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Vor zweieinhalb Jahren starb eine sechsköpfige Familie an Kohlenmonoxid. Das Abgasrohr war verstopft. Nun stehen die Vormieter wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

© dpa

Tod durch Gasheizung in Berlin-Köpenick: Vormieter von erstickter Familie vor Gericht

Vor zweieinhalb Jahren starb eine sechsköpfige Familie an Kohlenmonoxid. Das Abgasrohr war verstopft. Nun stehen die Vormieter wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht.

Als die Namen der sechs Toten verlesen wurden, schienen die Angeklagten noch tiefer in ihren Jacken zu versinken. Anna P., 27 Jahre, ihre vier Kinder Anuschka, Klaus, Friedrich, Robert, ein bis sechs Jahre alt, ihr Lebensgefährte Adam G., 40 Jahre alt. Sie atmeten das geschmacks- und geruchslose Kohlenmonoxid ein. Es war einer der tragischsten Unglücksfälle der letzten Jahre. Die Schuld soll bei den Vormietern liegen. Beate S. und ihr Sohn Robert Sch. stehen seit Donnerstag vor dem Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft geht nicht von böser Absicht, sondern von fahrlässiger Tötung aus.

Das Abgasrohr war verstopft. Der Sohn soll sich bereits 2007 daran zu schaffen gemacht haben. Gas gab es in der Vierraumwohnung in der Puchanstraße in Köpenick schon lange nicht mehr. Wegen Schulden beim Gasversorger. Robert Sch. soll Lumpen und Altpapier ins Rohr gestopft haben, um kalte Zugluft zu verhindern. Die Mutter habe den Eingriff ausdrücklich gebilligt. Als sie dann im März 2011 auszog, habe sie an die Stofffetzen im Rohr nicht gedacht. Anna P. bezog die Wohnung drei Monate später. Noch immer war das Gas abgesperrt.

Es kamen Klempner. Der erste Installateur stellte fest, dass die Gasleitung nicht dicht sei. Er ordnete eine technische Sperre an. Die Familie sollte sich an die Verwaltung oder den Vermieter wenden. Im Juli 2011 befasste sich ein nächster Klempner mit der Gasleitung. Er fand die undichte Stelle. „Ich habe das behoben und die Leitung freigegeben“, so der 44-Jährige.

Die Vergiftung setzte schleichend ein - es gab Anzeichen

Seine Schilderung ließ Zuhörer unruhig werden. Warum gab er die Leitung frei, wenn die Gastherme acht Jahre lang gar nicht in Betrieb war? Mario I. spürte die Fassungslosigkeit im Saal. „Aber ich habe das nicht gewusst“, sagte er. Und es sei nicht sein Auftrag gewesen, nach der Therme zu sehen. „Nur die Gasleitung“, wiederholte er. „Wenn ich geahnt hätte, dass sie so lange nicht in Betrieb war, hätte ich auf jeden Fall eine komplette Überprüfung empfohlen.“ Das tödliche Gift wäre sofort entdeckt worden. „Bei Neuvermietung muss doch vorher ein Monteur ran, dafür müsste eigentlich der Eigentümer sorgen.“ Er wirkte hilflos. Eine unfassbare Tragödie. Kinderleichen in drei Zimmern, im Wohnzimmer auf der Couch zwei Erwachsene. Überall Medikamente gegen Schmerzen, Fieber. „Es gab deutliche Hinweise auf einen schleichenden Vergiftungsprozess“, sagte eine Gerichtsmedizinerin. Alle Opfer hätten sich unwohl gefühlt. Sukzessive hätten die Organe der Vergifteten versagt. Der genaue Zeitpunkt ließ sich nicht mehr exakt ermitteln. Der Tod der Familie trat zwischen dem 23. und 25. Juli 2011 ein.

Tragen die Vormieter juristisch die Schuld?

Gedankenlos scheinen die beiden Angeklagten gehandelt zu haben. Auch ihr Leben wird überschattet bleiben von dem Drama. Doch tragen sie juristisch die Schuld? Ein Vertreter der Nebenklage sagte, auch eine mögliche Verantwortung von Verwaltung, Vermieter und Bezirksschornsteinfeger sei zu prüfen. Warum gab es keine Wartung der Gastherme? Wie weit geht die Sorgfaltspflicht von Mietern? Es laufen noch weitere Ermittlungen. Ein Zeuge, ein Schornsteinfeger, durfte deshalb nun die Aussage verweigern. Der Prozess geht Donnerstag weiter.

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