Manchmal könnte man auf den Gedanken kommen, die Geschichte der Verfolgung Andersdenkender und Andersseiender im Dritten Reich sei hinlänglich bekannt, man wisse nun alles über die Täter, die Opfer und die Methoden. Und dann entdeckt man plötzlich ein fehlendes Detail im eigenen Geschichtsbau und muss die ganze Konstruktion neu schaffen.
Philipp Lichterbeck
Kubanisch Rauchen geht so: Zigarette stets senkrecht halten, bei jedem Zug den Kopf in den Nacken legen, genüsslich den Rauch gen Himmel blasen, unter keinen Umständen (!) abaschen.
Die aus Mexiko stammende Sopranistin Erika Rojo schließt die Augen, senkt den Kopf, fasst sich mit den Händen an die Brust über dem Herzen; dann hebt sie entschieden den Blick gen Scheinwerferhimmel, öffnet in einer großzügigen Geste die Arme und gibt endlich ihre Stimme frei, die sich wie warmer Regen ins Bellevue ergießt, den Zuschauerraum zu füllen beginnt, ihn flutet und am Ende zu sprengen droht, denn für solch ein Stimmvolumen ist die Kleinkunstbühne nicht ausgelegt. In Mexiko-City klassisch ausgebildet, hat Erika Rojo nach zahlreichen Engagements in New York nun in Berlin das mexikanische Kunstlied für sich entdeckt.
Alexander von Humboldt nahm kein Blatt vor den Mund, als er vor zweihundert Jahren auf der Sklaveninsel Kuba Station machte: "Was ein einzelner Plantagenbesitzer verschwelgt, davon können hundert Sklaven leben!", wetterte er und verkündete, "alle Menschen sind gleichmäßig zur Freiheit bestimmt".