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Prozess: Libyer wegen Spionage vor Gericht

Zwei mutmaßliche Agenten schweigen vor der Staatsschutzkammer. Die Bundesanwaltschaft wirft Adel Ab. und Adel Al. vor, hierzulande libysche Oppositionelle ausgeforscht zu haben. Nicht das erste Mal geraten Spitzel aus dem Nahen Osten ins Visier.

Berlin - Am Flughafen Tegel klicken die Handschellen. Zwei Libyer, 43 und 46 Jahre alt, werden abgeführt. Alles läuft am 13. Mai dieses Jahres ohne Aufsehen ab. Der Fall aber ist brisant: Die Männer aus dem Wüstenstaat sollen für den Geheimdienst ihres Heimatlandes spioniert haben. Die Bundesanwaltschaft wirft Adel Ab. und Adel Al. vor, hierzulande libysche Oppositionelle ausgeforscht zu haben. Nach viermonatiger Untersuchungshaft müssen sich die beiden seit Montag vor dem Staatsschutzsenat des Berliner Kammergerichts verantworten. Dort waren Absperrgitter aufgebaut, Polizisten in kugelsicheren Westen wachten im Saal, Zuhörer wurden durchsucht.

Streng sind die Sicherheitsvorkehrungen des Gerichts – und sie werden wohl bis November umgesetzt werden, denn ein schneller Prozess ist nicht in Sicht: Die mutmaßlichen Agenten verweigerten die Aussage. Abdel Ab., ein Beamter aus dem libyschen Außenministerium, ist aus Sicht der Ermittler kein kleines Rädchen. Er sei Führungsoffizier des Geheimdienstes, hieß es in der Anklage, und habe ein „verzweigtes Netz“ informeller Mitarbeiter geleitet. Ziel sei es gewesen, die libysche Oppositionsbewegung zu schwächen – bis hin zu ihrer Zerschlagung. Von 2007 bis zu seiner Festnahme soll sich Ab. in Deutschland mehrfach konspirativ mit „Quellen“ getroffen und Erkenntnisse „an seine Hintermänner im libyschen Sicherheitsapparat“ geleitet haben. Mindestens vier Spitzel soll er geführt haben. Der mitangeklagte Al. sei einer davon gewesen. Der gelernte Labortechniker, der in Dänemark lebte, soll laut Bundesanwaltschaft ein doppeltes Spiel gespielt haben: Er sei führendes Mitglied eines Vereins von Gegnern des Regimes von Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi gewesen – und zugleich Zuträger dessen Nachrichtendienstes. So soll Al. über ein Treffen von Exillibyern in Köln berichtet haben. In Berlin habe er 2009 an einer Mahnwache vor der libyschen Botschaft teilgenommen, Fotos von Demonstranten gemacht und diese später an Ab. weitergeleitet. Kurz vor ihrer Festnahme sollen sich die Angeklagten getroffen haben. Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt: „Ab. übergab Al. 7000 US-Dollar als Agentenlohn.“ Das Geld hatte man in seinem Auto gefunden. Ein Verteidiger schätzte die Beweislage hingegen als „dünn“ ein. Der Prozess geht am Mittwoch weiter.

Dass sich in Berlin auch nach Ende des Kalten Krieges zahlreiche Agenten tummeln, gilt als bekannt. Vor allem Sicherheitsleute aus dem Nahen Osten standen mehrfach im Verdacht, oppositionelle Exilanten in der Stadt zu überwachen. Im November 2007 verurteilte beispielsweise der Staatsschutzsenat des Kammergerichts einen Deutsch-Algerier wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Der 44-Jährige sei bei der algerischen Botschaft in Berlin für den militärischen Geheimdienst Algeriens tätig gewesen und habe Informationen über Landsleute gesammelt. Drei Jahre zuvor ermittelten die deutschen Behörden gegen einen 35 Jahre alten Mann aus Syrien, der seit 1999 für den Geheimdienst seines Herkunftslandes gearbeitet haben soll. Der Brandenburger Verfassungsschutz soll erst im vergangenen Juli auf einen iranischen Doppelagenten hereingefallen sein. Der persische Student hatte sich dem Potsdamer Innenministerium offenbar als Informant aus islamistischen Zirkeln angeboten, soll aber eigentlich als Geheimdienstmann in der iranischen Botschaft in Berlin gearbeitet haben. Der Verfassungsschutz bestätigte dies nicht.

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