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Demonstration nach dem Eklat vom Finale. In Madrid gingen viele Menschen auf die Straße.

© REUTERS/ISABEL INFANTES

Eine WM als Wendepunkt : Der Fall Rubiales und seine Folgen

Aus dem Skandal um Spaniens Verbandspräsidenten lässt sich viel lernen. Womöglich kann das Nachspiel zum WM-Finale von Sydney allgemeines Bewusstsein ändern. Und das ist größer als sportlicher Erfolg.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Rubiales, Rummenigge oder Carmona? Wer an das sportlich gute Finale der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen denkt, verbindet an erster Stelle nicht unbedingt die Letztgenannte damit. Dabei hat Olga Carmona das Siegtor für die Spanierinnen gegen England erzielt. Inzwischen aber ist das eine Randnotiz, verglichen mit dem Nachspiel um Luis Rubiales und dessen Verhalten bei der Siegerehrung und Rechtfertigungsversuchen nach dem Fehltritt.

Das Nachspielchen um Karl-Heinz Rummenigge, der in Old-School-Männer-Manier dem wankenden spanischen Verbandspräsidenten zur Seite gesprungen ist, geht derweil stellvertretend für eine Riege ewig Gestriger auf einem Nebenplatz in die Verlängerung.

Sicher heißt es nun auch, dass es traurig sei, dass der sportliche Erfolg der verdienten Weltmeisterinnen zur Nebensache verkommt. Aber das ist zu kurz gedacht. Das Nachspiel um den Kuss des Verbandspräsidenten ist nicht nur richtig und wichtig, es erhöht auch den Erfolg der Spanierinnen: Sie sind eben Teil der Generation, die einen gesellschaftlich überfälligen Prozess zur Gleichbehandlung mittragen kann.

Jennifer Hermoso ist sich mit ihren Aussagen zum ungewollten Kuss von Rubiales ihrer verantwortungsvollen Rolle wohl bewusst und nutzt die große Bühne.

Aus Fehltritten und ihren Folgegeräuschen wie im Fall von Rubiales lässt sich viel lernen, Bewusstsein ändern: Es gibt Paradebeispiele, wie vor allem Mann es nicht machen sollte, da kommt etwas in Bewegung.

Weil der Profisport so eine große Öffentlichkeit hat, kann er bei gesellschaftlichen Prozessen ein Katalysator sein: Was live in bewegten Bildern vor Millionen Menschen läuft, lässt sich nicht leugnen.

Zumindest nicht von gesundem Menschenverstand. Auch die Muster, mit der Verursacher oder Täter dann gerne nach einem Fehltritt oder einer Straftat operieren, funktionieren auf dieser öffentlichen Schiene eben nicht so, wie sie im Verborgenen in unserer Gesellschaft laufen. Selbst die teuersten Anwälte der Welt können Rubiales nicht retten.

Vielleicht wird es in zehn Jahren so sein, dass sich kaum ein Mensch an das Siegtor im WM-Finale 2023 erinnert, wahrscheinlich aber ist, dass sich viele an Jennifer Hermoso erinnern werden und vor allem an das, was sie nach diesem Finale in Gang gebracht hat. Das ist dann mindestens genauso viel wert, wie ein WM-Pokal, der dann womöglich längst zu einem anderen Team gewandert ist.

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