Jugend auf den Kampf gegen Napoleon vorzubereiten.

In der Neuköllner Hasenheide gründete Jahn 1810 den „Deutschen Bund“, dessen Ziel die Einigung und Befreiung Deutschlands war. In dem Bund durften nur Männer mit „deutscher Abstammung“ mitwirken, wozu Jahn keine Menschen jüdischen Glaubens zählte. Das Turnen war, anders als heute, weniger als Sport gedacht – sondern vielmehr als paramilitärische Ausbildung. Später war Jahn auch Ideengeber der Urburschenschaft, die unter anderem 1817 eine Bücherverbrennung durchführte.

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