Fritz Schramma hielt die Kameras fest im Blick. Er hatte sich soeben öffentlich über sein gutes Ergebnis beim ersten Wahlgang für das Kölner Oberbürgermeisteramt gefreut und verließ die Bühne, als seine grüne Mitbewerberin Barbara Moritz an die Mikrofone drängte.
Jürgen Zurheide
Jürgen Möllemann arbeitete zielstrebig auf diesen Punkt zu. Er sprach von den veränderten Bedürfnissen der Konsumenten, erinnerte daran, dass viele nach Ladenschluss einfach ihren Computer anschalten und dann eben per Leitung alle möglichen Dinge bestellen.
Es dauert nur einige wenige Sätze und der Herr Bürgermeister verfällt in seinen rheinischen Tonfall. Obwohl er vorn im Ratssaal auf dem leicht erhöhten Platz des Versammlungsleiters sitzt und sich die Anwesenden für die Ehrung von zahlreichen Spielplatzpaten versammelt haben, hat er hörbare Freude daran, ständig von "Pänz" oder von "Veedel" zu reden; also von den Kindern, die in ihren Stadtvierteln so schön spielen können, weil es Menschen gibt, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich um die Spielplätze kümmern.
Gegen 13 Uhr zeigte auch der Redner Anzeichen von Erschöpfung. Er wartete den langsam tröpfelnden Beifall der beiden Regierungsfraktion nicht ab, ging zu seinem Sitzplatz und tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn.
In der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, die derzeit die Aussichten eines NPD-Verbotsantrages prüft, gibt es nach Angaben aus Teilnehmerkreisen deutliche Vorbehalte gegen einen solchen Antrag. Verfassungsrechtler und Verfassungsschützer warnten aus unterschiedlichen Gründen vor einem solchen Schritt, hieß es am Donnerstag.
Dem einen oder anderen war die leichte Nervosität Franz Münteferings nicht verborgen geblieben. "Wir sind doch gut über den Sommer gekommen", malte der SPD-General die Lage seiner Partei in den schönsten Farben.
Die Grünen waren schon vor einigen Wochen auf Distanz gegangen. "Das müssen die Sozialdemokraten mit sich ausmachen", hatte die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann den Genossen zugerufen, die die Zeichen der Zeit allerdings noch nicht erhören wollten.
Der Herr Professor treibt die Analyse zum Kern vor. Er spricht von Integrations- und Desintegrationsprozessen und warnt davor, sich mit der Diskussion über ein NPD-Verbot in eine Entlastungsfalle hineinzumanövrieren.
Bärbel Höhn dürfte sich wundern. Wenn sie morgen Abend, nach der Rückkehr aus ihrem Urlaub, in der Homepage ihres eigenen Umweltministeriums blättern sollte, wird sie auf jede Menge Protestmeldungen stoßen.
Der Moderator bemüht sich redlich. Mal erzählt er mit ergreifenden Worten, wie sehr sich die Straßenkinder in Delhi über die Hilfe aus Deutschland freuen, dann schildert er Beispiele für das Engagement der Kirchen in Südamerika, wo die Lage für die meisten jungen Bewohner nicht wesentlich besser als in Asien ist.
In einem Punkt dürfte sich Wolfgang Clement irren. "Wenn wir so weitermachen", frohlockte der Düsseldorfer Regierungschef schon beim Frühstück, "dann kommt der Möllemann zwei Tage eher aus seinem Urlaub zurück.
Oskar Lafontaine versuchte es immer wieder. Die Konjunktur lahme, analysierte der SPD-Chef, und in dieser Situation müsse der Staat eingreifen, auch um die Preis höherer Schulden.
Der Mann hält die drei Seiten in der Hand und schüttelt immer wieder den Kopf. "Das kann doch nicht sein", sagt er und verspricht sofort, mit seinem zuständigen Dezernenten zu reden.
Das Ereignis liegt jetzt schon mehr als zwei Stunden hinter ihm, aber so ganz verarbeitet hat er es noch nicht. Jürgen Möllemann läßt sich in einen der schweren Sessel im Foyer des Düsseldorfer Landtages fallen, sein Gesichtsausdruck wirkt etwas weniger heiter, als das in den vergangenen Wochen der Fall gewesen ist.
Wolfgang Clement gießt noch einen kräftigen Schuss Wasser in den ohnehin dünnen grünen Wein. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen versichert beim SPD-Parteitag zwar, er wolle den Koalitionsvertrag "unzweideutig für volle fünf Jahre" abschließen.
Die Sätze treffen den Mann wie Keulenschläge. Je länger er Jürgen Möllemann zuhört, um so verzweifelter sucht sein Blick Halt im Raum.
Wolfgang Clement antwortete nur mit zwei Worten. "Dummes Zeug", sagte der Düsseldorfer Regierungschef, als er nach Gerüchten über Abweichler in den eigenen Reihen bei seiner Wiederwahl am 21.
Die Nachricht erreichte Bärbel Höhn kurz vor ihrem gemeinsamen Auftritt mit Wolfgang Clement. Während die Kameraleute ihre Arbeitsgeräte präparierten, hörte sie die Neuigkeiten aus Bonn.
Wolfgang Clement blickte etwas gequält. Dieses Mal traf seine Missachtung allerdings nicht Bärbel Höhn, sondern die Parteifreundin Ilse Brusis.
Der Mann sagte den Satz beiläufig. So beiläufig, dass fast unterging, wie viel Drohpotenzial in seiner Aussage steckt.
Edgar Moron schüttelt immer wieder den Kopf. "Nein", schimpft der neue SPD-Fraktionschef in Düsseldorf, als er die vielen Überschriften liest, die von einer bevorstehenden Einigung zwischen Rot und Grün künden: "So weit sind wir längst nicht.
Als Wolfgang Clement unlängst im Linienjet zu fliegen hatte, saß Wolfgang Erbslöh neben ihm in der Reihe. Erbslöh ist Geschäftsführer der Schokoladenfabrik Storck aus dem westfälischen Halle.
Der Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann war es schon während ihres kleinen Vortrages aufgefallen. Wolfgang Clement hatte interessiert zugehört, sich hin und wieder Notizen gemacht.
Jürgen Möllemanns Gesicht ließ keinen Zweifel zu. "Ja, natürlich", antwortete er in der Pose des Staatsmannes, "wir bereiten uns intensiv auf die Regierungsbeteiligung vor.