Was nutzen Batterien, wenn niemand Energie aus ihnen beziehen kann?
Anselm Neft
Aktuelle Artikel
Ich bin mit kühnen Erwartungen nach Berlin gezogen. Das Wilde, Freie, ja das Gefährliche lockte mich.
Wo findet man in Deutschland eine Stadt, die so von Philosophie durchtränkt ist wie Berlin? Taxifahrer raten ihren Fahrgästen, einmal einen Blick in Platons „Politeia“ zu werfen, Kellnerinnen zitieren beim Servieren die schönsten Aphorismen Schopenhauers, Bürgermeister stellen in ihrem Lebensentwurf Epikur vom Kopf auf die Füße, an Currywurstbuden diskutieren Strukturalisten mit Dekonstruktivisten unstrukturiert aber konstruktiv bis zum Hahnenschrei.
Wie kam nur der Wohnwagen ins Wohnzimmer?
Eine Bühne, ein Mikrofon, ein Mensch; ein Text und fünf Minuten Zeit, ihn vorzutragen; ein Publikum, das zugleich Jury ist; ein Moderator, der am Ende des Abends diejenigen kürt, deren Texte am offenkundigsten bejubelt wurden. Poetry Slam, die Mischung aus Lesung und sportlichem Wettbewerb, lässt sich vielfältig interpretieren: Als Parodie auf eine vermutete Leistungsgesellschaft, als Symptom einer solchen Gesellschaft, als Versuch, Literaturveranstaltungen einen Spannungsbogen zu geben, als antielitärer Gegenentwurf zur bildungsbürgerlichen Dichterlesung, als basisdemokratische Verbeugung vor der Meinung der Menge, als Zwangsneurose, die kreative Erzeugnisse in Relation zueinander setzt und am liebsten durch Schulnoten dingfest machen möchte.
Ausgerechnet am Nikolaustag sitze ich in einer reichlich gottlosen Runde von Sachbuchautoren und Wissenschaftsjournalistinnen. Die Herren und Damen lauschen dem Vortrag eines Briten, der gerade ein Buch über Unsterblichkeit verfasst.
Dem eigenen Anspruch folgen - eine unlösbare Aufgabe
Als Grundschüler habe ich gerne „Der kleine Prinz“ gehört. Will Quadflieg spricht im Kassettenrekorder, meine Mutter kocht in der Küche, ich puzzle im Wohnzimmer – eine wunderbare Arbeitsteilung.
"Na, waren Sie endlich zusammen aus?"
Mit meiner Heimat, dem Rheinland, verbinden viele Berliner vor allem eins: Karneval. „Das wär’ ja nix für mich“, höre ich immer wieder, „dieses Aufknopfdruckfröhlichsein.
Kaum will ein Mensch eine Geistesarbeit beginnen, stachelt der Demiurg seine Hyliker zu so sinnlosem wie geräuschvollem Treiben an, das den Geistesarbeiter stören und von seinem Vorhaben abbringen soll. Gerade hatte ich den Plan gefasst, mich selbst mit einem genialischen Roman zumindest vorübergehend aus dem Kerker der Materie heraus zu schreiben, da zogen Arbeitsmänner in den Vor- und Hinterhof meiner Wohnung und entfachen dort seitdem ein polyphones Inferno.
Aber die Hände der Prinzessin fassen kein rohes Fleisch an.
Aus ihm hätte ein Frauenheld werden können
Mahmoud (aus Ägypten) und ich (aus Deutschland) sitzen am Kottbusser Tor und essen Hamburger (aus Rindfleisch). Wir unterhalten uns über arabischen Black-Metal.
Und was ein Sattler ist, der hat auch ein Pferd.
Am Hackeschen Markt sehe ich, wie ein dicklicher Herr auf eine Frau in hohen Stiefeln zugeht. Ohne Gruß fragt er mit unbewegter Miene: „Was kostest du?
Eine Freundin ist frisch aus Kalabrien zurück. Dort hat sie ein paar Wochen Urlaub bei ihrer italienischen Familie gemacht.
"Erstlingswerke, Widmungsexemplare. Signierte Bücher und Autographen"
Alle paar Monate ziehe ich um. Diesen schönen Satz schreibe ich in meiner vierten Wohnung in Berlin.

Ich mein's ernst diesmal, heirate mich
Dezember 2009: Im „Goldenen Hahn“ in Kreuzberg wird die Buchpremiere der Anthologie „Heimat, Heimweh, Heimsuchung“ gefeiert. Eine Viertelstunde nach Veranstaltungsbeginn steigt der rauschebärtige Verleger aus dem Taxi, öffnet die Tür der verräucherten Schankstube, geht gemessenen Schrittes zur Theke und sagt: „Gebt mir mal 13 Euro aus der Abendkasse.
"Wisst ihr noch, die ganzen Absacker mit ihr?"
Neukölln legt sich ins Zeug. Erst hängt es Wedding als Problembezirk im Feuilleton ab.
"Ich bin der Geist, der stets verreist."