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Der ehemalige Chef der Berliner Treberhilfe, Harald Ehlert, muss sich ab Montag vor Gericht verantworten.

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Update

Ex-Chef der Treberhilfe in Berlin vor Gericht: Ehlert lobt erst einmal Ehlert

Ein Maserati als Dienstwagen und der Lebensstil des Ex-Treberhilfechefs Harald Ehlert waren wohl die Höhepunkte einer Debatte um Fehler in der Branche der Sozialkonzerne. Harald Ehlert steht jetzt in Berlin vor Gericht.

Harald Ehlert blickt in die Kameras. Er strotzt vor Selbstbewusstsein. So kennt man den Mann, der es in Berlin zum schwergewichtigen Sozialmanager brachte. Bis er mit dem Dienst- Maserati in eine Radfalle fuhr und er nach heftiger Kritik seinen Chef-Posten bei der Berliner Treberhilfe aufgab. Drei Jahre später steht er vor dem Saal 220 im Landgericht und ist voll des Lobes für Harald Ehlert: „Ich habe mich über Jahrzehnte massiv engagiert, um gute Dinge für die Menschen auf den Weg zu bringen.“ Im Saal aber sitzt er still auf der Anklagebank: Es geht seit Montag um Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt über 600 000 Euro.

Der Maserati taucht immer wieder in der Anklageschrift gegen Harald Ehlert auf

Der studierte Pädagoge mit Faible für luxuriöse Fahrzeuge. Den Maserati hatte die Treberhilfe im Jahr 2007 als Firmenwagen angeschafft. Eine Nobelkarosse für 140 000 Euro. Jetzt taucht der Wagen immer wieder in der Anklageschrift auf. Geldwerte Vorteile aus seinem Anstellungsverhältnis bei der Treberhilfe e. V. und der Treberhilfe gGmbH durch private Nutzung eines Dienstfahrzeugs seien von ihm nicht angegeben worden. Er habe 43 346 Euro an Einkommens- und Lohnsteuern zu wenig gezahlt.

Und ihm wird vorgeworfen, durch Verschweigen der aus Sicht der Ermittler auch privaten Nutzung verhindert zu haben, dass die Treberhilfe den Status der Gemeinnützigkeit verliert. Mehrfach habe er gegenüber dem Fiskus erklärt, dass der Maserati keine „Mittel-Fehlverwendung“ sei, nur betrieblich laufe. Weil er über die „wahren Verhältnisse“ täuschte, seien zugunsten der Treberhilfe Körperschafts- und Gewerbesteuern für die Jahre 2007 und 2008 in Höhe von 568 000 Euro nicht erhoben worden.

Unermüdlich habe Harald Ehlert die Treberhilfe aufgebaut

Ehlert trägt Leinenjackett und faltet die Hände. Mal lehnt er sich zurück, mal nickt er seinem Verteidiger zu. Der hat ein „Opening Statement“ vorbereitet. „Wir treten den Vorwürfen entgegen“, kündigt der Jurist an. Ehlert stehe durch das Verfahren „vor den Trümmern von erheblichen Teilen seiner Lebensleistung.“ Und er lobt Ehlert, den 51-jährigen Angeklagten links von ihm, der mit Schwung eine Haarsträhne nach hinten wirft. Unermüdlich und mit großem Geschick habe er ein erfolgreiches „Sozialunternehmen“ aufgebaut. Die Anklage stütze sich nun auf Behauptungen, man werden sich mit etwaigen Belastungsmotivationen dieser Zeugen befassen müssen.

Der Pädagoge aus Detmold ist durch die Armut anderer reich geworden. Ende der 1980er Jahre begann die Treberhilfe als kleines Obdachlosenprojekt. Sie holte gescheiterte Existenzen von der Straße, man kümmerte sich um Jugendliche und Familien in Not. „Sozialfälle“ wurden in Krisen- und anderen Wohneinrichtungen untergebracht. Dafür zahlten Land und Bezirke. Ehlert kaufte Immobilien und eröffnete in Schöneberg, Neukölln, Wedding, Treptow und Grunewald um die 30 Wohnprojekte und Cafés. Ein boomendes Geschäft. Die Treberhilfe betreute zuletzt 3500 Menschen.

Lebensstil des Treberhilfe-Chefs Ehlert löste Debatte um Fehler in der Branche aus

Mit dem Wachstum aber war es vorbei, als ein Polizeiradar einen schwarzen Maserati in Mecklenburg festhielt. Ein Maserati als Dienstwagen? Und immer mehr bizarre Dinge wurden bekannt: Ehlert als Mieter einer pompösen Villa am See, in der seine Firma angeblich Weiterbildung machte. Ehlert mit einem Chauffeur und einem Gehalt von mehr als 300 000 Euro im Jahr. Der Lebensstil des „Sozialmanagers“ löste eine Debatte über mögliche Fehler in der Branche aus. Im Zuge der „Maserati-Affäre“ 2010 schlossen Diakonisches Werk und der Paritätische Wohlfahrtsverband das Unternehmen aus. Ende 2011 ging die Treberhilfe insolvent. Ihre Arbeit wurde durch die „Neue Treberhilfe“ fortgesetzt.

War der Maserati als Dienstwagen angemessen?

War der Maserati angemessen? Ehlert steht vor dem Saal und doziert gerade über die Sozialbranche als Wirtschaftsfaktor. „Ich werde mich intensiv und differenziert äußern, aber erst vor dem Gericht“, kontert er genervt. Und geht erhobenen Hauptes. In der Gerichtsklause will er eine Pressekonferenz geben. Doch er sitzt mit zwei Begleitern einsam da, nur ein Glas Wasser vor sich. Wieder die Frage nach dem Maserati. Jetzt wird er konkreter. „Ich wäre der Begünstigte bei Wegfall der Gemeinnützigkeit gewesen“, sagt er. 1,5 Millionen Euro plus hätte sie damals gemacht. Da wäre die Steuer bequem drin gewesen. Und für ihn ein satter Gewinn. „Mir wären zweieinhalb Maserati zugefallen“, rechnet er vor. Am 6. September will er aussagen.

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