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Der frühere Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen.

© AFP/John Thys

Update

Waffenhilfe für die Ukraine: Ex-Nato-Chef Rasmussen nennt deutsche Taurus-Blockade „lächerlich“

Olaf Scholz ist bei der Frage nach Taurus-Marschflugkörpern für Kiew weiter zögerlich. Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat dafür kein Verständnis.

| Update:

Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die bisherige Weigerung der Bundesregierung scharf kritisiert, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. „Ich finde es lächerlich, Waffenlieferungen auf diese Art einzuschränken“, sagte Rasmussen dem Tagesspiegel. „Wenn Russland Raketen von seinem Territorium abfeuert, sollte die Ukraine die Möglichkeit haben, diese Stellungen zu treffen.“

Es sei im Interesse des Westens, den Krieg schnell zu beenden, mahnte er. Ein zäher Abnutzungskrieg diene nur den russischen Interessen. Er könne nicht nachvollziehen, dass die für Russland strategisch wichtige Kertsch-Brücke, welche die Krim-Halbinsel mit dem russischen Festland verbindet, immer noch stehe, fügte der frühere Nato-Generalssekretär hinzu. Die Reichweite von Taurus-Marschflugkörpern reicht aus, um Ziele auf der Krim sowie in Russland zu treffen.

Dienstag hatte Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erneut Fahrt aufgenommen, als die Koalitionsfraktionen wollen die Bundesregierung im Bundestag gemeinsam auffordern, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern - und zwar Systeme, die weit hinter die russische Frontlinie reichen.

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Papier fordert nicht explizit Taurus, aber „weitreichende Waffensysteme“

Im Entwurf für einen gemeinsamen Koalitionsantrag werden die Taurus, gegen die Scholz sich bisher sträubt, zwar nicht namentlich erwähnt.

Das Papier der Fraktionsvorsitzenden, das dem Tagesspiegel vorliegt, fordert aber „die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition, um die Ukraine (...) in die Lage zu versetzten, völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen“.

An diesem Dienstag tagen die Bundestagsfraktionen intern. Der Antrag von SPD, Grünen und FDP soll laut „Stern“ in dieser Woche im Parlament zur Abstimmung gestellt werden. Formeller Anlass ist der zehnte Jahrestag der Invasion Russlands auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

Wie die Forderung nach Waffenhilfe begründet wird

„Insbesondere muss die Ukraine auch künftig in die Lage versetzt werden, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen und ihre Soldatinnen und Soldaten vor den vielgestaltigen Attacken des russischen Militärs bestmöglich schützen zu können“, heißt es im Antragsentwurf der Fraktionschefs.

„Der Bundestag begrüßt daher die Lieferungen von Lenkflugkörpern unserer französischen und britischen Partner an die Ukraine. Der Einsatz von präzisen Abstandswaffen zur Landesverteidigung ist mit dem Völkerrecht vereinbar und für den Schutz der Ukraine unverzichtbar.“ Großbritannien und Frankreich liefern der Ukraine bereits seit Langem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp. Diese gelten aber als nicht so präzise und leistungsstark wie Taurus.

Wie Scholz auf die Forderung nach Taurus agiert

Die Regierung der angegriffenen Ukraine hatte die Taurus-Marschflugkörper im Mai 2023 offiziell von Deutschland erbeten. Der Kanzler erklärte im Oktober, dass Deutschland Taurus vorerst nicht liefern werde. Dahinter steht die Befürchtung, dass die Flugkörper russisches Territorium treffen könnten und Russland dies als direkten Angriff mit deutscher Beteiligung werten würde.

Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Kampfjet Tornado IDS ASSTA 3.0, bestückt mit dem Lenkflugkörper Taurus, der im Rahmen einer Übung über See fliegt.
Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Kampfjet Tornado IDS ASSTA 3.0, bestückt mit dem Lenkflugkörper Taurus, der im Rahmen einer Übung über See fliegt.

© dpa/ANDREA BIENERT

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wich Scholz am Samstag der Frage aus, ob er sie vielleicht doch noch freigeben will. Er versicherte in einem Interview lediglich, dass Deutschland immer genug tun werde, um die Ukraine zu unterstützen. Auch gegen die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern hatte sich Scholz zunächst lange gesträubt: Im Januar 2023 gab er dann nach, nachdem die USA die Lieferung von Abrams-Panzern zugesagt hatten, im März wurden sie geliefert.

Was die Koalitionspartner wollen

FDP und Grüne werben seit Langem dafür, der Ukraine mit Taurus-Waffen die Möglichkeit zu geben, russische Nachschublinien hinter der Front zu attackieren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wollten die beiden kleineren Regierungsfraktionen die konkrete Taurus-Forderung in einem gemeinsamen Ampel-Antrag zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar unterbringen.

Nun scheint es eine leicht entschärfte Version ohne Nennung des Namens Taurus zu werden. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour drückte unmittelbar vor der Sicherheitskonferenz und dem dortigen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch einmal aufs Tempo: „Es ist richtig, dass die Ukraine eine Entscheidung bekommen sollte. Bald. Weil das schon sehr lange anhängig ist“, sagte er vergangene Woche der dpa.

Union mit eigenem Antrag

Die Union wird am Donnerstag im Bundestag einen eigenen Antrag für eine erweiterte Militärhilfe für die Ukraine einbringen. Anders als in dem Antrag der Ampel-Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP werde dabei ausdrücklich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gefordert, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, am Dienstag in Berlin.

„Deswegen halte ich es für völlig undenkbar, diesen Antrag zu unterstützen.“ Frei warf namentlich den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses und des Europaausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne), vor, ständig Taurus zu fordern, dann aber wieder zurückzuweichen. 

Strack-Zimmermann will für Unionsantrag stimmen

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat angekündigt, im Bundestag für den Unions-Antrag zu stimmen. Sie appelliere auch „weiter an jeden Einzelnen, sich für die Lieferung von Taurus einzusetzen“, sagte sie der „Bild“-Zeitung. Mit ihrer Ankündigung geht die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses auf Distanz zum Antrag der Ampel-Fraktionen.

Es hätten immer noch nicht alle in der SPD verstanden, „dass die Ukraine um unseren Frieden und unsere Freiheit und unsere Zukunft in Europa kämpft“, sagte Strack-Zimmermann. Zum Koalitionspartner SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ging Strack-Zimmermann auf Konfrontation. „Eine namentliche Nennung scheiterte an der SPD-Fraktionsspitze und der Starrköpfigkeit des Kanzleramtes“, sagte sie. (dpa)

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