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Urteil wegen Schrott-Immobilien: Dreieinhalb Jahre Gefängnis für einen "Mitternachtsnotar"

Knapp acht Monate wurde gegen einen langjährigen Notar verhandelt - wegen dubioser Geschäfte mit Schrottimmobilien. Er bezeichnete sich als ein unwissendes Werkzeug einer Betrügerbande.

Der „Mitternachtsnotar“ hatte sich als „unwissendes Werkzeug“ einer Bande von Betrügern bezeichnet. Die Richter sahen das nach achtmonatigem Prozess um dubiose Geschäfte mit Schrottimmobilien und ruinöse Verträge für unerfahrene Privatpersonen anders. Marcel E. sei zwar kein Mitglied der Bande gewesen, hieß es. Er habe aber im Wissen, dass es schwarze Schafe in der Branche gibt, in zehn Fällen die Käufer nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt. Der 52-Jährige wurde der Untreue und Beihilfe zum Betrug schuldig gesprochen. Das Gericht verhängte dreieinhalb Jahre Gefängnis.

Es ist der erste Prozess vor dem Berliner Landgericht gegen einen Notar, der beim Verkauf wertloser Immobilien als angebliche Steuersparmodelle mitgewirkt haben soll. Ermittler gingen von einer Art „Rahmenvertrag“ aus, der mündlich zwischen der Bande um Makler Kai-Uwe K. und dem Notar vereinbart worden sei. Den Geprellten seien überteuerte Immobilien aufgeschwatzt und hohe Provisionen kassiert worden. Beim Notar seien Kaufvertragsangebote nuschelnd verlesen worden. Opfern sei vorgegaukelt worden, sie würden sich mit einer Unterschrift noch nicht binden. Oft endete der Schritt im finanziellen Ruin.

Die Anklage gegen E. lautete auf bandenmäßigen Betrug unter Missbrauch der Stellung als Amtsträger. „Die Geschäfte brauchen maximale Geschwindigkeit, es funktioniert nur, wenn alle Rädchen ineinander greifen“, hieß es im Plädoyer der Ankläger. E. habe sich als „Dienstleister“ für den Strukturvertrieb von Makler K. gesehen und aus finanziellen Motiven möglichst viele Beurkundungen gemacht – zum Teil im Halbstunden-Rhythmus, abends, an Wochenenden. Fünf Jahre Haft verlangte die Staatsanwaltschaft.

Ein Teil der Bande aber sei der Jurist nicht gewesen, urteilte das Landgericht. Da sei nichts mit dem Makler, der inzwischen zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde und im Prozess gegen E. wortreich als Zeuge auftrat, betrügerisch abgesprochen gewesen. Aber ohne einen wie Marcel E. hätte die Masche der Betrüger nicht gegriffen, so das Gericht. Der langjährige Notar mit Kanzlei in Schöneberg habe in zehn Fällen Verträge durchweg zu wenig erläutert. Bei kurzfristig angesetzten Terminen sei dann nicht einmal gefragt worden, ob die Kunden das angebliche Steuerspar-Objekt besichtigt hatten. E. habe seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Käufern verletzt.

Die Bande richtete einen Schaden in Millionenhöhe an. Davon aber habe E. nicht profitiert. Er habe für jede Beurkundung lediglich den üblichen Satz erhalten. Es waren jeweils um 500 Euro. Das allein sei Motiv des damaligen Notars gewesen. E. habe in finanziellen Problemen gesteckt. Dabei sei ihm spätestens nach einer deutlichen Beschwerde im September 2008 bekannt gewesen, dass Betrug im Spiel sein könnte. Eine Anwältin hatte ihm unter anderem berichtet, dass Kunden von K. überrumpelt wurden.

Die Ermittler hatte im Falle von Marcel E. deutliche Signale gesetzt. Im Juli 2012 wurde er verhaftet und saß 330 Tage in Untersuchungshaft. Was K.s Bande trieb, will er erst Mitte 2010 begriffen haben. Sein Verteidiger verlangte Freispruch.

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