Furioser Auftakt beim Berliner Jazzfest: Andrew Hill und Von Freeman aus Chicago
Johannes Voelz
Saxofonist Von Freeman ist außerhalb von Chicago nie aufgetreten. Jetzt eröffnet er das Jazzfest
Sonny Rollins gibt im Berliner Tempodrom ein furioses Konzert
Blitzartig durchschneiden grelle Lichtstrahlen die Häuserfluchten einer Megastadt, bis die Leinwand in geometrische Formen zerfällt. Gähnende Schatten breiten sich aus und verschlingen die Blitze mit ihrer Schwarzmalerei.
Es war einmal ein Schweizer, Mathias Rüegg mit Namen, der hatte gute Ohren und große Melodien im Kopf. Er hauste in Wien, doch die Wiener machten ihn ganz einsam.
Am Ende schnellen die Zuhörer aus ihren Sitzen, gleichzeitig, ohne zu zögern, als hätte ihnen jemand ein Signal gegeben. Standing Ovations, minutenlang.
Das Revival des Jazzgesangs nimmt kein Ende. Seit Diana Krall in die Popcharts vorgedrungen ist, hat die große Suche nach blonden Sängerinnen mit weichen Stimmen begonnen.
Ganz hinten rechts, in der letzten Reihe, dort, wo die Trompeter stehen: Ein Hemd wie ein Farbklecks, leuchtend rot. Darin: Nils Wülker, die große Hoffnung unter Berlins Jazztrompetern.
Es gibt Sätze, die sind in Interviews tabu. Steffen Kopetzky scheint sich eine lange Liste gemacht zu haben, voll mit solchen Sätzen.
Es war Ende der 20er Jahre, als Duke Ellington das Paradox des Big-Band-Leiters offenbarte. Nur für ihn interessierten sich die Fans.
Zu Beginn steht ein Trommelschlag. Keine halbe Sekunde lang, und doch verheerend: Glas birst, Scherben durchtrennen die Zeit, jede Bewegung gefriert.
Es komme nichts Neues mehr, hat Trompeter Till Brönner einmal gesagt. Also ruft er ein paar Musiker an, holt sie auf die Bühne des A-Trane und jammt - kurz vor Veröffentlichung seiner neuen Platte "Blue-Eyed Soul" - ein paar Stunden lang über alte Standards.
Ein junger Mann im Wollpulli schiebt einen grünen Gummiball vor sich her, zwei Mädchen unterhalten sich in Gebärdensprache, eine Frau mit lila Haaren fragt auf hessisch, ob es bald weitergehe. Wie Schauspieler sehen sie nicht aus.
Wenn Wolfgang Haffner am Schlagzeug sitzt, erinnert er an den Cop eines B-Movie. Er überwältigt den Groove mit beiden Händen und führt ihn wie einen Delinquenten ab.
Spät dran, Anfang verpasst, schnell rein. Die Tür ist noch nicht ganz offen, da sieht man schon Lonnie Plaxico vorne auf der Bühne, wie er weit ausholt, eine Saite seines Basses dehnt, bis sie in seine Finger schneidet.
Es bringt diesen Mann niemand von seinem Weg ab. Film für Film nähert sich Guido Knopp seinem Ziel, Geschichte in dünne Scheiben zu schneiden, sie knusprig zu rösten, ja, Kartoffelchips aus ihr zu machen.
Das Konzert ist aus, der Beifall verhallt, die Musiker verstauen ihre Instrumente. Doch die Dicke im kurzen grünen Kleid hat noch nicht genug.
Seit ein paar Minuten bewegt sich nichts mehr. Die Menschenschlange am Grenzübergang vom sächsischen Johanngeorgenstadt wird immer länger.
"Sag zum Abschied leise - fick dich", flüstert Florian Werner ins Mikrofon. Und kommt damit richtig gut an bei den 50 Zuhörern in der winzigen Kreuzberger Scheinbar.
Goldfarb sitzt grimmig in der Ecke. Ein bedeutender Kantor ist er, ein Star der jüdischen Gemeindezentren.
Man vergisst ja gerne, was Kunst eigentlich ist. Der tägliche Kulturstress verbietet derlei Überlegungen.
Sie raunzen, sie nölen, sie flehen. Sind beide um die 30, haben nur ihre Sprache und können doch nichts damit anfangen.
Die erste Minute sagt alles. SheshBesh, das Quintett aus Israel, steht auf der Bühne und sagt nichts.
Die Reform des Stiftungsrechts ist vertrackt, politisch umstritten und dazu noch unverschämt dröge. Eigentlich eine Aufgabe für Spezialisten.