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Tödliche Psychotherapie: Ankläger: "Der Therapeut war ein Scharlatan"

Der Staatsanwalt fordert acht Jahre Haft für den Psychotherapeuten. Die Verteidigung hält drei Jahre für ausreichend.

Berlin - Scharfe Worte fielen. „Therapeuten, die so etwas anbieten, sind Scharlatane“, sagte der Ankläger. Jede Einnahme von Ecstasy sei höchst gefährlich. Garri R. hörte mit gesenktem Kopf zu. Bei seiner Therapie unter Einsatz von Drogen starben zwei Patienten, 59 und 28 Jahre alt, an einer Überdosis. Er hat sich schuldig bekannt. Acht Jahre Gefängnis und ein lebenslanges Berufsverbot verlangte gestern der Staatsanwalt. Die Verteidigung plädierte auf maximal drei Jahre Haft.

Der 51-jährige R. setzte bei „psycholytischen Intensivsitzungen“ illegale Drogen ein. Er verteilte am 19. September 2009 in seiner Hermsdorfer Praxis das Amphetamin MDMA – bekannt als Ecstasy. „Eine völlig unbeherrschbare Droge“, sagte Ankläger Matthias Weidling. Die sieben Patienten, die davon nahmen, hatten zuvor bereits ein bewusstseinserweiterndes Mittel genommen, das nicht explizit verboten ist. Das Ecstasy wirkte schnell. „Wie eine Keule“, beschrieb es im Prozess eine damalige Patientin.

Ein Verbrecher ist er aus Sicht der Staatsanwaltschaft. Garri R. habe sich der Körperverletzung mit Todesfolge sowie der gefährlichen Körperverletzung in fünf Fällen schuldig gemacht. Er habe seine Patienten vor der Drogen-Vergabe nicht körperlich untersucht. Ihm seien bei der Dosierung zwar Zweifel gekommen, sagte der Ankläger. Doch R., der zuvor eine kleine Menge LSD geschluckt hatte, habe alle Bedenken beiseite geschoben. Absolut mangelhaft sei die Aufklärung der Patienten gewesen. „Von der Gefährlichkeit konnten sie sich kein Bild machen, weil er sie verharmlost hat.“

Der Therapeut hat sich seit Jahren der „psycholytischen Therapie“ verschrieben. Diese Methode ist von der Schulmedizin nicht anerkannt. Von „esoterischer Borniertheit“, sprach der Ankläger. Er habe ihnen erklärt, dass das MDMA „Herz öffnend ist“, schilderte eine Patientin. Als Nebenwirkungen nannte er Übelkeit, Zittern oder Unruhe. Ankläger Weidling ist überzeugt, dass R. die erheblichen Gefahren bewusst waren, zumal der Therapeut auch als Suchtexperte tätig gewesen sei. Er habe gegen alle ärztlichen Grundsätze verstoßen. „Er hat seine Patienten als Versuchskaninchen benutzt.“

Dass Garri R. als Arzt versagt hat, steht auch für die Verteidiger fest. Es sei aber lediglich von fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung auszugehen, sagte Rechtsanwalt Marcel Kelz. „Das Geschehen ist ein tragischer Unglücksfall.“ Garri R. lebe seit über 20 Jahren für das Wohl seiner Patienten. „Er wollte ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme und Krisen helfen.“ Auch bei der letzten Sitzung in seiner Praxis „wusste jeder, was er tat“. Die Gefahr einer Überdosierung habe R. nicht gesehen. Das Rauschgift habe wie so oft einer der Patienten geliefert. „Aus seiner Sicht war das Material sauber und getestet.“

Sein Verhalten sei „eines Arztes nicht würdig“, kritisierte der Ankläger. Die Allgemeinheit sei vor ihm zu schützen. Doch auch in diesem Punkt hofft R. auf Milde. Sein Verteidiger sagte, er hielte es für „weise“, das verlangte Berufsverbot auf eine Tätigkeit als niedergelassener Arzt zu beschränken. Garri R. gab den Richtern nach knapp zweimonatigem Prozess mit in die Beratung: „Das Wichtigste ist, dass es mir leidtut.“ Das Urteil wird am Montag verkündet.

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