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Urteil: Mann verliert Bein bei Glätteunfall – Geldstrafe für Angeklagten

Subunternehmer der BSR arbeiteten mit Subunternehmern. Die Zuordnung der Verantwortung war daher schwierig. Wegen fahrlässiger Körperverletzung soll der Angeklagte nun 3000 Euro Strafe zahlen.

Berlin - Den Schnee sah er, das Eis darunter nicht. „Spiegelglatt, nicht richtig geräumt, bisschen gestreut war es.“ So hatten es ihm später Freunde geschildert, als sie ihn im Krankenhaus besuchten. Mirko L. war an einer Tramhaltestelle in Oberschöneweide ausgerutscht. Er stieß gegen eine Bahn und wurde 35 Meter mitgeschleift. Sein linker Unterschenkel konnte nicht mehr gerettet werden. Da war er 27 Jahre alt, junger Vater und angehender Koch. Zwei Jahre später stand er im Gerichtssaal und fragte sich, warum es so lange bis zum Prozess gedauert hat.

Wer war zuständig für das Schneeräumen an der Haltestelle Rummelsburger/ Edisonstraße? Die Stadtreinigung hatte einen Vertrag mit einem Subunternehmer abgeschlossen. Dieser wiederum arbeitete mit einem nächsten Subunternehmer. Da begann die Zuordnung von Verantwortung bereits schwierig zu werden. Auf der Anklagebank saß am Montag Dirk K., der Leiter eines Betriebshofes war, der von der BSR im Herbst 2009 vertraglich den Winterdienst übernommen hatte.

Es war 19.35 Uhr, als Mirko L. am 16. Februar 2010 auf dem Heimweg war. Er wollte noch schnell einen Einkauf erledigen, Getränke holen für den Geburtstag seines kleinen Sohnes. Die Haltestelle war drei Tage zuvor das letzte Mal vom Winterdienst bearbeitet worden. Über den Zustand aber gingen die Meinungen weit auseinander. „Die Haltestelle war richtig dick abgestreut, die Schneedecke festgetreten“, sagte einer jener Männer, die vor Ort gearbeitet hatten. Aus ihrem Zeitplan geht hervor, dass sie am 13. Februar um 10.10 Uhr an der Kreuzung waren und sieben Minuten später bereits an der nächsten Haltestelle. „Mit drei Leuten geht das“, sagte einer der Arbeiter. Die Kante zum Gleisbett sei nicht einmal zu sehen gewesen, sagte ein anderer Zeuge.

Auch wenn kein Neuschnee fiel, bildeten sich laut Ermittlungen Überfrierungen. Dem Angeklagten oblag die Kontrolle. Er fuhr jeden Tag die Strecke ab. Ob er am Tag des Unfalls an der Haltestelle ausgestiegen und die Lage getestet hatte, konnte der damalige Verantwortliche nicht mehr sagen. Aus seiner Sicht war kein erneutes Streuen notwendig, sagte er. Er habe auch „absolutes Vertrauen“ zum Subunternehmer gehabt. Nach dem tragischen Unfall zog der Angeklagte Dirk K. die Konsequenz und gab seinen Job auf. Bis heute wirkt er sehr mitgenommen.

Der Winter war hart, die Stadt litt unter einem Glättechaos. Der Senat reagierte mit verschärften Räum- und Streupflichten. Im Fall von Dirk K., so entschied die Richterin, lag eine Pflichtverletzung vor. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei nicht ausreichend gestreut gewesen. Wegen fahrlässiger Körperverletzung soll er 3000 Euro Strafe zahlen. Für Opfer Mirko L. aber geht der juristische Streit weiter – ums Schmerzensgeld.

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