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Die Inschrift unterhalb der Kuppel, eine Kombination aus  Bibelzitaten, auf dem Humboldt Forum.

© dpa / Bernd von Jutrczenka

Christliche Symbolik am Humboldt Forum: Doch keine Überblendung der umstrittenen Inschrift

Heftig umstritten, aber nichts geschieht: Die geplante temporäre und kommentierende Überblendung des Kuppel-Spruchbands ist zu teuer, teilt das Humboldt Forum mit.

Viele Worte, keine Folgen. „Da will ich ran“, hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth nach ihrem Amtsantritt im Frühjahr 2022 gesagt. Das Kreuz und das Spruchband auf der Kuppel des Humboldt Forums sah sie äußerst kritisch. Schon ihre Amtsvorgängerin Monika Grütters hatte Handlungsbedarf gesehen, denn die vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. veranlasste Inschrift formuliert mit einer Kombination aus Bibelzitaten unmissverständlich einen Alleingültigkeits- und Unterwerfungsanspruch der christlichen Religion.

Den Vorschlag, die heftig umstrittene Inschrift wenigstens temporär (etwa in den Nachtstunden) mit kommentierenden, reflektierenden und konterkarierenden Texten zu überblenden, begrüßte die Grünen-Politikerin Roth im vergangenen November ausdrücklich. Auf diese Weise würde die Auseinandersetzung über die Inschrift buchstäblich in aller Öffentlichkeit ausgetragen.

Die Zitate-Collage lautet: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“. Nicht zuletzt die im zweiten Satz, einem Philipper-Briefe-Zitat, formulierte Unterwerfungsaufforderung erregte die Gemüter.

Aber nun wird es nichts mit dem geplanten LED-Kunstprojekt. Zu teuer, heißt es vonseiten des Humboldt Forums. Nach ersten technischen Machbarkeitsstudien sei eine großzügige Gesamtkostenobergrenze festgelegt worden, teilt Pressesprecher Michael Mathis auf Nachfrage mit. Es folgten Tests diverser Umsetzungsvarianten direkt an der Kuppel. Logisch: Das Projekt macht nur Sinn, wenn die überblendenden Texte auch aus der Ferne lesbar sind. Aber: „Unter Berücksichtigung aller weiteren Planungs- und Durchführungskosten hätten die Gesamtkosten fast das Doppelte der ursprünglich festgelegten Gesamtkostenobergrenze erreicht“, und zwar „im oberen sechsstelligen Bereich“.

Diese Ausgabe hält das Humboldt Forum für nicht vertretbar, angesichts der Mittelkürzung für die aktuelle Programmarbeit wie der zahlreichen Drittmittelanträge für Projekte, „die für das inhaltliche Profil und Programm des Humboldt Forums zentral sind, wie etwa für die internationale Zusammenarbeit“, heißt es in der Mitteilung. Nun sollen kostengünstigere Alternativen geprüft werden. Details dazu werden bisher nicht kommuniziert.

Bis auf Weiteres bleibt also alles am Alten bei der umstrittenen Inschrift und dem ebenfalls viel kritisierten Kreuz auf dem Dach eines profanen Museums, das ja vor allem die außereuropäischen Sammlungen beherbergt, aller öffentlichen Aufregung und den politischen Beteuerungen zum Trotz. Wieso eigentlich kann Claudia Roth die zusätzlich erforderliche Summe - offenbar zwischen 350.000 und 450.000 Euro - nicht aus ihrer Behörde beisteuern oder bei den Haushaltsdebatten mit ihrer berühmten engagierten Art dafür werben?

Das Humboldt Forum weist darauf hin, dass alle Fragen von Rekonstruktion, Kuppel und Inschrift weiterhin in der Programmarbeit thematisiert werden sollen, auch mit künstlerischen Projekten. Aber genügt das?

Immerhin sind seit Februar auf der Terrasse rechts und links der Kuppel Infotafeln angebracht, zu Genese, Botschaft und Kontext der ja erst 1844 bis 1853 dem Barockbau hinzugefügten Kuppel samt Kreuz und Bibelzitaten. Zu den zentralen Forderungen der 1848er-Revolution, die über 300 Menschen das Leben kostete, habe eine vom Landtag erarbeitete, die Macht des Königs einschränkende Verfassung gehört, ist da auf Deutsch und auf Englisch zu lesen.

Die Kuppel samt Kreuz wurde dem Barockbau auf Wunsch von König Friedrich Wilhelm IV. hinzugefügt.
Die Kuppel samt Kreuz wurde dem Barockbau auf Wunsch von König Friedrich Wilhelm IV. hinzugefügt.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Deshalb „war die Inschrift an prominenter Stelle eine Provokation. Der König machte damit unmissverständlich deutlich, dass er sich nur Gott verpflichtet fühlte, nicht aber einer gewählten Volksvertretung.“ Wegen dieses vom König behaupteten Herrschaftsanspruchs sei die detailgetreue Rekonstruktion der Kuppel umstritten.

Um den Zusatz zu dieser in der Sache klar formulierten Erläuterung wurde im Stiftungsrat offenbar lange gerungen. Jedenfalls fällt er erstaunlich verhalten aus: „Die im Humboldt Forum beheimateten Institutionen verstehen die Inschrift ausdrücklich nicht als programmatische Aussage des Hauses, sondern als bauhistorisches Zitat im Rahmen der Rekonstruktion.“ Man erkenne deren gesellschaftliche Problematik, wieder wird eine kritische Auseinandersetzung in der Programmarbeit zugesichert.

Vorsitzende des Gremiums mit elf Vertreter:innen aus der Landes- und Bundespolitik sowie vier Vertreter:innen der Museen und übrigen Nutzer im Humboldt Forum ist Claudia Roth. Für eine „ausdrückliche“ Distanzierung von den Kuppel-Zitaten und ihrem Alleingültigkeitsanspruch des Christentums konnte sie die anderen offenbar nicht begeistern.

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