Es hätte ein Anlass zu größtem Jubel sein sollen - doch die Freude fiel sehr verhalten aus. Schon auf dem Weg zum Siegerpodest erfuhr Michael Schumacher, dass sein Erfolg beim Großen Preis von Australien in Melbourne vom Tod eines Streckenposten überschattet wurde.
Karin Sturm
Die Schatten, die schon Michael Schumachers Sieg in Monza 2000 begleiteten, kamen beim Saisonauftakt 2001 in Melbourne zurück: Wieder gab es eine Kollision, bei der durch die Luft fliegende Fahrzeugteile einen Streckenposten tödlich trafen und sieben andere Posten und Zuschauer verletzten. Jacques Villeneuve im BAR-Honda war in der fünften Runde bei über Tempo 300 vor der Kurve drei auf Ralf Schumachers BMW-Williams aufgefahren, hoch aufgestiegen und über 200 Meter weit geflogen, eher er mit seinem sich bereits in alle möglichen Einzelteile auflösenden Auto in eine Mauer einschlug.
Schon wieder Melbourne. Beim Großen Preis von Australien drückt Michael Schumacher offenbar besonders wagemutig aufs Gaspedal.
Acht Monate, 17 Rennen, ein Weltmeister Michael Schumacher, nur vier verschiedene Sieger, Überraschungen, Enttäuschungen, Gewinner und Verlierer - die Bilanz der Formel-1-Saison 2000Fahrer des Jahres ist Michael Schumacher: Neun Siege, neun Polepositions und der dritte WM-Titel - das spricht für sich. Mika Häkkinen stand dem Weltmeister allerdings kaum nach.
Michael Schumacher weiß genau, was er im Winter tun wird: "Ab Anfang November gehe ich für drei Monate in den Ruhestand." Zunächst steht noch eine Operation an, bei der er sich einen Nagel aus dem Bein entfernen lässt - Erinnerung an den Unfall 1999 in Silverstone.
Zum erstenmal seit 1995 wurde die Formel-1-WM-Entscheidung nicht bis zum letzten Rennen vertagt - und Michael Schumacher kann sich rühmen, beide Male der Protagonist gewesen zu sein, der sich den Titel vorzeitig sicherte. Aber nicht nur er gehört zu den Gewinnern nach dem Großen Preis in Suzuka.
Michael Schumacher soll zwar in diesem Jahr Weltmeister werden - aber möglichst noch nicht in Japan. Jedenfalls, wenn es nach den Plänen des immer als allmächtig bezeichneten Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone geht.
Jody Scheckter war der letzte Formel-1-Weltmeister für Ferrari. 1979, vor 21 Jahren .
Es gibt Augenblicke, da hassen es auch Journalisten, Fragen stellen zu müssen. Oder auch nur die Vorstellung davon nervt sie bereits.
"Wer seid ihr denn?" Diese Frage mussten sich einige McLaren-Teammitglieder in ihren Ausgehuniformen auf dem Weg nach Indianapolis von amerikanischen Mitpassagieren gefallen lassen.
Hängende Schultern, der Schritt nicht so energisch wie üblich, eher verhalten, die Miene nachdenklich, ein Lächeln, wenn überhaupt, dann eher gequält: Michael Schumacher in Belgien. Nicht direkt nach dem Rennen, noch aufgeputscht vom Zweikampf mit Mika Häkkinen, aber vor allem später, gegen Ende der Pressekonferenz, dann im Fahrerlager.
Bis vier Runden vor Schluss konnte Michael Schumacher vom fünften Sieg in Spa-Francorchamps und der erneuten WM-Führung träumen - dann wurde er von Mika Häkkinen auf den Boden der Realität zurückgeholt: Mit einem Überholmanöver, das selbst Schumacher später als "sensationell, für mich überraschend und absolute Klasse" bezeichnete, presste sich der Finne an dem Kerpener vorbei und gewann damit noch einen Grand Prix, den er schon fast verloren zu haben schien. Häkkinen hat damit sechs Punkte Vorsprung in der WM auf Schumacher, der aber noch nicht aufgibt: "Wir sind im Moment ein bisschen zu langsam, aber in vier Rennen kann noch viel passieren.
"Ich weiß genau, was ihr jetzt alle denkt", sagte Gerhard Berger in die Runde, "und manchmal denken wir genau dasselbe, oder?", fügte er mit kurzem Seitenblick auf den Teamchef Frank Williams hinzu.
Auf eines hofft Michael Schumacher ganz besonders: an diesem Sonntag um 14 Uhr in Spa-Francorchamps beim dreizehnten Rennen um die Formel-1-Weltmeisterschaft endlich einmal wieder optimal vom Start eines Grand Prix wegzukommen. Denn zuletzt waren seine Starts nicht begeisternd.
Ein Satz von Michael Schumacher charakterisierte die Stimmung bei Ferrari nach dem Großen Preis von Ungarn am besten. "Wenn wir so weitermachen, dann habe ich keine Chance", sagte Schumacher ein einziges Mal - zwischen vielen Versuchen, weiter Optimismus und Zuversicht zu verbreiten.
Es war ein gewaltiger Schritt, als die Formel 1 vor vielen Jahren zum ersten WM-Lauf nach Budapest ging. Heute ist die Reise nach Ungarn so wie jede andere zu einem Grand Prix - es ist nur noch eines von 17 Rennen im Formel-1-Kalender.
Es kommt ja nicht oft vor, dass Michael Schumacher und der oberste Ferrari-Boss Luca di Montezemolo nicht einer Meinung sind. Im Moment könnte der naive Beobachter fast den Eindruck gewinnen, diese Situation sei eingetreten.
Schumacher? Coulthard?
Über eines dürfen sich die deutschen Formel-1-Fans nach Michael Schumachers Sieg beim Kanada-Grand-Prix in Montreal schon jetzt freuen: Der zweifache Weltmeister wird auf jeden Fall als WM-Führender am letzten Juli-Wochenende zum Grand Prix von Deutschland nach Hockenheim kommen. 22 Punkte Vorsprung auf David Coulthard, 24 auf Mika Häkkinen - das ist für die McLaren-Fahrer in den nächsten beiden Rennen in Magny Cours und Zeltweg nicht mehr aufzuholen.
Eine Panne macht noch keinen Verlierer und eine ganze Pannenserie noch keinen unzufriedenen Michael Schumacher. Der Mann im roten Ferrari steckte die Anhäufung von Missgeschicken beim Großen Preis von Spanien in Barcelona gelassen weg.
Umgeben von Kameras und Mikrofonen, Hauptpersonen auf den Werbeplakaten für den Grand Prix, gesucht und umlagert von den Fans - für viele Formel-1-Piloten ein normales Bild. Nicht der Rede wert also?
1,59 m groß, 49 kg leicht, frecher, kurzer Pferdeschwanz und meist ein fröhlicher Blick, wenn sie Tag für Tag durch die Bremer Stadthalle spaziert. Optisch ist sie fast noch ein Kind, aber im Gespräch schon wie eine Erwachsene, auch wenn sie viel lieber noch geduzt werden will, "das Sie kommt mir immer so komisch vor".
Jan-Ove Waldner riss die Faust hoch. Jörg Roßkopf ging achselzuckend zur deutschen Bank zurück.
Michael Schumacher und Silverstone - da werden Erinnerungen wach, Erinnerungen an einen Ferrari, der nahezu ungebremst in einen Reifenstapel raste und - für Augenzeugen war das wie ein Wunder - mit Beinbrüchen davonkam. Das war 1999 beim Großen Preis von England.