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Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend spricht in der Debatte zum Auftakt der Haushaltswoche.

© picture alliance/dpa

„Betroffenheit reicht nicht“: SPD-Politiker wirft Paus Untätigkeit im Kampf gegen sexuellen Missbrauch vor

Nach der Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche fordert Lars Castellucci (SPD) vom Familienministerium Taten. Paus kontert, Castellucci sei schlecht informiert.

Nach der Studie über Missbrauch in der evangelischen Kirche dringt der SPD-Politiker Lars Castellucci eindringlich bei Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) auf die Umsetzung vereinbarter Vorhaben zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. „Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken und die staatlichen Institutionen zu stärken“, schreibt Castellucci in einem Brief an Paus, über den die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Dienstag berichtete.

„Bis heute warten wir auf eine entsprechende Initiative aus Ihrem Haus“, heißt es in dem Schreiben. Es reiche nicht, wenn Politik bei jeder neuen Veröffentlichung nur immer die gleiche Betroffenheit äußere, betont der Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften. Insbesondere das Feld der Aufarbeitung dränge: „Betroffene und Täter versterben, Taten verjähren, Akten verschwinden.“

Koalitionsvertrag sieht Missbrauchsbeauftragen vor

Castellucci widerspricht Paus' Einschätzung, dass Standards der Aufarbeitung ausreichend in der im Dezember zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten unterzeichneten Erklärung geregelt seien. „Weder inhaltlich noch zeitlich noch methodisch liegen verbindliche Standards vor“, schreibt Castellucci. Die Prozesse dauerten zu lang, die Ergebnisse seien nicht vergleichbar und „die dringend notwendigen nächsten Schritte intransparent“.

Castellucci fordert Paus dazu auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte gesetzliche Grundlage für das Amt der Missbrauchsbeauftragten mit einer Berichtspflicht an den Bundestag anzugehen. Er fordert zudem unter anderem ein individuelles Recht auf einen Aufarbeitungsrahmen mit Akteneinsicht, Informationsrechten und Aufbewahrungsfristen sowie eine Stärkung und bessere Ausstattung der Aufarbeitungskommission, die bislang ehrenamtlich arbeitet. Für die Kommission fordert er ein Initiativrecht, „damit Aufarbeitung nicht in das Belieben von Organisationen gestellt bleibt“.

Gesetz sei bereits auf dem Weg, sagt Paus

Die Familienministerin weist die Vorwürfe aus der SPD zurück. „Offenbar ist Herr Castellucci da nicht wirklich gut informiert“, sagte Paus in einem Interview mit der „Welt“. Ein Gesetz zum Missbrauchsbeauftragten, zur Aufarbeitungskommission und zum Betroffenenrat, „all das ist bereits auf dem Weg“. Das Gesetz befinde sich bereits in der Ressortabstimmung in der Bundesregierung.

„Mag sein, dass Herr Castellucci das noch nicht mitbekommen hat, aber das ist derzeit der Stand der Dinge“, sagte Paus demnach. In der vergangenen Woche wurde die von der EKD beauftragte Studie vorgestellt, nach deren Ergebnis das Ausmaß von Missbrauch auch in der evangelischen Kirche größer ist als bislang angenommen. (epd, tsp)

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