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Das Bundeskanzleramt - zugleich ein Auftraggeber für Interviews mit dem Chef.

© imago/Metodi Popow/IMAGO/M. Popow

Scholz-Interview bei „re:publica“: Regierung verteidigt Auftrag an Zervakis

Das Kanzleramt hat die Journalistin für ein Kanzler-Gespräch bestellt und eine Kostenpauschale bezahlt. Die Regierung habe das Messe-Programm „mitorganisiert“.

Das Bundeskanzleramt sieht seinen Auftrag an die frühere „Tagesschau“-Sprecherin Linda Zervakis, mit Kanzler Olaf Scholz bei der Digitalmesse „re:publica 2022“ ein öffentliches Gespräch zu führen, offenbar als üblich an.

Wie ein Sprecher dem Tagesspiegel sagte, habe die Regierung „in dieser und auch in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach an der Digitalmesse re:publica teilgenommen und dort Programmpunkte mitorganisiert“. Dafür seien „auch Moderationsleistungen durch die Bundesregierung beauftragt worden“. Wie für Zervakis, die Scholz am 9. Juni vergangenen Jahres bei der Messe interviewt hatte.

Aus Gründen des Schutzes des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses können wir keine Auskünfte zu weiteren Vertragsinhalten geben.

Ein Regierungssprecher zum Moderationsauftrag des Bundeskanzleramts an Linda Zervakis

Da bei dem Bühnen-Auftritt der beiden der Eindruck entstanden war, Zervakis habe mit Scholz als unabhängige Journalistin gesprochen, gab es Kritik. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ingeborg Gräßle sprach von einem „echt üblen Schauspiel“.

Die „re:publica“-Organisatoren bedauern ein Versäumnis

Der Regierungssprecher bestätigte, es sei eine Kostenpauschale von 1.130,50 Euro mit Zervakis vereinbart worden. Damit sollten „alle anfallenden Kosten der Moderatorin und ihres Teams abgedeckt werden“.

Entscheidungen über Auftritte des Kanzlers würden im Bundeskanzleramt auf Arbeitsebene vorbereitet, hieß es weiter. Der „Gestaltungsvorschlag“ für den Termin sei „im üblichen Verfahren vorbereitet und gebilligt“ worden. Der Veranstalter habe das Format des Auftritts des Bundeskanzlers offen gelassen. Bezüglich der Moderation habe es keine verbindlichen Vorgaben gegeben. „Das Bundeskanzleramt und der Veranstalter einigten sich auf das durchgeführte Format“.

In der Darstellung der „re:publica“-Organisatoren klingt das alles etwas anders. Demnach habe das Kanzleramt nach der Zusage für Scholz’ Auftritt zwei Wochen vor dem Event mitgeteilt, dass man statt eines Gesprächs mit „re:publica“-Mitbegründer Markus Beckedahl einen Impulsvortrag von Scholz mit einem anschließenden Gespräch zwischen ihm und Linda Zervakis umsetzen wolle. „Wir waren von der Vorgehensweise überrascht, stimmten aber zu - nicht zuletzt aus Zeitgründen“. Ein Hinweis darauf, dass die Gesprächspartnerin vom Kanzleramt ausgewählt wurde, sei versäumt worden.

Dass die Regierung bei Gestaltung der Messe Einfluss nimmt, bestätigten die Veranstalter: In den vergangenen Jahren hätten einzelne Ministerien als Partner der „re:publica“ einzelne Programm-Inhalte „mitkuratiert“. Diese seien als „Partner-Sessions“ im Programm gekennzeichnet worden.

Die Bundesregierung reagierte auch auf Kritik der CDU-Abgeordneten Gräßle wonach ihr die Zahlung an Zervakis trotz einer parlamentarischen Anfrage vor mehreren Wochen nicht mitgeteilt worden sei. Damals wurde noch auf das Geschäftsgeheimnis der beauftragten Journalistin verwiesen.

Die Moderatorin gab ihr Einverständnis zur Mitteilung der Kosten

Man habe sich dann bei Zervakis darum bemüht, eine Einwilligung zur Veröffentlichung der gezahlten Kostenpauschale zu erreichen, „um dem Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information Rechnung zu tragen.“ Erst aufgrund von Zervakis’ Einverständnis habe die Regierung Auskunft geben können. Dieses habe zum Zeitpunkt der schriftlichen Frage der Abgeordneten noch nicht vorgelegen.

Anlass für die Bitte um Zervakis’ Einwilligung könnte allerdings möglicherweise nicht die Anfrage der Politikerin Gräßle gewesen sein, sondern eine parallel laufende Auskunftsklage der „tageszeitung“ vor dem Verwaltungsgericht Berlin, die den Fall an die Öffentlichkeit brachte.

Außer der Kostenpauschale würden keine Details über den Auftrag mitgeteilt, hieß es. „Aus Gründen des Schutzes des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses können wir keine Auskünfte zu weiteren Vertragsinhalten geben.“

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