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Der ehemalige Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi.

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Gregor Gysi zur SED-Gründung vor 70 Jahren: Die Lehre aus der Spaltung? Vereint gegen Rechts!

Vor 70 Jahren wurden KPD und SPD in der sowjetischen Besatzungszone zwangsvereinigt. Schon bald habe die SED "eindeutig stalinistische Züge angenommen", schreibt Gregor Gysi in einem Gastkommentar.

Die Spaltung und der Hass zwischen KPD und SPD hatte in der deutschen Geschichte verheerende Folgen. Es sei an die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, an den KPD-Begriff des Sozialfaschismus für die SPD, an die Ablehnung eines gemeinsamen Kampfes gegen die Nazis erinnert.

In seiner großen Rede gegen das Ermächtigungsgesetz hat der SPD-Fraktionsvorsitzende Otto Wels nicht einmal erwähnt, dass die demokratisch gewählten Kommunistinnen und Kommunisten wegen Inhaftierung und Flucht keine Möglichkeit mehr hatten, an der Reichstagssitzung teilnehmen konnten.

Insofern war es verständlich, dass nach 1945 der Wunsch nach Vereinigung beider Parteien entstand. Zunächst äußerte die SPD-Führung im Osten den Wunsch, und die KPD-Führung war dagegen. Sie wollte selbständig bleiben. Dann sollte aber eine Konkurrenz zwischen beiden Parteien in den ostdeutschen Parlamenten vermieden werden, und so entschied sich die KPD-Führung unter Mithilfe der Führung der sowjetischen Besatzungsmacht für einen Kurswechsel und forderte die Vereinigung beider Parteien. Nun aber war die SPD-Führung dagegen.

Symbolischer Händedruck zwischen KPD-Chef Wilhem Pieck (links) und dem SPD-Vorsitzenden Otto Grotewohl im April 1946 in der Berliner Staatsoper in der sowjetischen Besatzungszone. Die beiden Parteien verschmolzen zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).
Symbolischer Händedruck zwischen KPD-Chef Wilhem Pieck (links) und dem SPD-Vorsitzenden Otto Grotewohl im April 1946 in der Berliner Staatsoper in der sowjetischen Besatzungszone. Die beiden Parteien verschmolzen zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

© picture-alliance / dpa

Otto Grotewohl, der Chef der SPD im Osten, äußerte sich strikt dagegen und änderte seine Meinung nach einem Moskau-Besuch, wodurch auch immer. Und nun wurde Druck ausgeübt auf beide Parteien, die Vereinigung zu bewerkstelligen. Einige Kommunistinnen und Kommunisten und deutlich mehr Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die das ablehnten, wurden verfolgt. Trotzdem kam die Vereinigung zustande. Zunächst gab es paritätische Besetzungen und besondere Strukturen, aber schon nach kurzer Zeit wurde die Partei nach sowjetisch-kommunistischer Struktur umgewandelt, nahm eindeutig stalinistische Züge an. Bis zum Schluss blieben im Politbüro des ZK der SED auch ehemalige SPD-Mitglieder.

Immerhin: das Gründungsdatum der SED war nicht mehr identisch mit der Gründung der KPD, sondern der viel früher gegründeten SPD.

SPD, Grüne und Linke müssen zweierlei daraus lernen. Sie sollten getrennt und unterschiedlich bleiben, also auch unterschiedliche Interessen vertreten, aber dürfen nie wieder eine Zusammenarbeit ablehnen, wenn es um Verhinderung einer Rechtsentwicklung in Europa und in Deutschland geht, wie wir sie gerade erleben.

Gregor Gysi

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