Wunderkinder haben Konjunktur: Achtzig Prozent der Eltern von Dreijährigen sind neuerdings davon überzeugt, dass gerade ihr Kleines in jeder Hinsicht weiter ist als die Gleichaltrigen, außer vielleicht im Umgang mit eben denen - sie sind ihm halt zu langweilig. "The Royal Tenenbaums" ist praktisch der Film zum Wunderkind, ein weiterer Beitrag zum Thema Familie, das den Wettbewerb in diesem Jahr beherrscht.
Daniela Sannwald
Drei Pritschen übereinander in einem Verschlag, keine Waschgelegenheiten und sechs Toiletten für knapp 2000 Menschen: Um dem Konzentrationslager zu entkommen, nahmen jüdische Flüchtlinge Bedingungen auf sich, die denen im KZ nicht unähnlich waren. Im Oktober 1940 verließ das Frachtschiff "Atlantic" die rumänische Hafenstadt Tulcea, um nach drei Monaten Haifa zu erreichen.
Sie trägt ein grünes Kittelkleid. Ihre Haare hält ein Gummiband; die Schlappen an ihren Füßen haben bessere Tage gesehen.
Etwas unwohl ist ihr, aber nicht sehr: Isa sitzt zwischen Ronny und Marek am Beckenrand; alle drei haben Handtücher umgewickelt; das Hotelschwimmbad steht an der polnischen Ostseeküste. Isa interessiert sich für Ronny, aber auch für Marek; und die Jungen interessieren sich für sie.
Mafiöse Verstrickungen sind das dominierende Thema in den türkischen Filmen der letzten Jahre, egal ob sie auf realen Vorfällen basieren oder fiktive Ereignisse schildern. Auf mögliche Verbindungen zwischen kurdischen militärischen Verbänden und dem Drogenhandel verweist "Haus der Engel", den sein Regisseur Ömer Kavur als Film noir bezeichnet.
Joe Moore ist "so cool, dass die Schafe ihn zählen, wenn er einschläft." Das jedenfalls behauptet sein Partner; und damit ist der von Gene Hackman dargestellte alternde Meisterdieb auch schon charakterisiert - ein Profi, der im Laufe seines Lebens genug gestohlen hat, um sich nun auf einen ruhigen Lebensabend freuen zu können.
Ein bisschen Polanski, ein bisschen Hitchcock und Almodóvar, ein paar Tropfen Splatter, eine Riege skurriler Figuren und eine starke Hauptdarstellerin: Davon lebt dieser spanische Thriller, der auch Comedy-, Horror- und Action-Elemente enthält. Regisseur Alex de la Iglesia bedient leider etwas zu viele Genres - dafür konzentriert er sich jedoch auf einen einzigen, schön beklemmenden Schauplatz.
"Als der Prinz der Prinzessin sein Lied darbrachte, sprangen die unzähligen Knöpfe ihres langen Kleides von selbst auf ..
Andy Warhols war obsessiv fasziniert von der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks - und das verband ihn mit der als Kultstar des Undergrounds verehrten Brigid Berlin. Das "Chelsea Girl" ist die Heldin des biografischen Dokfilms "Pie in the Sky", der Interviews mit der inzwischen 60-Jährigen und ihren Freunden mit Archivmaterial kompiliert.
Der Gegensatz könnte kaum größer sein: draußen weite Schneeflächen bis zum Horizont, gelegentlich ein Baum, dessen kahle Äste sich dem tief hängenden Himmel entgegen recken, Stille; drinnen, ganz woanders, ist es laut, schwül und bunt. Dort feiern Dutzende von Menschen zwischen Bast- und Blumendekorationen eine Hawaii-Party, bunte Drinks, lustige Hütchen und Witzeleien inbegriffen.
Furios der Anfang: Füße, nur in Strümpfen, hasten über Waldwege, stolpern, laufen weiterlaufen; atemloses Keuchen; eine junge Frau mit zerzaustem Haar, zerschrammter Haut und im viel zu großen Mantel taumelt in ein ehrwürdiges Schulgebäude. Reißt den Hörer eines öffentlichen Telefons herunter, wählt eine Nummer, stößt einen Schrei aus und sinkt ohnmächtig zu Boden.
