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Wladimir Putin empfängt Sigmar Gabriel in der Nähe von Moskau.

© dpa

Update

Treffen mit Putin: Gabriel: Russland fordert Schutz von Hilfskonvois durch USA

Sigmar Gabriel trifft bei Moskau mit Wladimir Putin zusammen. Frank-Walter Steinmeier fordert Flugverbotszone in Syrien. Derweil gibt es Meldungen, die syrische und russische Armee würden Brandbomben einsetzen.

Die brüchige Waffenruhe und der Angriff auf einen UN-Hilfskonvoi in Syrien ziehen verstärkte diplomatische Bemühungen nach sich. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach das Thema am Mittwoch bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier regte bei den Vereinten Nationen die Einrichtung einer temporären Flugverbotszone an. Die USA und Russland lieferten sich am Rande der UN-Vollversammlung einen Schlagabtausch. Trotzdem soll es in New York an diesem Donnerstag um 14 Uhr Ortszeit (20 Uhr MESZ) ein neues Treffen der sogenannten Syrien- Unterstützergruppe geben. Darin sind sowohl die USA als auch Russland vertreten. Auch Deutschland ist dabei.

Derweil wird in der syrischen Stadt Aleppo weiter heftig gekämpft: Nach Luftangriffen in der Nacht auf die von Rebellen kontrollierten südwestlichen Stadtteile sind die Gefechte auch am Donnerstag fortgesetzt worden, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Dabei kamen nach Angaben von Aktivisten offenbar auch Brandbomben zum Einsatz. Wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete, brachen durch die nächtlichen Bombardierungen mehrere Feuer aus. Helfer versuchten, die Brände zu löschen.

Kämpfe in Syrien halten an

Zahlreiche Gebäude wurden durch die Detonationen beschädigt. Die von den Regierungstruppen gehaltenen Stadtteile wurden von den Aufständischen mit Mörsergranaten beschossen, wie die Beobachtungsstelle weiter mitteilte. Bei Luftangriffe am Mittwoch wurden demnach mindestens zwölf Zivilisten getötet, darunter zwei Kinder. Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk von Informanten vor Ort; ihre Angaben können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden.

Russland dringt nach Angaben Gabriels auf mehr Engagement der USA in dem zerrütteten Land. Russland wünsche sich, dass auch die Vereinigten Staaten dazu bereit seien, Waffenstillstandsabkommen oder solche Konvois mit eigenen Kräften zu kontrollieren, sagte der SPD-Vorsitzende am Mittwoch nach dem rund zweieinhalbstündigen Treffen mit dem russischen Präsidenten. "Das ist ja einer der großen Konfliktfälle, dass die Amerikaner dafür jedenfalls bislang nicht bereit sind, dafür entsprechend einzutreten."

Putin bekräftigte demnach ausdrücklich, an dem Friedensprozess in Syrien festzuhalten. Er habe keinerlei Interesse, "die Lage wieder zu verschärfen". Gabriel wies Putin nach eigenen Worten darauf hin, dass die deutsche Seite der Überzeugung sei, die syrische Armee sei an dem Angriff beteiligt gewesen. "Da sind wir natürlich nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen", sagte der SPD-Chef. "Das belastet alle Beziehungen ungeheuer." Eine Verantwortung für den Vorfall habe Putin zurückgewiesen.

Der SPD-Chef rief Putin nach eigenen Angaben auf, seinen Einfluss auf das Regime von Baschar al-Assad geltend zu machen. Die Stimmung des Gesprächs bezeichnete er als ausgesprochen gut und offen. "Ich habe in aller Offenheit gesagt, dass das, was in Syrien passiert ist, nicht nur schrecklich ist, sondern absolut unannehmbar", sagte Gabriel. Es sei unfassbar, dass trotz der vereinbarten Waffenruhe keine einzige Hilfslieferung im umkämpften Aleppo angekommen sei.

Flugverbot soll Hilfe und Verhandlungen ermöglichen

Unterdessen hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Einrichtung einer vorübergehenden Flugverbotszone vorgeschlagen. "Wenn der Waffenstillstand überhaupt noch eine Chance haben soll, führt der Weg nur über ein zeitlich begrenztes, aber vollständiges Verbot aller militärischen Flugbewegungen über Syrien - mindestens für drei, besser für sieben Tage."

Steinmeier begründete seinen Vorschlag damit, dass mit einem solchen Flugverbot die Vereinten Nationen die Möglichkeit hätten, ihre Hilfslieferungen für die notleidenden Menschen in Syrien wieder aufzunehmen. "Gleichzeitig schafft es Raum für präzise Verabredungen in der Syrien-Unterstützergruppe zum koordinierten Vorgehen gegen IS und Al-Kaida und für einen Rückweg in Verhandlungen über eine Übergangsregierung für Syrien." Trotz des verheerenden Angriffs auf den Konvoi mit Hilfsgütern bereiten die Vereinten Nationen weitere Transporte zur Versorgung notleidender Menschen vor. Das teilte der das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) am Mittwochabend mit.

Wortgefecht von Kerry und Lawrow

Russland und die USA lieferten sich am Abend einen Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat. US-Außenminister John Kerry drängte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow sichtlich verärgert dazu, die Verantwortung für den Angriff auf den Hilfskonvoi zu übernehmen. "Ich möchte wirklich eine Anerkennung der Verantwortung", sagte Kerry.

Der Angriff sei eine "inakzeptable Provokation" gewesen, sagte hingegen Lawrow. Russland bestehe auf einer "eingehenden und unabhängigen Untersuchung". "Ich denke, dass wir von emotionalen Reaktionen und sofortigen öffentlichen Kommentaren absehen sollten und anstelle dessen zuerst untersuchen und sehr professionell sein sollten", sagte Lawrow. Er habe sich bei Lawrows Darstellung "wie in einem Paralleluniversum" gefühlt, entgegnete Kerry.

Das russische Militär hat zum Zeitpunkt des Angriffs auf den UN-Konvoi nach eigenen Angaben ein unbemanntes Flugzeug der US-geführten Koalition in der Nähe geortet. Das Pentagon dementierte die Darstellung des russischen Militärs umgehend. "Weder ein bemanntes noch ein unbemanntes Flugzeug der USA oder der Koalition war in der Nähe von Aleppo", sagte ein Sprecher des Pentagons am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

In Syrien war am Montag ein UN-Konvoi angegriffen worden, dabei starben über 20 Menschen. Die USA machen russische Kampfflugzeuge dafür verantwortlich. Bei einem Luftangriff im Norden Syriens wurden am Mittwoch erneut vier Mitarbeiter einer medizinischen Hilfsorganisation getötet. Am Samstag hatten Kampfflugzeuge aus den USA und ihrer Verbündeten trotz der Waffenruhe bei einem Angriff Dutzende syrische Soldaten getötet. Die USA bezeichneten den Angriff als ein Versehen. (dpa, rtr)

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