Noch ist die Tinte unter dem Koalitionsvertrag nicht trocken, da machen schon zwei Vorwürfe an die neue Regierung die Runde. Die Rede geht vom lustlosen Beginn, vom Fehlen eines Projekts, einer Vision, und von der Umverteilung von unten nach oben.
Alexander Gauland
Über den gesellschaftlichen Nutzen und praktischen Wert dieser Regierung werden nicht Angela Merkel oder gar Guido Westerwelle, sondern der Finanzminister entscheiden. Wolfgang Schäuble ist der bürgerliche Projektmanager, und von ihm wird abhängen, wie schnell sich Enttäuschung im bürgerlichen Lager breitmacht.
Man muss nicht jede Formulierung, die Thilo Sarrazin in seinem Interview mit „Lettre International“ entschlüpft ist, für richtig halten, um die offiziellen Reaktionen darauf zu beklagen. Da werden sämtliche Folterinstrumente gegen die politische Inkorrektheit gezeigt und angewendet.
Wir sollten die Realität nicht aus politischer Korrektheit ausblenden. Mindestens die Hälfte der Deutschen ist nach einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Emnid der gleichen Meinung wie Sarrazin.
Dass es in Thüringen schwer werden würde, war abzusehen. Und das liegt nicht nur an der persönlichen Unverträglichkeit der beiden Spitzenkandidaten Bodo Ramelow und Christoph Matschie.
Vom Koch und Kellner: Rot-Rot hilft der SPD nur, wenn sie dabei der Chef ist
Es stimmt, das große Duell war langweilig, ein Duett mehr als ein Duell. Doch schuld daran waren nicht die beiden Protagonisten, schuld daran waren falsche Erwartungen und ein Medienhype ohne Sinn und Verstand.
Was Opposition und Medien ständig einfordern, den aggressiven und stimmungsvollen Wahlkampf, das ist den Wählern ein Graus.
Frau Merkel hat recht: Die Bundestagswahl wird anders ausgehen und eine Vorentscheidung waren diese drei Landtagswahlen nicht. Wie auch, bei so unterschiedlichen Ergebnissen.
Die Republik hat sich mental nach links geneigt, meint Alexander Gauland. Merkel werde gewinnen, weil die sozialdemokratischen Versuche sie als neoliberal darzustellen, ins Leere laufen müssen.
Man fasst es nicht. Da hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil gesprochen, das wie viele Urteile umstritten ist.
Falscher Furor nach dem Urteil zum EU-Vertrag: Das Bundesverfassungsgericht hat den Politikern einen Weg zum europäischen Bundesstaat offengelassen – den Weg eines demokratischen Neuanfangs und einer offenen, ehrlichen Verfassungsdiskussion.
Von Otto von Bismarck stammt die Beobachtung, dass historische Momente nicht ewig dauern und das Fenster der Gelegenheit sich ebenso schnell wieder schließt wie es sich überraschend geöffnet hat. Wer die Chance hatte, den arroganten Auftritt des Deutsche- Bank-Chefs vor dem Hypo-Real- Estate-Untersuchungsausschuss zu beobachten, oder die Mühen verfolgt, mit denen der angeschlagene schleswig-holsteinische Regierungschef versucht, einen erfolglosen Manager seiner HSH- Nordbank von fetten Boni abzubringen, weiß, dass das Fenster der Gelegenheit, eine Wiederholung der Finanzkrise mit gesetzgeberischen Mitteln zu verhindern, allenfalls noch einen Spalt breit offen steht.
Von Einsicht ist bei den Bankern nichts zu spüren: Bei ihnen herrscht systemrelevanter Zynismus
Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Nun kommen auch Frau Schavan Bedenken, ob die für die Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen nach dem Bologna-Prozess keineswegs notwendige Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen der Weisheit letzter Schluss war. Es ist wie im Fall der globalisierten Finanzmärkte: Wenn jemand bis vor kurzem das anglo-amerikanische Modell in der Wissenschaft wie in der Volkswirtschaft zu bezweifeln wagte, war er von gestern, ein hoffnungsloser Reaktionär.
Ob Finanzsystem oder Hochschulwesen: Deutschland sollte weniger auf das anglo-amerikanische Modell und mehr auf seine eigenen Traditionen setzen
Man kann es drehen und wenden, wie man will: In Afghanistan herrscht Krieg. Drei deutsche Soldaten haben ihr Leben in einem Einsatz verloren, mit dem angeblich Deutschland am Hindukusch verteidigt wird.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: In Afghanistan herrscht Krieg. Und der Krieg dient US-Interessen.
Man kann es sich einfach machen und den Wählern die Schuld in die Schuhe schieben. Sie haben eben die Bedeutung Brüssels und den Stellenwert des europäischen Parlaments nicht begriffen.
Manchmal bündeln sich tektonische gesellschaftliche Verwerfungen in einem symbolischen Akt, der dann das Maß der Veränderungen oder Zerstörungen aufdeckt. Der Rücktritt oder besser gesagt der Sturz des Speakers, der Verkörperung der Souveränität des britischen Unterhauses, zum ersten Mal seit 1695 ist nicht nur die Folge persönlichen Versagens, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung, die mit Margaret Thatcher begonnen hat.
Die gesellschaftliche Fehlentwicklung hat mit Margaret Thatcher begonnen. Jetzt wird der Preis für ihren neoliberalen Weckruf - es gibt nur den Einzelnen und den Staat - sichtbar.
Ganz gleich, wer künftig Schloss Bellevue bewohnen wird, der alte Hausherr oder eine neue Hausherrin, das Amt des Bundespräsidenten bleibt die am stärksten durch das Erbe von Weimar und den Nationalsozialismus belastete Institution, nach dem die Verfassungsgeber den Bundespräsidenten machtlos wollten und ihm deshalb ganz bewusst die demokratische Legitimation durch die Volkswahl verweigert haben.Die fehlende potestas, so Theodor Eschenburg, sollte durch auctoritas ersetzt werden, er sollte, so Golo Mann, Redner und Erzieher sein, was Dolf Sternberger als präsidiale Handlung interpretierte.