Um Würde geht es, mögen die Dinge noch so beschwerlich sein
Tatjana Wulfert

Es war nicht so, dass sie ein schlechtes Leben in der DDR gelebt hatte. Aber irgendwann reichte es dann doch.

Wir unterscheiden uns in manchem, in vielem aber eben nicht
Und jeder gärtnert auf seine Weise
„Ich kenn nit gloiben, dos wos ich hob alles iberlebt“

Die Genossen kannten sich nicht aus, jedenfalls nicht im Jazz. Ronald Mooshammer schon. Er schmuggelte nachts Westplatten in den Osten. Er wollte Frank Zappa sehen und organisierte zehn Jahre lang ein Jazzfest.
„Los, die Sonne scheint, wir unternehmen was“
Die Flucht im Bollerwagen, falsche Fettaugen für die Yachtbesitzer, Howard-Carpendale-Konzerte und ein erstaunlicher Kurierauftrag. Der Nachruf auf ein Leben ohne Saus und Braus
Schließlich lockerte er den allzu straff gezogenen Lebensfaden
„Ich spreche Sie doch auch nicht auf Adolf Hitler an“

Wenn sie einfach fortlief, stieß sie Leute vor den Kopf. Ein Leben mit klarer Struktur, war nicht das ihre. Stattdessen eine Kreisbewegung aus Sehnsucht und Aufbruch. Ein Radunfall unterbrach die Suche nach dem Selbst.
Es könnte immer zu spät sein. Er weiß das ganz genau
„Du bist zwei Jahrhunderte zu spät geboren“
Sie, die Eltern und die beiden Brüder, das waren „Die fünf Oscaris“, Artisten, die im Wintergarten und im Circus Krone auftraten. Nach dem Krieg spielte sie Akkordeon und schneiderte Mäntel. Mit 70 wurde sie noch Masseurin. Der Nachruf auf eine Frau in Bewegung
Ein flirrender Geist auf festem Grund

Ein hagerer Junge in zerlumpten Kleidern in der iranischen Provinz hatte Glück, das Glück der Bildung. Sie brachte ihn in eine andere Welt. Er wurde Arzt. Und nähte in Berlin einem Kind den abgetrennten Arm wieder an, die erste derartige Operation in Deutschland
Die lateinamerikanische Literatur las sie erst in Deutschland
Aber über die Jahre verging er nie ganz, der stechende Schmerz

Ruhig und vorgezeichnet war sein Lebensweg, ab und an nur etwas Exotik. Ein Nachruf auf einen Mann, der Rad fuhr, im Verein arbeitet - und sich auf die Warteliste für eine Mondreise setzen ließ.
Kein Mann im roten Mantel. Nirgends
Wenn andere Verbotenes probierten, behielt er den klaren Kopf

Sie leitete die Telefonzentrale im Springer-Verlag, schwatzte ein bisschen mit Rex Gildo, wenn der für ein Interview vorbeischaute und fuhr 1968, wenn die Studenten demonstrierten, lieber mit dem Taxi nach Hause.
Dabei hatte sie sich nie sonderlich für ihr Jüdischsein interessiert
Ihrem Antrag wurde stattgegeben, sie durfte bei den Briten arbeiten