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Prozess: Millionenbetrug auf Rezept

Der Schwindel lief jahrelang und über Rezept: Apotheker Hans-Joachim D. soll die Krankenkassen im großen Stil mit HIV-Medikamenten betrogen haben.

Die Ermittler gehen von rund elf Millionen Euro Schaden aus. Als der 66-Jährige vor fünf Monaten verhaftet wurde, schwieg er zu den Vorwürfen. Vor dem Landgericht aber wird er ein Geständnis ablegen. Das kündigte sein Verteidiger am Freitag am Rande des Prozesses an.

Eine Version ohne Wenn und Aber ist jedoch nicht zu erwarten. Der Apotheker mit Geschäft am Kurfürstendamm wird sich wohl auch als Opfer darstellen. „Er wurde in einem nicht unerheblichen Maße erpresst“, sagte der Anwalt. „Es sind wöchentlich Herrschaften auch mit Messer erschienen.“ D. habe sich in einer Zwangslage befunden. Die Richter sprachen später von einer bislang noch vagen Geschichte und stellen dem Apotheker im Falle eines Geständnisses sieben bis neun Jahre Gefängnis in Aussicht.

Der Apotheker hatte laut Staatsanwaltschaft mehr als 40 HIV-infizierte Helfer. Acht von ihnen, 39 bis 47 Jahre alt, sitzen nun mit auf der Anklagebank. Sie sollen vor allem durch „Ärzte-Tourismus“ in Berlin und anderen Städten Rezepte erschlichen haben. Hans-Joachim D. habe ihnen für eine Verordnung 150 bis 500 Euro gegeben. Bei den Krankenkassen soll der Apotheker dann jeweils 1500 bis 3000 Euro abgerechnet haben. Er finanzierte sich nach Überzeugung der Ermittler ein luxuriöses Leben. In seinem Fuhrpark standen Nobel-Karossen wie Lamborghini, Pontiac, Jaguar oder Mercedes.

Hunderte Rezepte über teure HIV-Medikamente waren es laut Anklage, die D. von 2007 bis 2009 bei verschiedenen Krankenkassen einreichte, ohne die Präparate je an Patienten zu geben. Seine mutmaßlichen Helfer bekamen „ein kleines Taschengeld“, sagte eine Anwältin. Ihr Mandant habe aufgrund der Erkrankung bereits von Sozialhilfe gelebt. Auf den Schwindel ließ er sich ein, „um angesichts der Endlichkeit, die ihm vor Augen steht, noch etwas vom Leben zu haben“. Für fünf der mutmaßlichen Helfer hat das Gericht Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt, falls sie gestehen. Der Prozess geht Montag weiter.

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