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Prozess: Tätowierer soll zehn Jahre in Haft

Im Prozess um die zerteilte Leiche eines Tätowierers plädiert der Staatsanwalt auf zehneinhalb Jahre Haft für den Täter. Ein Mord kann kaum nachgewiesen werden, da der Mann möglicherweise stark betrunken war, als er auf seinen Berufskollegen losging.

Berlin - Die Tat war bestialisch, sein Umgang mit der Leiche grauenvoll. Doch Tätowierer James S. konnte aus Sicht des Staatsanwalts nicht des Mordes überführt werden. Zwar war die Anklage von dem Motiv Grausamkeit ausgegangen. „Wir können aber nicht sicher nachweisen, dass er sein Opfer zu Tode quälen wollte“, sagte der Staatsanwalt im Plädoyer. Gegen James S., der seinen Berufskollegen Raoul Sch. erschlagen und die Leiche zerteilt hatte, beantragte er zehneinhalb Jahre Haft wegen Totschlags. Der Verteidiger plädierte auf maximal achteinhalb Jahre. Das Urteil wird Donnerstag verkündet.

Beide Männer hatten sich in der Berliner Tattoo-Szene kennengelernt. Am 5. Juli 2011 zechten sie erst in Kneipen und fuhren dann zur damaligen Verlobten des Amerikaners in Oberschöneweide. Es kam zum Streit. James S. soll sich geärgert haben, weil Raoul Sch. über einen gemeinsamen Bekannten keine gute Meinung hatte. Allerdings nannte der Angeklagte keine Details. Er gab die Tötung pauschal zu und erklärte: „Die Tat ist auch für mich selbst nicht erklärbar, ich war stark alkoholisiert.“

Die Zecherei führte dazu, dass der Staatsanwalt verminderte Schuldfähigkeit nicht ausschließen konnte. „Sein Glück ist es, dass wir letztlich nicht wissen, wie viel er getrunken hatte“, hieß es im Plädoyer. Zuvor hatte ein Gutachter eine Alkoholabhängigkeit bei dem Tattoo-Künstler bestätigt. S. sei auch bei früheren körperlichen Attacken betrunken gewesen. In New York saß er fünf Jahre im Gefängnis. Aus Sicht des Psychiaters sollte der Tätowierer zunächst in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden. „Der Grund für die Eruption der Gewalt bleibt offen“, sagte der Ankläger. Mit 52 Beilhieben gegen den Kopf hatte S. den 31-jährigen Raoul Sch. aus Österreich umgebracht. Mit „absolutem Vernichtungswillen“, hieß es im Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Die zersägte Leiche stopfte er in Rollkoffer. Den Torso, Arme und Beine fand man in der Spree, den Kopf fünf Tage später am Schäfersee in Reinickendorf. Kerstin Gehrke

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