Bei neuen Kämpfen in den palästinensischen Autonomiegebieten haben israelische Soldaten auf eine Gruppe von Steine werfenden Kindern gefeuert und fünf verletzt. Ein Junge erlitt einen Kopfschuss.
Charles A. Landsmann
Bei allem Entsetzen über die Opfer und die Zerstörung - waren die Anschläge in New York und Washington nicht auch ein Anlass, innezuhalten und die politischen Strategien zu überdenken? Zum Beispiel im Nahen Osten: War dies nicht die Chance, unter beidseitiger Gesichtswahrung Gespräche über ein Ende der Gewalt zu führen?
Im Nahost-Konflikt zeichnet sich eine Wiederaufnahme des Dialogs ab. Am Sonntag wollen sich offenbar der israelische Außenminister Shimon Peres und Palästinenserpräsident Jassir Arafat in Gaza treffen.
In den Straßen von Kairo mischen sich Entsetzen mit einem gewissen Fatalismus. In Cafes, Läden und Friseur-Salons in Kairo stehen Menschengruppen vor dem Fernseher.
Israels Armee ist aus Beit Jallah abgezogen, von dort wird nicht mehr auf den Jerusalemer Außenbezirk Gilo geschossen. Der zwischen Arafat und Peres mündlich vereinbarte örtliche Waffenstillstand trat mit mehrstündiger Verspätung in Kraft und hält nur vorläufig, ist also alles andere als stabil.
Schluss mit der Schlacht - oder nur eine Pause? Israel und die Palästinenser erzielten am späten Mittwochnachmittag nach heftigen Gefechten eine Übereinkunft über einen örtlichen Waffenstillstand in Beit Jallah und Gilo.
Israel hat sein Vorgehen gegen die Palästinenser weiter ausgeweitet. Panzer rückten in der Nacht zum Dienstag auf palästinensisches Gebiet im Gazastreifen und im Westjordanland ein.
Die Frage ist nicht mehr, wo das von Bundesaußenminister Joschka Fischer arrangierte Treffen zwischen Jassir Arafat und Schimon Peres stattfindet. Vielmehr muss stark daran gezweifelt werden, ob es überhaupt in absehbarer Zeit zustande kommt.
Am Tag danach sieht man die Lage nüchterner. Joschka Fischers Erfolg nimmt sich auch am Mittwoch noch bedeutend aus.
Israel und die Palästinenser stehen unmittelbar vor der Aufnahme von Verhandlungen über einen Waffenstillstand. Doch werden diese Gespräche nicht nur militärische und sicherheitspolitische Aspekte umfassen, sondern durchaus auch politischen Charakter aufweisen - obwohl sich der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon mit aller Macht gegen solche stemmt.
Es war alles andere als ein Überraschungsangriff. Israels Armee und die Massenmedien hatten nach dem Terroranschlag vor einem Café in Kiryat Motzkin mit Berichten über Jenin, das "Gewächshaus für Selbstmord-Attentäter", jedermann auf das Ziel der Militäraktion hingewiesen.
Nach dem Schock die Gegenoffensive: Israels Reaktion auf den jüngsten Terroranschlag in einem Jerusalemer Restaurant hat die Palästinenser überrascht. Regierungschef Ariel Scharon antwortete nicht mit militärischer Eskalation, er schlug politisch hart zurück und schloss das Orienthaus in Ost-Jerusalem, das einen hohen Symbolwert für die Palästinenser hat.
Die israelische Flagge weht über dem Orienthaus. Das politische Hauptquartier der Palästinenser in Ost-Jerusalem hat Israel ebenso geschlossen wie neun weitere offizielle palästinensische Einrichtungen.
Die Worte, die Israels Minister für Innere Sicherheit, Uzi Landau, nach dem Attentat mitten im Zentrum von Jerusalem wählte, waren klar: "Der Anschlag hat sich gegen Mütter, Kinder und Babys gerichtet. Wir werden uns daran gewöhnen müssen".
Palästinenser-Präsident Jassir Arafat trifft Vorbereitungen zur Umbildung seiner heftig kritisierten Regierung: Die Islamisten sollen künftig an der Macht teilhaben. Zumindest versucht Arafat, der als gerissener Taktiker bekannt ist, den Eindruck zu erwecken, dass er eine "Regierung der nationalen Einheit" plant.
Das "Kiriya"-Viertel in Tel Aviv ist das militärische und vielleicht auch das politische Machtzentrum des jüdischen Staates. In diesem von besonders verkehrsreichen Hauptstraßen umschlossenen Dreieck mitten in der Metropole des Landes befinden sich das Armeehauptquartier und das Verteidigungsministerium - aber auch die Dependancen des Amtes des Ministerpräsidenten und aller anderen Ministerien.
Die Strafuntersuchung in Belgien gegen den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon wegen angeblicher Kriegsverbrechen könnte bald Schule machen. Dann müssten zahlreiche ehemalige israelische Generäle und Geheimdienstbosse wohl um die meisten europäischen Staaten einen Umweg machen um zu vermeiden, dass sie vor Gericht gestellt werden.
Bedauern, weitermachen, intensivieren: Das offizielle Israel bedauert am Tag nach dem bisher härtesten Schlag gegen die Hamas-Islamisten den Tod der zwei unschuldigen Kinder und der zwei Journalisten bei der Aktion. Regierung und Sicherheitskräfte wollen mit den Liquidierungen von Terrorverdächtigen weitermachen, mehrere Minister fordern gar eine Intensivierung der Liquidierungs-Aktionen.
Auf dem Jerusalemer Tempelberg lagen auch am Tag nach den schweren Unruhen noch viele Steine herum, doch im Gegensatz zu früheren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei gab es diesmal keine Blutlachen, auf welche Trauerkränze gelegt wurden. Die israelische Polizei hatte nämlich aus ihren schweren Fehlern gelernt: Zwar hat sie erneut, nach Steinewürfen palästinensischer Jugendlicher auf jüdische Beter an der Klagemauer, den Tempelberg gestürmt, doch vermied sie dabei peinlichst ein Blutvergießen.
Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat einen schmerzhaften Doppelschlag einstecken müssen: Der Mordanschlag israelischer Extremisten gegen drei Angehörige einer palästinensischen Familie hat den Ruf von Palästinenserpräsident Arafat nach einer Internationalisierung des Konfliktes verstärkt. Und dies genau zum Zeitpunkt, an dem sich die G-8-Staaten - und damit erstmals die USA - für die Stationierung von internationalen Beobachtern in den palästinensischen Gebieten aussprechen.
Die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt hat sich dramatisch verschärft: Israels Armeespitze hat außergewöhnlich umfangreiche Truppenkonzentrationen im Westjordanland, vor allem bei den autonomen Städten Jenin und Bethlehem, befohlen. Infanterie und Panzertruppen stehen in offensiver Formation bereit, in das palästinensische Autonomiegebiet, den so genannten Sektor A, einzudringen.
Die Arena macht keinen sicheren Eindruck. Das Teddy-Stadion in Jerusalem liegt im Einschussbereich palästinensischer Mörser und Maschinengewehre.
Ehud Barak wollte die Wüstenregion mit Yasser Arafat tauschen. Baraks Nachfolger Ariel Scharon will das nicht mehr.
Die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt geht weiter - unabhängig vom beidseitig verkündeten Waffenstillstand. Die geteilte Westbank-Stadt Hebron ist nach einer längeren Periode relativer Ruhe zum Zentrum der Kampfhandlungen geworden, in die auch die extremistischen Siedler aktiv eingreifen.