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Notwehr-Drama in Berlin-Reinickendorf: Opfer wehrt sich - und bereut es später

Sie wollten in die Disko, hatten jedoch kein Geld dabei. Ihnen kam die Idee, einen wehrlosen Passanten auszurauben. Dieser wehrte sich - und tötet einen der beiden Angreifer. Seither leidet das Opfer an starken Depressionen.

Der Mann ist Opfer, doch er quält sich mit Selbstvorwürfen. „Sein Leben ist aus dem Ruder gelaufen, er wünscht, er hätte sich nicht gewehrt“, sagte sein Anwalt.

Gerhard P., ein stiller Mittvierziger, hatte ein Messer gezogen, als er nachts auf der Straße von zwei jungen Männern bedrängt wurde. Sie verlangten Geld. Er konnte sie nicht abschütteln. Im Gerangel traf er einen der Täter, 18 Jahre alt, tödlich. Nun saß Opfer P. im Gerichtssaal dem zweiten Angreifer gegenüber.

Auch der 19-jährige Angeklagte wirkte sichtlich bedrückt. Benjamin J. gab den Vorwurf der versuchten räuberischen Erpressung zu. „Er war sicherlich nicht die treibende Kraft, er leidet bis heute unter dem Erlebten“, sagte seine Anwältin. Sie wollten in eine Diskothek, hatten aber kein Geld. Auf der Hechelstraße in Reinickendorf kam ihnen die Idee, einen wehrlosen Passanten auszurauben.

Gerhard P., der nach der Spätschicht einen ausgeliehenen Film in die Videothek bringen wollte, wurde angerempelt, bedroht. Max H., der als Mehrfachtäter unter Bewährung stand, soll P. gepackt und nach dessen MP3-Player gegriffen haben. P. wechselte die Straßenseite. „Ich habe nichts, lasst mich“, rief er. Sie ließen nicht locker. Auch die Klinge, die er ihnen schließlich entgegenstreckte, stoppte die angetrunkenen und aufgeputschten Männer nicht.

Im Gerangel wurde Max H. durch einen Stich ins Herz getötet.

Zwar wurde P. zunächst abgeführt, doch schnell stand für die Ermittler fest: Es war eindeutig Notwehr. Auch wenn er im Recht war: P. komme mit dem Tod des Lehrlings nicht klar, sagte der Anwalt des Nebenklägers. Er leide seitdem an starken Depressionen, könne nicht mehr arbeiten. „Es gibt keinen Schuldigen im juristischen Sinne, eine fatale Kausalkette wurde in Gang gesetzt“, unterstrich der Jugendrichter. Für den Überfall aber sei J. zu verurteilen. Gegen den Lehrling, der keine Vorstrafen hat, ergingen 40 Stunden Freizeitarbeit. Eine „maßvolle“ Entscheidung, so die Nebenklage.

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