
© Darius Ramazani
Fotograf Darius Ramazani im Porträt: Ein Herz, groß wie eine Plakatwand
Seit acht Jahren gibt der Berliner Künstler am Stuttgarter Platz Initiativen Sichtbarkeit, die sich für eine bessere Welt einsetzen. Und nimmt dafür keinen Cent.
Stand:
Wie es sich anfühlt, nicht dazu zu gehören und warum ein Miteinander wichtig ist, hat Darius Ramazani am eigenen Leib erfahren. Seine Mutter stammt aus Schlesien, der Vater aus dem Iran. Sie lernen sich in Deutschland kennen und gehen fürs Studium nach Amerika, wo Darius zur Welt kommt.

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Umzug zurück ins Schwabenland. In den Kindergarten geht er in Stuttgart-Vaihingen, aber nicht für lange. 1975 zieht die Familie in den Iran. „Ich kam schon am nächsten Tag in die Schule, ohne ein Wort Persisch“, erinnert sich Darius. Heute kann er darüber lachen. Als 1978 die Unruhen im Land beginnen, schickt der Vater die Familie zurück nach Deutschland. Er selbst bleibt, kommt unter Khomeini ins Gefängnis.
Schwierige Zeiten. „Ich war Deutscher und hab die Sprache perfekt gesprochen, aber als ich bei meiner Oma auf einem 6000-Einwohner-Dorf in die vierte Klasse kam, konnte ich mit den anderen nichts anfangen und die nicht mit mir. Das war gar nicht ausländerfeindlich. Ich kam nur gerade aus dem Iran und hatte ganz andere Sorgen als die anderen Kinder“, sagt er.
1988 macht seine Klasse eine Fahrt nach Polen: Warschau, Danzig, Krakau. Solidarnosc und Auschwitz. „Ich war von der Atmosphäre total geflasht.“ Er hat eine Kamera vom Flohmarkt dabei, im Jugendzentrum schon das Belichten gelernt. Morgens um drei zieht er los. Wenn es hell wird, macht er die ersten Bilder. Jetzt weiß er, was er mit seinem Leben machen will.
Er bricht das Abitur ab, fotografiert erst Katalog-Mode, dann Konzerte und Galeristen, zieht nach Berlin. Da macht er neben seinen glamourösen Auftragsjobs schon eigene Serien mit viel sozialem Engagement: In den Townships von Kapstadt fotografiert er Schulkinder, in Berlin Obdachlose und immer wieder alte Menschen. Er begegnet den ganz Großen und den ganz Kleinen und allen auf Augenhöhe, fotografiert für die Caritas und die Diakonie.
Sein größter Wurf bisher gelang mit einer Kampagne, die er ohne Honorar für Terre des Femmes geschossen hat. #unhatewomen zeigt der Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft klare Kante. Indem sie Sängerinnen und Schaupielerinnen die verachtenden Texte deutscher Rapsongs zitieren lässt. Ein Schlag in die Magengrube.

© Darius Ramazani
„Wir haben im Januar 2020 fotografiert“, erinnert sich Darius. „Dann kam Corona und die Aufmerksamkeit war sehr gering. Alle dachten, das kann doch nicht wahr sein. Wir haben so viel mehr erhofft. Aber dann hat ein Journalist den Rapper Fler auf die Kampagne angesprochen, der sehr frauenfeindliche Texte singt, und Fler wurde handgreiflich. Plötzlich ging #unhatewomen durch die Decke und hat Preise über Preise gewonnen. Ein ganz großartiger Erfolg für Terre des Femmes!“ Auch sein Erfolg, der ihn immer noch strahlen lässt.
Und jetzt zur Großfläche. Die hat Darius anfangs für eigene Projekte angemietet, aber schnell gemerkt, dass er die Überzeugungskraft von Bildern lieber mit anderen teilt. „Jede 20 Tage hängt da was Neues. Charité Schlaganfall Initiative, eine Kampagne gegen Kindesmissbrauch, gerade Freunde fürs Leben, die junge Leute über Depression aufklären“, zählt er auf.

© Darius Ramazani
Eines der nächsten Großformate, auf die er sich besonders freut, stellt den Sohn eines Freundes aus Stuttgart vor, der ein Autist und begnadeter Maler ist. „Das muss ordentlich kuratiert werden, das ist viel Arbeit. Aber ich liebe das. Da bin ich total erfüllt.“