Auf den ersten Blick ist das wirklich eine charmante Lösung. Kaum, dass das wahre Ausmaß des finanziellen Desasters der Bankgesellschaft und des Landes Berlin feststeht, eilt schon die Norddeutsche Landesbank zu Hilfe.
Antje Sirleschtov
Schlechte Nachrichten für Schnäppchenjäger auf dem Gleis: Schon in drei Wochen will die Bahn AG nur noch eine begrenzte Anzahl von Plätzen zum Fahrpreis von 59 Mark zur Verfügung stellen. Wer in Zukunft nachts mit dem Guten-Abend-Ticket preiswert durch Deutschland fahren will, muss sich rechtzeitig für seine Fahrtroute und die Reisezeiten entscheiden.
Man könnte es auch Betrug nennen. Staatsbetrug.
Na bitte: Die Deutschen Verbraucher verhalten sich allen Unkenrufen zum Trotz streng rational. Weil Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) demnächst ein Gesetz zur Einführung eines Pfandes auf Dosen und Einwegflaschen ab Januar 2002 erlassen will, sammelt Deutschland jetzt Blech.
So wünscht man sich das: Die Bundesregierung wird ein neues Atomgesetz einbringen. Der Bundestag wird es beschließen.
Kalifornien im Dunkeln. Für die Europäer war das bis vor kurzem undenkbar.
Es ist wie ein pawlowscher Reflex: Da entscheidet sich die Bahn AG dazu, Zugverbindungen einzustellen - und sofort brandet ein öffentlicher Protest gegen das Unternehmen auf. Abgespeckte Fahrpläne der Bahn, so die Kritiker, werden unweigerlich zu einem schmaleren Verkehrsangebot auf der Schiene, zu noch mehr Staus auf der Straße und noch mehr Umweltverschmutzung führen.
Fischer: Zwei. Scharping: Drei.
Kompromisse haben bekanntermaßen eine angenehme Folge. Zwei, die sich eben noch erbittert stritten, sind auf einmal zu einer Lösung gekommen, die beiden Seiten akzeptabel erscheint.
So wird Umweltpolitik in Deutschland betrieben: Weil die Bundesregierung nicht willens und in der Lage ist, ihre politischen Ziele im Konsens mit der Industrie durchzusetzen, werden die Verbraucher mit Zwangsmaßnahmen bestraft. Von Januar an, droht Umweltminister Jürgen Trittin, müssen die Deutschen ihr gesamtes häusliches Müll-Trennungssystem umkrempeln.
Erst das Stromnetz, dann die Post und das Wasser. Jetzt soll auch noch die Entsorgung Konkurrenz bekommen.
Seit Kurt Bodewig bekannt hat, dass er das Schienennetz aus dem Konzern der Deutschen Bahn AG herauslösen will, wirft man dem Bundesverkehrsminister nicht nur vor, er betreibe den wirtschaftlichen Ruin des Eisenbahnkonzerns. Man beschuldigt ihn sogar, gewissenlos die Gefahr von tragischen Eisenbahnunglücken und steigenden Preisen für die Benutzung der Bahn in Kauf zu nehmen, wenn er dem Wettbewerb auf dem Gleis das Wort redet.
Beim Monopoly ist es üblich, zu zocken, zu tricksen und zu bluffen, was das Zeug hält. Einer wird besonders gerissen sein, er wird die Schlossallee erbeuten und siegreich über alle anderen triumphieren.
Nach dem von heftigen Protesten begleiteten Castor-Transport ist ein grundsätzlicher Streit über die Zukunft der Atomenergie in Deutschland neu entflammt. Vertreter der Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Grüne und SPD warfen am Freitag der Bundesregierung und den Energiekonzernen gleichermaßen vor, den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie nur halbherzig zu betreiben und letztlich zu gefährden.
Wäre Werner Müller ein Unternehmer, könnte man durchaus verstehen, dass er das Briefmonopol der Post AG bis zum Jahr 2007 verlängern will. Schließlich befreit das Postgesetz den bundeseigenen Konzern von jedem Wettbewerbsdruck beim Transport und der Verteilung von Briefen.
Ein Mythos verblasst. Bis zum Wochenende reihte sich Intershop noch in die Gruppe der substanzhaltigen und glaubwürdigen Technologiewerte ein: Die Software-Produkte der Jenaer sind am Markt anerkannt, das Unternehmen darf sich als Nummer Eins unter den Entwicklern von Plattformen für den elektronischen Handel bezeichnen, und selbst die überraschende Gewinnwarnung vom zurückliegenden Jahresende kratzte nicht am seriösen Ruf des Managements.
So also sieht die moderne Bahn aus: "Damit Sie sich in unserem Konzern in Zukunft besser zurechtfinden", schrieb die Kommunikationsabteilung der Deutschen Bahn AG einigen hundert Interessierten vor zwei Wochen überraschend, "übersenden wir Ihnen hier eine umfassende Liste unserer Ansprechpartner." In praktischem Handtaschenformat gedruckt legten die Bahner vom Potsdamer Platz dem freundlichen Schreiben ein zwölfseitiges Heftchen bei, das Telefonnummern und E-mail-Adressen von rund 50 Bahn-Oberen im Konzern übersichtlich auflistete.
Die Deutsche Bahn ohne ihren Chef Hartmut Mehdorn? Beinahe unvorstellbar, dass der Eigentümer des größten deutschen Verkehrsunternehmens - der Bund - nur wenige Tage, nachdem er sich von Aufsichtsratschef Dieter Vogel getrennt hat, jetzt auch noch in einen undiplomatischen Grundsatzstreit mit dem Vorstandschef reinschlittert.
Willi Barz? Wer kennt schon den Gewerkschafter Willi Barz?
Jeder kennt das Kribbeln in der Fußspitze: Da vorn auf dem Gehweg liegt es, das verführerische kleine Blechding. Eben noch hat sich der Besitzer von ihm befreit, da wird es auch schon zum anziehenden Objekt der Rückbesinnung an fröhliche Kindertage.
Die alten Monopolisten mauern noch immer. Ob es Streit um die Kosten für unterirdische Gasspeicher gibt oder über das Handling unterschiedlicher Gasqualitäten: Tatsache ist, dass die Unternehmen der Gaswirtschaft seit fast einem Jahr nicht in der Lage sind, sich untereinander auf ein Regelwerk zu einigen, das Konkurrenten den freien Zugang zu den Kunden ermöglicht.
Der Kanzler hat entschieden: Binnen zwei Monaten muss die deutsche Stromindustrie detailliert nachweisen, wie sie in Zukunft 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr weniger in die Luft pusten will. Gelingt das den Konzernbossen nicht, droht ein Gesetz, das die Deutschen zwingt, einen festgelegten Anteil ihrer Energie aus solchen Kraftwerken, in denen Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt wird, zu kaufen.
Ohne verbindliche Maßnahmen zur Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes geht es nicht. Der Klimakiller Nummer Eins, das ist gewiss, verursacht eine für kommende Generationen gefährliche Erwärmung der Erdatmosphäre.
Irgend jemand hatte den Vorwurf formuliert und die Debatte auch gleich angeheizt: "Der Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital darf nicht aufgehoben werden." Oder wurde die Forderung anders herum erhoben?