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Bei einer Razzia 2019 beschlagnahmte Euro-Banknoten im Bundeskriminalamt.

© Silas Stein/dpa

Streit um Bargeld-Obergrenze: Ermittler unterstützen Faesers Vorschlag, CDU und FDP sind skeptisch

Die Innenministerin plädiert für eine Bargeld-Obergrenze von 10.000 Euro. Das könnte künftig illegale Geschäfte erschweren, lobt der Bund Deutscher Kriminalbeamter.

| Update:

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Bargeldzahlungen nur noch bis zur Höhe von 10.000 Euro zulassen. Während Polizeiermittler den Vorstoß begrüßen, weil er sich mit langjährigen Forderungen von Finanzfahndern deckt, fallen die Reaktionen in der Politik unterschiedlich aus. Nicht zuletzt für Berlin würde Faesers Vorschlag Folgen haben – innerhalb Deutschlands gilt die Hauptstadt als Schwarzgeld-Hotspot, was unter anderem mit dem Berliner Immobilienmarkt zu tun hat.

Faeser hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt: „Ein 30.000-Euro-Barkauf von Schmuck oder Uhren sollte bald der Vergangenheit angehören.“ Mit einer gesetzlichen Bargeld-Obergrenze von 10.000 Euro verringere sich die Gefahr, „dass Vermögenswerte von Kriminellen verschleiert werden“. Die SPD-Politikerin will so kriminelle Strukturen zerschlagen und ihnen illegale Einnahmen entziehen.

Man unterstütze den Vorschlag, sagte der Berliner Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Marco Schmidt, dem Tagesspiegel: „Geldwäschebekämpfung ist ein wesentlicher Baustein bei der Bekämpfung Organisierter Kriminalität und des internationalen Terrorismus. Es kommt dabei auf die wirksame Überwachung und Sanktionierung von Verstößen an.“

Ermittler betonen, dass für das Funktionieren geschäftsmäßiger Erpressung, Schwarzarbeit, Drogen- und Waffenhandel hohe Bargeldsummern erforderlich seien. Wenn große Summen elektronisch verbucht werden müssten, ließen sich Geldströme einfacher nachvollziehen, was illegale Geschäfte erschwere.

100 Milliarden Euro werden jährlich in Deutschland gewaschen

Nach wie vor fänden auch illegale Gebrauchtwagen-Geschäfte mit Bargeld statt, berichten Fahnder. Die Täter könnten dadurch leichter verschleiern, wie viel sie umgesetzt haben. In der Berliner Region hat davon offenbar ein Netzwerk arabischer Großfamilien profitiert, das der islamistischen Hisbollah nahesteht.

Marcel Emmerich, Grünen-Innenpolitiker im Bundestag, begrüßte Faesers Vorschlag. „Deutschland ist die Waschmaschine Europas. Schätzungen zufolge werden jährlich über 100 Milliarden Euro gewaschen. Es ist hierzulande ein Kinderspiel, Geld aus illegalen Aktivitäten nutzbar zu machen.“ Deswegen sei es richtig, dass die Ampel–Koalition gerade ein Barkaufverbot für Immobilien auf den Weg bringe.

„Doch weitere Schritte müssen folgen, um der Organisierten Kriminalität ihren Schmierstoff zu entziehen“, sagte Emmerich dem Tagesspiegel. „Eine klare allgemeine Bargeld-Obergrenze wäre in meinen Augen eine adäquate Antwort, es darf aber nicht die einzige Antwort sein.“ Es brauche auch bessere Maßnahmen, um schwere Finanzkriminalität effektiv zu bekämpfen.

Zurückhaltender fällt die Reaktion der FDP aus. „Bargeld ist gedruckte Freiheit“, sagte der Berliner FDP-Justizpolitiker Holger Krestel. „Wer kriminelle Banden verfolgen will, sollte die bestehenden Gesetze konsequent anwenden – und unbescholtenen Bürgern nicht die Möglichkeit nehmen, auch undokumentierte Käufe zu tätigen.“

Bei Immobiliengeschäften kann eine Bargeldgrenze sinnvoll sein.

Rechtsexperte der Berliner CDU, Alexander J. Herrmann

Bundestags-Fraktionsvize Christoph Meyer sagte dem Tagesspiegel: „Der Koalitionsvertrag ist klar: Wir untersagen zukünftig den Immobilienkauf mit Bargeld.“ Im Dezember werde auf europäischer Ebene im Zuge der Beratungen über die Geldwäsche-Richtlinie beraten. „Klar für uns ist, dass über Einschränkungen in der Vertragsfreiheit nur diskutiert werden kann, wenn im Gegenzug bürokratische Hemmnisse im Geld- und Warenverkehr abgebaut werden.“

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Alexander Throm, ist skeptisch, ob Faeser weit genug zielt. Der Vorschlag „greift viel zu kurz, um die illegalen Geldtransfers im Bereich der Organisierten Kriminalität dauerhaft auszutrocknen“.

Eine Begrenzung von Bargeldzahlungen für bestimmte Geschäfte könne ein zweiter Schritt sein. „Der erste Schritt muss sein, die Auskunfts- und Einsichtsbefugnisse unserer Ermittlungsbehörden zu erweitern“, sagte Throm.

Der Rechtsexperte der Berliner CDU, Alexander J. Herrmann, sagte dem Tagesspiegel: „Bei Immobiliengeschäften kann eine Bargeldgrenze sinnvoll sein. Beamten zufolge wird dort gerade in Berlin viel illegales Vermögen gewaschen.“ Eine Bargeldobergrenze für alle Geschäftsbereiche lehnt Herrmann ab.

Andere Mittel würden bislang nicht ausgeschöpft, sagte er. So ist es ihm zufolge zur Bekämpfung mafiöser Banden sinnvoll, wenn sich die Behörden besser austauschen. Selbst in Ermittlungen gegen schwerkriminelle Clans flößen die Informationen von Kfz-Zulassungsstellen über Jobcenter bis zu den Finanzämtern nur spärlich.

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