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Mehr als 2000 Interviews sind im neuen Interviewportal Oral-History.Digital zugänglich.

© Oral-History.Digital

Bewahren und zugänglich machen: Eine neue Website ermöglicht das Teilen von Zeitzeugen-Berichten

Mit dem Interviewportal „Oral-History.Digital“ macht die Freie Universität Film- und Toninterviews von rund 20 Institutionen bundesweit recherchierbar.

Von Annette Leyssner

Ein neues Interviewportal gibt Zugang zu bisher schwer zugänglichen Zeitzeugen-Interviews. Universitäten, Mu­seen oder Stiftungen können ihre Audio- und Video-Interviews auf eine Plattform laden und dort mit Transkripten und Begleitmaterialien bereitstellen. „Die Interviews sind eine Quelle für die Wissenschaft, aber auch für Bildungsprojekte und für alle historisch Interessierten“, sagt Cord Pagenstecher von der Abteilung Forschungs- und Publikationsservices der Universitätsbibliothek der Freien Universität. Aktuell sind diese mündlichen Quellen über viele Institutionen verstreut und oft nur vor Ort einzusehen.

Sechs Einrichtungen arbeiten bei dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt zusammen. Die Universitätsbibliothek der Freien Universität bringt ihre Sammlungsbestände und jahrzehntelange Expertise in der Archivierung und Nutzbarmachung von multimedialen Dokumenten ein.

Seit dem 25. September sind die Bestände von rund 20 Archiven über die Plattform Oral-History.Digital zentral zugänglich. Beispielsweise stellen die Gedenkstätten der Konzentrationslager Buchenwald und Flossenbürg, die Staatlichen Museen zu Berlin und das Haus der Geschichte des Ruhrgebietes ihre Interviewsammlungen zur Verfügung. Dort erzählen etwa Verfolgte des Nationalsozialismus, Bergarbeiter im Ruhrgebiet und Geflüchtete aus Syrien und der Ukraine ihre Lebensgeschichten. Insgesamt werden mehr als 2000 Interviews zu unterschiedlichen Themen archivübergreifend recherchierbar. 

Schwerpunkte sind unter anderem der Nationalsozialismus und der Holocaust

Die Freie Universität stellt bereits seit 2006 Zeitzeugeninterviews digital zur Verfügung. Die Universitätsbibliothek/Center für Digitale Systeme erarbeitet Interviewsammlungen, stellt sie der Wissenschaft bereit und konzipiert Bildungsangebote für Schulen. Ein Themenschwerpunkt sind Nationalsozialismus und Holocaust: Zugänglich sind unter anderem die 53.000 Videointerviews im „Visual History Archive“ der USC Shoah Foundation und die knapp 600 Zeugnisse des Interviewarchivs „Zwangsarbeit 1939–1945“. Darüber hinaus gibt es Sammlungen zur DDR-Geschichte und zur deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad. Auch zur Geschichte der Freien Universität entsteht derzeit ein Oral-History- Archiv. Die Freie Universität stellt für das Portal nicht nur Interviews zur Verfügung, sondern auch die Infrastruktur der sammlungsübergreifenden Plattform für Forschende und Archivpartner.

Die Software unterstützt zum Beispiel die Transkription und Verschlagwortung der Film- und Tondateien. Auch regele sie den Zugriff auf die Interviews, erklärt Cord Pagenstecher. Urheberrechte und die Persönlichkeitsrechte der Interviewten würden dabei gewahrt. „Mit einer differenzierten Zugangsverwaltung können die Interviews in einem geschützten Rahmen zugänglich gemacht werden“, sagt der promovierte Historiker.

Kürzlich bewilligte die Deutsche Forschungsgemeinschaft Mittel für das Folgeprojekt Oral-History.Digital 2 für weitere drei Jahre. Damit kann der 2020 begonnene Aufbau der Infrastruktur für Zeitzeugen-Interviews fortgesetzt werden.

Interessant für diejenigen, die die Ergebnisse ihrer eigenen Arbeit mit der Öffentlichkeit teilen wollen: In dem Portal können Forschende eigene Interview-Sammlungen präsentieren. „Bei uns können sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen melden, und wir besprechen dann die notwendigen Schritte“, sagt Cord Pagenstecher. Wenn eine Interview-Sammlung in das Archiv aufgenommen wird, werden die Forschenden dabei unterstützt, ihre Dateien zu archivieren und für die Recherche nutzbar zu machen. „Auf Oral-History.Digital können die Urheber ihre Interviews mit Transkripten, Inhaltsverzeichnissen, Schlagworten, Fotos und Begleitdokumenten erschließen“, sagt Cord Pagenstecher. „Die Interviews werden somit übergreifend auffindbar und langfristig gesichert.“

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