Der Mann hat wenig geschlafen, und man sieht es ihm an. Die ersten Nachrichten des Tages hatten sich mit ihm beschäftigt.
Jürgen Zurheide
Erst schüttelt Helmut Reul den Kopf, dann verdreht er die Augen und schließlich hebt er die Hände, als wenn er irgendeinen Angriff abwehren wollte. "Nein, das kann ich mir nicht vorstellen", sagt er schließlich und wiederholt dieses "Nein" in kurzen Abständen gleich mehrfach.
Jürgen Möllemann setzt wieder einmal auf das kurze Gedächtnis seiner möglichen Wähler. Seit Monaten lockt er politische Freunde und solche, die es werden wollen, nach Düsseldorf.
Die vielen Kameraleute warteten mehr als eine halbe Stunde vergeblich. Doch die Pilotenwitwe ist schon viel früher durch einen Hintereingang in den Landtag geführt worden, und auch den Verhandlungssaal betritt sie unbemerkt, weil eigens für sie eine Fluchttür geöffnet worden ist.
Laurenz Meyer steigerte sich von Satz zu Satz. Als er über Johannes Rau sprach, blieb er noch zurückhaltend.
Mit Spitzenpolitikern unter Druck hat Dieter Irsfeld ausführlich Erfahrungen gesammelt. Der Bonner Oberstaatsanwalt, der nun gegen Helmut Kohl wegen "Untreue zum Nachteil der CDU-Bundespartei" ermittelt, hat auch gelernt, sich gegen gezielte Provokationen zur Wehr zu setzen.
Kurz vor dem Ende der ersten Septemberwoche 1996 gab es im Beraterstab der Deutschen Bank einen Fehlalarm. Die Manager waren aufgeschreckt, weil sie davon gehört hatten, dass die Steuerfahndung in Düsseldorf für die Nacht vom 2.
Heinz Schleußer genoß seinen Triumph still, als er am Mittwoch die neuesten Nachrichten aus dem Kölner Gerichtssaal hörte. Sein Anwalt Winfried Seibert hatte sich soeben mit "Focus" geeinigt, das Nachrichtenmagazin verpflichtete sich, verschiedene Geschichten über die Gratis-Flüge des Düsseldorfer Finanzministers nicht mehr zu verbreiten.
Michael Breuer brach mitten im Satz ab, holte erneut Luft und begann noch einmal von vorne. "Wir haben Herrn Rau aufgefordert", hatte er beim ersten Anlauf gesagt und sich dann korrigiert.
Johannes Rau war einverstanden. Wolfgang Clement hatte gerade mit ihm über die jüngsten Veröffentlichungen des Wochenendes gesprochen und für sich einen Entschluß gefaßt.
Finanzminister Heinz Schleußer saß regungslos da. Der CDU-Landtagspräsident hatte soeben "vor allem die Mitglieder auf der rechten Seite des hohen Hauses", also seine Parteifreunde, gebeten, doch etwas ruhiger zuzuhören.
Die Stimmung in der Düsseldorfer Landeszentrale der PDS war mehr als gut, als die Nachricht aus dem Hochsauerlandkreis kam. "Wir haben dort unser erstes Mitglied aufgenommen", freute sich Knud Vöcking, als er den entscheidenden Anruf erhielt.
Mit einem Mal war sich Laurenz Meyer seiner Sache nicht mehr sicher. Mit unschuldiger Miene hatte der Düsseldorfer CDU-Fraktionschef soeben noch davon gesprochen, dass man den nordrhein-westfälischen Finanzminister Heinz Schleußer "natürlich" nicht vorverurteile (gleichwohl aber etliche Fragen zu dessen Flügen mit Hilfe der West LB so gestellt, dass genau dieser Eindruck entstehen konnte).
Franz Müntefering hat alle möglichen Informanten einzeln vergattert. "Haltet den Mund", gab der SPD-Chef an Rhein und Ruhr den Mitgliedern jener Kontrollkommission mit auf den Weg, die sich seit einigen Wochen durch alte Aktenberge wühlt, um unter anderem die Ausgaben der Landespartei für den Wahlkampf 1990 noch einmal zu durchleuchten.
Die Beweislage war nicht eindeutig - die Urteile sind es um so mehr. Erleichtert, sagt Laurette Nivel, ist sie trotzdem nicht.
Die Plädoyers sind beendet, der Tatbeitrag der Angeklagten nur schwer zu beweisenJürgen Zurheide Rudolf Esders legt den Kopf mal wieder in die rechte Hand. Für einen Moment scheint der Vorsitzende Richter sogar die Augen zu schließen.
Eigentlich dachte Rolf Bietmann, die Sache sei aus der Welt und er könne beruhigt in den Herbsturlaub fahren. Doch als der Kölner Anwalt und CDU-Fraktionschef jetzt frisch erholt zurückkam, waren die Gerüchte wieder da, und diesmal waren sie ausgeschmückt mit ein paar prekären Details.
Peer Steinbrück kochte vor Wut. Der Düsseldorfer Verkehrsminister hatte soeben erfahren, was der scheidende Berliner Amtskollege Franz Müntefering ihm als Abschiedsgeschenk zu hinterlassen beabsichtigte.
Wolfgang Clement war kaum zu bremsen. Seit er am Wochenende weitere Passagen aus Oskar Lafontaines Buch gelesen hat, zieht er die Mundwinkel zusammen, wenn er nach seiner Einschätzung gefragt wird.
Sein Name taucht an keiner Stelle auf, aber jeder weiß, wer gemeint ist: Gerhard Schröder. "Unsere Politik kann nur erfolgreich sein", formulieren die nordrhein-westfälischen Genossen in ihrem Leitantrag für den Bundesparteitag im Dezember,"wenn sie gut gemacht ist".
Hatte der Kandidat bei diesem einen Satz gelächelt? "Tagsüber verbringe ich mehr Zeit mit Frau Lütkes als mit meiner Frau", hatte Harry Blum soeben einem Reporter anvertraut und seiner Konkurrentin dabei einen Blick zugeworfen.
Der Brief trug keinen Absender. Trotzdem landete er schnell auf dem Tisch von Veba-Chef Ulrich Hartmann, und der erkannte rasch die Brisanz.
Wolfgang Clement verfolgte die Debatte schweigend. Sowohl im Präsidium wie im Parteirat mühten sich die Debattenredner, das Desaster der letzten Wahlen zu analysieren, ohne dass irgendein neuer Gedanke aufgetaucht ist.
Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) hat Mühe, mit seiner Stimme durchzudringen. Hinter ihm, auf dem Bonner Marktplatz, kreischen die Obsthändler die letzten Ramschpreise für übriggebliebene Bananen ins Volk, und die Menschen vor ihm tratschen lieber als zuzuhören.