In seiner ersten Regierungserklärung hat der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust weitgehende Privatisierungen angekündigt. Es werde "einen Rückzug des Staates auf den gesetzlich vorgeschriebenen und unbedingt notwendigen Kernbereich" geben, sagte der CDU-Politiker laut Redemanuskript am Mittwoch vor der Bürgerschaft.
Mirko Weber
Der Hauptangeklagte hat nicht vor, anzureisen. Der Waffenhändler Karlheinz Schreiber bleibt im sicheren Kanada.
Horch, wie der von draußen rein kommt! Ein paar Celloclusterklänge wehen dem Mann voraus, der enge schwarze Rock fliegt weit auf.
Wunderbar ist die Welt. Wo man hinschaut, ein Stückchen Blau.
Dass auch ja alle sich durch vier schöne, lange Akte Beaumarchais, da Ponte und Mozart hindurch finden, wird die von Regisseur Nigel Lowery zu verhandelnde Sache in der Stuttgarter Staatsoper von Anfang an auf den Strichpunkt gebracht: Ein Vorhang, drei Figuren: Blaumännchen (ausgestreckte Arme, Schürzenmädchen (ausgestreckte Arme), dazwischen ein Rotrock (massig in der Mitte). Man sieht es schon: Graf Almaviva fühlt sich zum weiblichen Personal hingezogen, aber gleich hört man nachdrücklich in der Musik, dass dies jetzt alles nicht mehr so einwandfrei über die Bühne zu bringen sein wird wie früher, als die Revolution fern war und der Chef sich raus nehmen konnte, was er wollte.
Nun also Schwamm drüber. Es scheint wirklich nicht mehr der leiseste Anflug von Beleidigtsein vorhanden zu sein, weil der andere (Frank Baumbauer, vormals Deutsches Schauspielhaus, Hamburg) geworden ist, was der eine (Dieter Dorn, vormals Kammerspiele, München) gerne auf ewig geblieben wäre.
23 Jahre als Chefredakteur an der Spitze, insgesamt 37 Jahre beim CSU-Parteiblatt: Wilfried Scharnagl personifizierte den "Bayernkurier". Künftig macht er irgendetwas bei der Kirch-Gruppe.
Helmstedt ist wirklich nicht so bekannt. Liegt östlich von Braunschweig, war früher Grenzübergangsstadt zur DDR.
"Glei kimmt er, Mama!", heißt es auf dem Münchner Marienplatz, wenn der Sensemann sich zum Glockenspiel des Rathauses dreht.
Der Umbau der Münchner Kammerspiele an der Maximilianstraße wird noch einmal teurer und soll mit insgesamt 190 Millionen Mark mehr knapp 50 Millionen mehr kosten als ursprünglich geplant. Es hat sich herausgestellt, dass die alten Wände eigentlich nur aus Tapeten bestehen.
Der Schriftsteller Saul Bellow hat jüngst festgestellt, dass die Zulus bis heute noch keinen Tolstoi hervorgebracht haben. Man hätte ihn für feiner gehalten, aber seine Bemerkung fügt sich ins überhebliche Selbstbild der westlichen Welt, wo außer Europa und Amerika nicht viel gelten darf.
Man glaubt heute gar nicht mehr, dass ein loses Stück Papier im Bilderzeitalter noch groß etwas auslösen könnte. Abgehörte Telefongespräche, gelöschte Festplatten, gut - aber ein Brief?
Wenn sie irgendwann die alte Umhängetasche noch findet und die Kamera darin, wird Elisabetta gewiss die Aufnahmen entwickeln lassen, die sie damals im Wald von Fontainebleau gemacht hat, als sie sich auf der Flucht verirrt hatte: und jung war und unschuldig und verliebt in einen spanischen Prinzen. Doch Don Carlo, eben dieser Prinz, ist tot, und das Letzte, was er der Frau hat sagen können, die seinen Vater hatte heiraten müssen, offenbart die Katastrophe in diesem Stück.
Von Bayerns Gesundheitsministerin Barbara Stamm (CSU) wird heute in der Kabinettssitzung die Vorlage einer Dokumentation zum neuen Schweinemastskandal erwartet. Es dürfte der durch die BSE-Krise schon geschwächten Ministerin nicht leicht fallen abzustreiten, dass ihr Ministerium mehr über die neuen Vorfälle hätte wissen können, wenn es nur gewollt hätte.
Schon wenn man sie in den letzten Wochen so angeschaut hat, waren die Ähnlichkeiten zwischen den Pärchen Fischer/Funke und Stamm/Miller nicht zu übersehen. Die einen wie die anderen, ob Mitglieder der Bundes- oder der bayerischen Regierung: Da arbeiteten sich zwei müde Menschen aneinander ab.
So einfach lässt man sich in Bayern den Schwarzen Peter nicht zuschieben. Von wegen fahrlässig gehandelt, von wegen Rücktritt.
In Sebastian Haffners nachgelassenen Erinnerungen aus den Jahren 1914-1933, die vor ein paar Monaten unter dem Titel "Geschichte eines Deutschen" erschienen sind, gibt es viele Stellen, an denen aus der Geschichte auf einmal eine Geschichte wird. Eine der eindrücklichsten Schilderungen ergibt sich aus einer Situation, die in tausend anderen Büchern auch berichtet worden ist, aber eben nicht: erzählt.
Franz Beckenbauer hatte sich den Terroristen seiner Träume ganz anders vorgestellt und schon gar nicht mit dessen Auftritt bei der jüngsten Anhörung zum Umbau des Münchner Olympiastadions gerechnet - weshalb im Rathaus der Landeshauptstadt zunächst gar kein Vertreter des FC Bayern erschienen war. Manfred Sabatke aber, ein freundlicher Mann vom Stuttgarter Architektenbüro Günter Behnisch, der detailliert über den geplanten Umbau des Stadions in eine das Oval zum Rechteck stauchende Fußballarena Auskunft geben sollte, ließ bei seinem Vortrag keinen Stein mehr auf dem anderen.
Das Buch wiegt schwer in der Hand, aber man legt es nicht leicht wieder weg. Der Schriftsteller Reinhard Kaiser erzählt bei der Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises in der Münchner Universität eine lange Geschichte dazu.
Ein toller Tag damals, Ende August 1972, als Kurt Edelhagen in München vor seiner Big-Band stand und mit dem Finger schnippte. Die Olympischen Spiele wurden eröffnet, der Himmel war geradezu unverschämt blau, und die Bundesrepublik Deutschland swingte.
Es war einmal ein großer Bahnhof, wie er im Buche steht, mit einer Anzeigentafel, einem Kiosk und einer Bank. Er stand im neuen Probengebäude der Münchner Kammerspiele, auf einer Bühne hoch und breit wie das Original, das an der Maximilianstraße noch zwei Jahre im Umbau ist.
Der "Ring"? Ist er nicht gerade erst zu Ende gegangen, vorvorgestern in Stuttgart und vorgestern in Bayreuth?
Wer mich nicht liebt, der darf mich auch nicht beurteilen, hat Goethe gesagt, und es war ihm ernst damit. Auch Martin Walser war es ernst, als er über Goethes Satz 1985 in der "New York Times Book Review" schrieb, man möchte so etwas "jede Woche in jeder Zeitung auf der ersten Seite lesen".
Wie war noch der Satz? Lang jedenfalls, und deshalb ist es gut, daß er festgemauert in der Erden steht, auf einer Sandsteintafel von fast alttestamentarischem Ausmaß am Treppenaufgang des Baden-Badener Festspielhauses: "Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen.