zum Hauptinhalt
Englands Fußballerinnen stehen im WM-Finale.

© Reuters/Asanka Brendon Ratnayake

Update

Gastgeber Australien verliert WM-Halbfinale: Englands Fußballerinnen folgen Spanien ins Endspiel

Bis kurz vor Schluss konnten die Australierinnen auf den sensationellen Einzug ins Endspiel hoffen. Letztlich gewannen die Engländerinnen aber mit 3:1.

Von
  • Michelle Ostwald, dpa
  • Ulrike John, dpa
  • David Joram, dpa

Englands Fußballerinnen tanzten freudetrunken zu ihrem Erfolgsschlager „Sweet Caroline“ durch das Stadion – Australiens „Matildas“ vergossen hingegen Tränen nach dem verpassten Endspieleinzug bei ihrer Weltmeisterschaft. Das Team von Sarina Wiegman spielt nach dem 3:1 (1:0) im Halbfinale gegen den Mit-Gastgeber nun gegen Spanien am Sonntag (12 Uhr MESZ/ZDF) ebenfalls in Sydney erstmals um den WM-Titel. „Es ist fast wie ein Märchen hier“, sagte die niederländische Trainerin von Europameister England voller Stolz.

Die Engländerinnen ließen sich am Mittwoch von der lautstarken Kulisse und 75.784 Zuschauern wenig beeindrucken und versetzten durch die Tore von Ella Toone (36. Minute), Lauren Hemp (71.) und Alessia Russo (86.) die australische Sport-Nation in Trauer.

In einem hart umkämpften Halbfinale hatte Superstar Sam Kerr mit einem herrlichen Treffer (63.) zum zwischenzeitlichen Ausgleich wieder Australiens Hoffnungen geschürt. Sie zog aus gut 20 Metern einfach ab und düpierte Torhüterin Mary Earps – ihr 64. Tor im 124 Länderspiel. Doch Hemp nutzte kurz darauf einen Abwehrpatzer von Ellie Carpenter und drehte nach ihrem Treffer jubelnd ab. Die Australierinnen warfen noch einmal alles nach vorn, hatten sogar noch Chancen durch Kerr, rannten dem Rückstand aber vergebens hinterher. Besonders dürfte sich Englands Top-Scorerin Lauren James über den Erfolg gefreut haben: Die für zwei Spiele gesperrte Offensivspielerin darf im Finale wieder auflaufen.

Es ist fast wie ein Märchen hier.

Englands Trainerin Sarina Wiegman nach dem Abpfiff.

Sam Kerr stand nach ihrer Wadenverletzung erstmals in der Startelf. „Nachdem sie so lange weg war, hat sie nicht wirklich trainiert. Unglaublich“, sagte Chefcoach Tony Gustavsson über den Auftritt der Chelsea-Spielerin.

Der Schwede rang im Interview nach dem Abpfiff um Fassung. „Ich fühle mit vielen hier. Die Spielerinnen haben alles draußen auf dem Feld gegeben“, sagte er. Sein Team wolle aber „nicht mit leeren Händen“ gehen, meinte er vor dem Trostspiel um Platz drei gegen Schweden am Samstag (10 Uhr MESZ/ARD) in Brisbane.

„I'm sorry“, sagte seine Kollegin Wiegman entschuldigend bei der Pressekonferenz auf die Feststellung, dass sie Australiens Titeltraum beendet habe. Sie greift mit den Engländerinnen, 2015 Dritte und 2019 Vierte, ein Jahr nach ihrem Triumph bei der Heim-EM nach ihrem ersten WM-Stern. Mit dabei ist auch Georgia Stanway vom FC Bayern München als einzige Bundesliga-Spielerin, sie vergab die erste dicke Chance der Partie.

Wiegman ist die letzte verbliebene Trainerin im Turnier. Nachdem sie mit den Niederlanden 2017 Europameisterin und 2019 WM-Zweite war, wird es die vierte Endspiel-Teilnahme bei einem großen Turnier in Folge. „Sarina Wiegman ist der Pep Guardiola des Frauenfußballs“, titelte der „Telegraph“ nach dem Finaleinzug der Lionesses.

Dieses Team kann die nächste Generation inspirieren, es kann ein Erbe hinterlassen, das viel größer ist als Fußball.

Australiens Trainer Tony Gustavsson über die historische Dimension des Nationalteams.

„Mit ihrem 3:1-Sieg brachten die Löwinnen das Publikum im ausverkauften Australia-Stadion zum Schweigen und erreichten als erste englische Mannschaft seit 1966 das Finale auf der Weltbühne“, hieß es bei BBC Sport. Wiegman stand am Ende im Kreis ihrer strahlenden Spielerinnen. „Es ist unglaublich. Also wirklich: Was für eine Leistung!“, sagte die 53-Jährige kurz darauf und meinte mit Blick auf das große Finale: „Es fühlt sich fast schon so an, als ob wir da gewonnen hätten. Aber wir haben natürlich noch nicht gewonnen.“

Die Engländerinnen agierten ballsicherer und angriffsfreudiger als die „Matildas“, die euphorisiert von der Begeisterung im Lande mit großer Leidenschaft zu Werke gingen. Trainer Tony Gustavsson hatte die historische Dimension so erklärt: „Ich glaube, dieses Team kann die nächste Generation inspirieren, es kann ein Erbe hinterlassen, das viel größer ist als Fußball.“

Für Schlagzeilen hatte unmittelbar vor der Partie ein Vorfall beim geheimen Abschlusstraining der Engländerinnen gesorgt: Die Übungseinheit wurde offenbar aus der Luft gefilmt. Nach Angaben der australischen Zeitung „Daily Telegraph“ ist das Blatt selbst für die veröffentlichten Bilder verantwortlich. „Wenn Englands Löwinnen dachten, sie würden einfach unter dem Radar in das Halbfinale der Weltmeisterschaft fliegen, erlebten sie einen herben Schock. Wir haben den Hubschrauber hochgeschickt, um zu sehen, wie sich der alte Feind vorbereitet“, hieß es in markigen Worten: „Willkommen im Dschungel, Löwinnen, wir haben Spaß und Spiel.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false