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CSU-Landesgruppenchef Dobrindt bei seiner Rede im Bundestag.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Hitzige Debatte vor Abstimmung im Bundestag: Dobrindt nennt Wahlrechtsreform „Akt der Respektlosigkeit“

Die abschließende Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestags verläuft hitzig. Die Opposition nennt das Vorhaben „völlig absurd“. Die Ampel spricht von mangelnder Reformbereitschaft.

| Update:

Der Bundestag hat am Freitag über den umstrittenen Vorschlag der Ampel-Koalition zur Wahlrechtsreform debattiert. CSU-Landesgruppen-Chef Alexander Dobrindt kritisierte das Vorhaben als „Akt der Respektlosigkeit“ gegenüber den Wählern und der Demokratie an sich.

Die Reform könne dazu führen, dass in den Wahlkreisen direkt gewählte Abgeordnete nicht mehr ins Parlament einzögen. Die Ampel stelle damit das „Existenzrecht der CSU infrage“ und wolle die Linke „aus dem Parlament drängen“.

„Sie machen hier eine Reform für sich selbst“, um den „Machtanspruch der Ampel“ zu zementieren, kritisierte Dobrindt in der abschließenden Bundestagsdebatte.

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Politiker der Ampel-Parteien warfen der Union wiederum mangelnde Bereitschaft zur Veränderung vor. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, sprach von einem „einfachen, nachvollziehbaren Wahlrecht“, das angestrebt werde.

Die Reform sei überfällig, sagte der Obmann der SPD in der Wahlrechtskommission. Die Verkleinerung des Parlaments von derzeit 736 auf 630 Stimmen sei klar und nachvollziehbar, betonte Hartmann.

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Die Abschaffung der Grundmandatsklausel, die bisher die Vertretung von Parteien ermöglicht, die weniger als bundesweit fünf Prozent der Stimmen erreichen, sei eine „klare Systementscheidung“ und stärke den Gedanken des Verhältniswahlrechts. Aus Sicht der Ampel stehe der Vorschlag fest in der deutschen Verfassungstradition.

Ursprünglich wollte die Ampel das Parlament sogar wieder auf die Sollgröße von 598 Abgeordneten reduzieren. Nachdem die Union den ersten Vorschlag von SPD, Grünen und FDP abgelehnt hatte, in dem die Streichung der Grundmandatsklausel nicht enthalten war, präsentierte die Ampel die neue Variante.

Das sei das Werk der SPD, die sich davon einen Vorteil erhoffe, nach dem Motto „erst die Partei, dann das öffentliche Wohl“, sagte Albrecht Glaser (AfD). Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, kündigte eine Klage gegen die Reform vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Mit der Abstimmung über die Reform des Bundeswahlgesetzes soll eine Verkleinerung des Parlaments nach der nächsten Bundestagswahl erreicht werden.
Mit der Abstimmung über die Reform des Bundeswahlgesetzes soll eine Verkleinerung des Parlaments nach der nächsten Bundestagswahl erreicht werden.

© dpa/Michael Kappeler

Der Bundestag soll nach der Debatte am Vormittag über die Wahlrechtsreform abstimmen. Union und Linke halten das Vorhaben für verfassungswidrig und haben bereits mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gedroht.

Schäuble kritisiert „Irreführung der Wähler“

Auch der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble kritisierte den Reformplan scharf. „Hier wird ein System geschaffen, das auf Täuschung und Enttäuschung des Wählers ausgelegt ist. Ihm wird suggeriert, er könne seine Wahlkreiskandidaten direkt wählen - dabei wird der Kandidat am Ende womöglich gar nicht ins Parlament gelangen“, sagte der CDU-Politiker dem „Spiegel“. Eine solche „Irreführung der Wähler“ sei auch ein verfassungsrechtliches Problem.

Wolfgang Schäuble (CDU), ehemaliger Bundestagspräsident.
Wolfgang Schäuble (CDU), ehemaliger Bundestagspräsident.

