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Wegen Demonstration: Lehrern droht Disziplinarverfahren

Tausende Lehrer demonstrierten am Dienstag für bessere Arbeitsbedingungen. Die Schulverwaltung will gegen sie vorgehen und die Teilnahme als Dienstvergehen ahnden.

Der Platz zwischen Weltzeituhr und Saturn auf dem Alexanderplatz war voll: Nach GEW-Angaben waren rund 6000 Lehrer dem Aufruf zum Streik gefolgt. Vorläufige Schätzungen der Polizei beliefen sich allerdings nur auf drei- bis viertausend Teilnehmer. Mit Pfeifen und Plakaten forderten die Demonstranten, dass wie in anderen Bundesländern Lehrer ab 55 Jahren eine Stunde und ab 60 Jahren zwei Stunden weniger unterrichten müssen. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) reagierte mit Unverständnis auf den Streik und kündigte disziplinarrechtliche Schritte an.

Kein Recht auf Streik hätten beamtete Lehrer, für angestellte Lehrkräfte gelte nach den Tarifverhandlungen Friedenspflicht. Auch sie dürfen offiziell nicht streiken. „Die GEW hat diesen Tarifvertrag unterschrieben. Nun will sie nichts mehr davon wissen“, sagte Zöllner. Damit mache sich die Gewerkschaft als Gesprächs- und Verhandlungspartner unglaubwürdig. Die Teilnahme am Warnstreik sei ein Dienstvergehen und werde auch als solches behandelt. Die Bildungsverwaltung werde nun in jedem einzelnen Fall prüfen, „ob es einen Eintrag in die Personalakte für die Lehrer geben wird“, sagte Sprecherin Beate Stoffers. Eines aber stehe fest: „In jedem Fall gibt es Lohn- oder Gehaltsabzug.“

Die Schulleiter müssen der Bildungsverwaltung nun die Namen der am Streik beteiligten Lehrer melden. Angst vor Konsequenzen hatte jedoch kaum jemand der Streikenden. Zwar wollten viele ihre Namen nicht nennen – Einträge in die Personalakte seien ihnen in ihrem Alter jedoch gleichgültig, meinten sie. „Zudem wird eine Ermahnung in der Personalakte nach einer gewissen Zeit wieder gelöscht“, sagte Paul Schuknecht, Vorsitzender der GEW-Schulleitervereinigung. Andere trügen ihren Eintrag sogar mit einem gewissen Stolz. Auch den Gehaltsabzug, der bei einem Stundenausfall von ein bis zwei Stunden etwa 40 Euro betrage, fürchte keiner der Streikenden. „Das ist ein riesiger bürokratischer Aufwand“, sagte Schuknecht, „der den Senat mehr Geld kostet als das, was er durch die Gehaltskürzungen einspart.“

Zudem hat die GEW ihren Mitgliedern Streikgeld für einen halben Tag zugesagt. Er beläuft sich auf einen Monatsbeitrag zur Gewerkschaft plus fünf Euro pro Kind. Bei einem Bruttogehalt von 4000 Euro seien das etwa 36 Euro, sagte die Berliner GEW-Chefin, Rose-Marie Seggelke. „Bei Lehrern mit mehr Unterrichtsausfall zahlen wir auch mehr.“

„Konstruktive Vorschläge“ seien vonseiten der Lehrerschaft willkommen, wenn sie finanzierbar seien, sagte Bildungssenator Zöllner. Doch die Forderungen der Streikenden würden jährliche Mehrkosten von mehreren 100 Millionen Euro bedeuten. Die GEW schade dem Image vieler engagierter Lehrer, wenn sie Forderung über Forderung erhebe, „die weit über das, was sonst in der Gesellschaft möglich ist, hinausgehen“.

Das sehen die Streikenden anders. Im Anschluss an die Demonstration sei eine Streikversammlung geplant, auf der über die weitere Taktik beraten werden solle, sagte Seggelke. „Wenn unsere Warnung schon so aussieht, kann sich Herr Zöllner vorstellen, wie es aussieht, wenn wir noch eins draufsetzen.“ So könne sie sich vorstellen, den Protest künftig zeitlich auszudehnen – also etwa einen ganzen Tag zu streiken.

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