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Altkanzler Gerhard Schröder (SPD)

© dpa/Maurizio Gambarini

Altkanzler Schröder zum Erfolg der AfD: "Hat die Union zu verantworten"

Der "radikale Kurswechsel" der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik habe die bürgerlichen Wähler verunsichert, sagt Gerhard Schröder. Der Erfolg der AfD sei aber verkraftbar.

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat den Kurswechsel seiner Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingspolitik für den Aufstieg der rechtspopulistischen AfD verantwortlich gemacht. Über Jahrzehnte hätten CDU und CSU den Eindruck erweckt, Deutschlands sei kein Einwanderungsland. "Diese Politik hat Frau Merkel in diesem Sommer von einem Tag auf den anderen aufgegeben, indem sie mit viel Herz, aber wenig Plan den Flüchtlingen gesagt hat: Kommt alle her", sagte Schröder der Wochenzeitung "Die Zeit". Schröder bezog sich damit auf die Entscheidung Merkels, in Ungarn festsitzende Flüchtlinge nach Deutschland kommen zu lassen.

Dieser "radikale Kurswechsel" habe die bürgerlichen Wähler verunsichert. "Sie haben geglaubt, die CDU stünde wie ein Fels gegen Einwanderung. Tut sie aber nicht", sagte Schröder. Nun löse sich für die politische Rechte der Alleinvertretungsanspruch der CDU auf. "Diese Entwicklung hat die Union zu verantworten", sagte Schröder.

Der Erfolg der AfD sei aber verkraftbar. "Das macht mir keine Angst", sagte Schröder Deutschland bleibe eine außerordentlich stabile Demokratie. "Die Demokraten müssen sich mit den politisch Extremen inhaltlich auseinandersetzen, aber unser Land hält das aus", sagte er.

Vor dem EU-Gipfel an diesem Donnerstag kritisiert Schröder auch die Türkei-Politik der Kanzlerin und der Union scharf. Das CDU/CSU-Konzept einer "privilegierten Partnerschaft" mit der Türkei sei "krachend gescheitert" und mitverantwortlich dafür, dass die türkische Führung immer autoritärer agiere. Die Weigerung der Union, die EU-Beitrittsverhandlungen zu intensivieren, habe zu einer Abkehr der Türkei von europäischen Werten geführt.

"Unterstellen wir mal, die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft wären weit fortgeschritten: Dass das eher positive Auswirkungen hätte auf Offenheit und Demokratie in der Türkei, kann man doch nicht ernsthaft bestreiten", sagte Schröder. Die Versäumnisse von damals führten nun dazu, „dass wir uns heute die Zusammenarbeit mit der Türkei teuer erkaufen müssen – sie kostet richtig Geld“.

Schröder warf Merkel auch vor, sich in der Flüchtlingspolitik nicht hinreichend mit Frankreich abzustimmen. "Das versäumt zu haben ist auch ein Grund, warum Deutschland in der EU jetzt politisch isoliert ist", sagte der Altkanzler. Ohne Frankreich laufe in Europa nichts. "Man kann auch keinen Druck auf die osteuropäischen Länder aufbauen, wenn man nicht Frankreich an seiner Seite hat", sagte Schröder weiter. (Tsp)

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