© dpa/Kay Nietfeld

Unter anderem soll es künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben. Auch die sogenannte Grundmandatsklausel soll entfallen.

Sie bewirkt, dass eine Partei auch nach ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einzieht, wenn sie zwar die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.

Schäuble dringt auf Klage bei Bundestagsbeschluss

Schäuble sagte zu dem Reformvorschlag: „Das wirkt wie ein gezielter Angriff auf die CSU und damit gegen eine Partei, die seit 70 Jahren unsere Demokratie im Parlament maßgeblich mitgestaltet hat.“ Für die Reform muss das Bundeswahlgesetz geändert werden. Die Ampel wird dies voraussichtlich mit ihrer Mehrheit beschließen.

Schäuble sagte, dass die Union bei einem entsprechenden Bundestagsbeschluss klagen müsse. „Dieses Vorhaben muss gestoppt werden.“

Auch CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder hatten zuletzt mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gedroht. Schäuble hatte als Bundestagspräsident selbst mehrfach erfolglos versucht, mit den Fraktionen eine Lösung für eine Verkleinerung des Bundestags zu finden.

Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

CDU-Chef Friedrich Merz

CDU-Chef Merz sagte der „Welt“: „Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Koalition bereit ist, ihre Pläne für eine Wahlrechtsreform noch einmal zu überdenken.“

Er werde die Debatte am Freitag im Bundestag verfolgen und gegebenenfalls vorschlagen, ob man über die Wahlrechtsreform „nicht in der kommenden Woche noch mal in Ruhe reden will“, sagte Merz, der auch Unionsfraktionschef ist.

CSU-Generalsekretär nennt Pläne „völlig absurd“

Auch CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach sich entschieden gegen die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition aus. Wenn ein Kandidat einen Wahlkreis direkt gewinne und am Ende unter Umständen nicht in den Bundestag einziehe, bilde das nicht den Wählerwillen ab, sei nicht repräsentativ und „völlig absurd“, sagte Huber am Freitag im Deutschlandfunk.

CSU-Generalsekretär Martin Huber.
CSU-Generalsekretär Martin Huber.

© Foto: Sven Hoppe/dpa

CDU und CSU hätten auch Vorschläge zur Wahlrechtsreform unterbreitet, die die Regierung jedoch ignoriert habe, sagte Huber. „Die Union hat im Zuge der jetzigen Verhandlungen auch vorgeschlagen, die Zahl der Bundeswahlkreise nochmals zu verringern, von 280 auf 270. Auch das würde zu einer Verkleinerung des Bundestages beitragen.“

Auf die Frage zu einer möglichen Fusion der CSU mit der CDU antwortete Huber: „Ich halte diesen Vorschlag für absolut anmaßend und arrogant, wenn man einer Partei vorschreiben will, dass sie sich auflöst und einer anderen Partei anschließt“. Huber zufolge bilden CDU und CSU gemeinsam die „starke Union“.

„Politische Mitbewerber der Ampel sollen aus dem Parlament gekegelt werden“

Kritik kam auch von der Linken. Parteichef Martin Schirdewan sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Der Bundestag muss kleiner werden. Aber der Vorschlag der Ampel enthält fatale Fehler. Mit der geplanten Reform sollen politische Mitbewerber der Ampel aus dem Parlament gekegelt werden, indem die Grundmandatsklausel gestrichen werden soll.“

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese verteidigte die Pläne. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben in den vergangenen Jahren viele Argumente ausgetauscht und Modelle berechnet.“ In der Zeit sei der Bundestag immer weiter angewachsen. Nun müsse man handeln.

Ziel aller Parteien müsse es sein, über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen - „das beschließt mit der FDP übrigens auch eine Partei, die an genau dieser Hürde schon gescheitert ist“.

Dies sei ein Beleg dafür, dass es um eine echte Reform gehe, „nicht um Besitzstandswahrung“. Die Verhandlungen mit der Union hätten gezeigt, dass eine effektive Reform mit der CSU nicht zu machen sei. (dpa, AFP)

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