Es regnet in Seattle, und durch die dicken Wolken dringt ein grau-blaues Licht, das seinen Namen kaum verdient: ein unwirtlicher Ort, besonders wenn man aus Las Vegas kommt wie Jack Carter, und erst recht, wenn man den Zweck seiner Reise bedenkt - die Beerdigung seines Bruders. Jack Carter, der schon lange und erfolgreich als Schuldeneintreiber für die Casino-Mafia arbeitet, hat seinen Bruder und dessen Familie seit Jahren nicht gesehen, und nun ist Richie bei einem Autounfall gestorben und hinterlässt eine Frau und eine Tochter.
Keine Cowboys und Viehzüchter wie in "All die schönen Pferde", keine Marihuanafarmen wie in "Blow", keine pittoresken Dörfer und jahrhundertealte Mythen wie in "The Mexican" - nur erbarmungslose Sonne auf Asphalt, Suff und Sex für Pesos und all das in Schwarzweiß: Das ist "Night Train", der sämtliche Mexiko-Klischees auf den Kopf stellt und die Grenzstadt Tijuana als eine Art Ballermann-City für amerikanische Tumb-Touristen präsentiert.Joe Butcher jedenfalls, mit straff gespanntem Billig-T-Shirt überm Bierbauch, scheint ganz gut dort hinzupassen.
Direkt an uns, ja, an uns Zuschauerinnen (!), wendet sich die TV-Produktionsassistentin Jane mit ihrem Monolog über die Männer, die sich am Ende doch nicht alle als Verbrecher erweisen, auch wenn ihre Herzen finstere Löcher sind.
Der Flamenco ist allgegenwärtig in Andalusien - und musikalisch Arabien ganz nah: Er kann nahtlos in ägyptischen Sufi-Gesang übergehen, und zu beidem wird ekstatisch und ausdauernd getanzt. Im Kern nur darum geht es in Vengo: Tony Gatlifs Film, eigentlich eine Nummernrevue, präsentiert Stars aus beiden Musikrichtungen und verbindet ihre - eher notdürftig motivierten - Auftritte durch eine Geschichte von Leidenschaft und Blutrache.
Sie Reiten. Es gibt nichts, was ihnen mehr Spaß macht.
Nein, ein Meisterwerk ist "Departure" nicht; auf dem letzten Berlinale-Forum ging er unter in der Masse asiatischer Filme, kaum wahrgenommen von Publikum oder Kritik. Ein Schicksal, das viele gute Filme teilen, die keine Meisterwerke sind.
Vor sechs Wochen tanzte der König noch, nun frisst er - Ludwig XIV. hat offenbar Konjunktur.
Morgan Freeman muss sich an Lino Ventura, Gene Hackman an Michel Serrault und Monica Belluci an Romy Schneider messen lassen. Dabei schneiden die Herren gut ab und Belluci weniger; aber die hatte es vielleicht am schwersten.
Keine spektakulären Bilder, keine ausgefallenen Schauplätze, keine Action, kein Verbrechen, kein Sex, kein Design, keine konzeptionelle Beleuchtung, kein komplizierter Plot, keine Stars. Dennoch entläßt uns dieser Film vergnügt grinsend aus dem Kino.
Der Mann Tobt. Gerade ist er mit dem Taxi vor dem "International Inn" vorgefahren, einen großen, braunen Briefumschlag in der Hand, da tritt er schon gegen das Auto und drischt auf den wütenden Fahrer und einen hinzugeeilten Kollegen ein.
Beim Stichwort Miss-Wahl fällt Berlinern allenfalls Rolf Eden ein, der seit Jahrzehnten unerschütterlich Misses (Missen? Oder gar: Misss?
"Jawoll", ruft der Kommissar zackig, erhebt sich vom Schreibtischstuhl und legt die linke Hand an die Hosennaht. In der rechten hält er den Telefonhörer, in den er jetzt noch "Zu Befehl, Herr Hauptkommissar" hineinbrüllt.
Schön, wenn das Kino mal Menschen weit über 35 eine Liebesgeschichte gönnt, eine verhalten-vernünftige, die vermutlich lange dauern wird: In Silvio Soldinis zarter, klischeefreier Komödie Brot und Tulpen gibt es kein rauschhaftes Verliebtsein und keine wahnsinnige Leidenschaft, aber einen liebevoll gedeckten Frühstückstisch und sorgfältige Blumenarrangements. Auch gut, oder?