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Abschied von Megan Rapinoe, die seit Jahren für queere Rechte im Sport kämpft.

© imago images/ZUMA Wire

Die queeren Sportmomente des Jahres: Regenbogenfarben, Transfeindlichkeit und ein wichtiges Urteil

Im Jahr 2023 fand die wohl queerste WM aller Zeiten statt. Aber es gab auch Backlashes, vor allem für trans Personen im Sport. Ein Rückblick.

Es war die wohl queerste Fußball-Weltmeisterschaft aller Zeiten: Mindestens 96 offen queere Personen waren im Sommer beim Turnier in Australien und Neuseeland dabei. Zu den bekanntesten Gesichtern gehörten die US-Amerikanerin Megan Rapinoe und die Brasilianerin Marta.

Für Rapinoe war es das letzte große internationale Turnier, im November beendete sie ihre Karriere im Finale der National Women's Soccer League mit ihrem Klub OL Reign. In den vergangenen Jahren hatte die 38-Jährige sich immer wieder für die Rechte von LGBTIQ*-Menschen eingesetzt und gegen Rassismus stark gemacht. Auch vor der WM hatte sie sich für die Teilnahme von trans Frauen in Frauenteams ausgesprochen und Transfeindlichkeit im Leistungssport angeprangert. „Ich sehe trans Frauen als echte Frauen“, hatte sie gegenüber dem „Time Magazine“ gesagt.

Ali Riley setzte mit ihren Fingernägeln ein Zeichen.
Ali Riley setzte mit ihren Fingernägeln ein Zeichen.

© IMAGO/Bildbyran

Daran nahmen sich andere Sportlerinnen bei der WM ein Beispiel, die ebenfalls ihre Plattform nutzten, um auf Missstände aufmerksam zu machen – trotz der Verbote der Fifa. Denn der Weltverband untersagt politische Statements und Symbole bei internationalen Fußball-Turnieren.

Neuseelands Kapitänin Ali Riley ließ sich davon nicht beirren und lackierte sich beim Eröffnungsspiel gegen Norwegen die Nägel der einen Hand in den Regenbogenfarben und die Nägel der anderen Hand in den Farben der Trans-Flagge. In den sozialen Medien erhielt Riley für ihre Aktionen viel Zuspruch und wurde als „Ally“ gefeiert, also als Verbündete.

Denn gerade im Profisport sind solche Zeichen alles andere als selbstverständlich. Auch im Jahr 2023 erfuhren trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Sportler*innen immer wieder Anfeindungen. Zu Beginn des Jahres wurde die finnische Eiskunstläuferin Minna-Maaria Lax im Netz transfeindlich beleidigt. Sie durfte bei der EM im finnischen Espoo bei Eröffnungsfeier auftreten und dort die Show eröffnen, stürzte dabei aber. In den sozialen Medien sorgte das für etliche transfeindliche Kommentare und Hassnachrichten.

Die Bruisers sind ein FLINTA*-Klub.
Die Bruisers sind ein FLINTA*-Klub.

© Berlin Bruisers e.V.

Der Vorfall ist kein Einzelfall. In zahlreichen Sportarten wie Leichtathletik, Schwimmen und Basketball wurden in diesem Jahr Regeln beschlossen, die es trans Frauen untersagen, bei den Frauen anzutreten.

Das hatte sogar Auswirkungen auf den Berliner Amateursport: Nachdem der Weltrugby-Verband trans Frauen aus Frauenteams ausgeschlossen hatte, weigerte sich im Juli ein nordirisches Team bei einem Freizeitturnier gegen die Berlin Bruisers anzutreten, mit der Begründung, dass beim gegnerischen Team trans Personen mitspielen. Die Bruisers bezeichnen sich selbst als „Flinta*-Team“, also als Team für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen.

Begründet wird der Ausschluss von trans Frauen zumeist mit „körperlichen Vorteilen“. Mittlerweile hat aber sogar der Weltschachverband trans Frauen von Turnieren ausgeschlossen – in einer Sportart, wo es eigentlich auf mentale Fähigkeiten ankommt. Richard Pringle, ein australischer Professor für Soziologie und Pädagogik, nannte die Entscheidung deshalb „nicht nur transphob, sondern auch antifeministisch“, denn: „Schach hat keine körperliche Dimension, es ist ein Strategiespiel. Das suggeriert, dass Männer irgendwie strategisch besser sind.“

Der deutsche Schachverband widersetzte sich der Regelung des Weltverbandes und versprach, trans Frauen weiterhin bei den Frauen antreten zu lassen.

Caster Semenya kämpft seit Jahren für ihre Rechte.
Caster Semenya kämpft seit Jahren für ihre Rechte.

© IMAGO/Bildbyran

Apropos widersetzen… Wer sich schon lange gegen die Regelungen ihres Weltverbandes widersetzt, ist die Leichtathletin Caster Semenya. Sie kämpft seit Jahren gegen den Leichtathletik-Weltverband, der sie von den Frauenwettbewerben ausschließt, weil ihr Testosteronwert die Obergrenze überschreitet. Mit Erfolg: Im Juli entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass der Umgang mit Semenya gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel 13 der Grundrechtecharta verstoße. Ob das Urteil eine Signalwirkung hat, dürfte sich im kommenden Jahr zeigen.

Da finden auch die Olympischen Spiele in Paris statt, bei denen sicher wieder einige queere Athlet*innen an den Start gehen werden. An dem Wettbewerb will auch der britische Wasserspringer Tom Daley teilnehmen, der 2021 im Synchronspringen Gold geholt und seinen Erfolg mit den Worten gefeiert hatte: „Ich bin unglaublich stolz, sagen zu können, dass ich ein schwuler Mann und gleichzeitig Olympiasieger bin.“ Nachdem er zwei Jahre an keinem Wettbewerb teilgenommen hat, will er in Paris wieder sein Talent unter Beweis stellen – auch für seinen kleinen Sohn, der ihn dazu motiviert haben soll.

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