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Dorothee Nolte

Das Kind und ich sind leidenschaftliche Fahrradfahrer, wir gondeln durch die Straßen und bewundern die Fahjädder, Tohjädder und Tecker, die überall herumsausen. Der Kleine sitzt vor mir in seinem Fahrradsitz, mit einem rot gepunkteten Helm auf den Locken, und ruft in einem fort aufgeregt "da!

Von Dorothee Nolte

Man müsste mal zusammenrechnen, wie viele Stunden die durchschnittliche Studentin, der durchschnittliche Student damit verbringen, ihren Kommilitonen und Dozenten bei langweilig, stockend, monoton vorgetragenen Vorträgen zuzuhören. Wahrscheinlich sind es ganze Monate, gar Jahre, in denen man, das Gähnen mühsam unterdrückend, Informationen und Thesen ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder raus rieseln lässt.

Von Dorothee Nolte

Das Kind entwickelt sich zum Schrecken des Berliner Einzelhandels und der Ärzteschaft. Es zerstört die Auslagen und vertreibt die Patienten und lässt sich von seinem schädlichen Tun auch nicht abhalten.

Von Dorothee Nolte

Das Kind ist ein höflicher Mensch und begrüßt alle Leute mit einem fröhlichen "Hallo", auch wildfremde oder ganz unsympathische Zeitgenossen. Nur Flugzeuge redet es anders an, bei ihnen legt es den Kopf in den Nacken und schreit dreimal begeistert "Ja!

Von Dorothee Nolte

ürzlich habe ich mal meine Freundinnen durchgerechnet und festgestellt: Mehr als die Hälfte ist kinderlos. Bei der einen oder anderen wird vielleicht ein Sprössling nachkommen, wenn doch noch ein williger Partner auftauchen oder die künstliche Befruchtung anschlagen sollte, aber im Großen und Ganzen wird das so bleiben.

Von Dorothee Nolte

Den gestrigen Muttertag habe ich zum Anlass genommen, schonungslos über meine Rolle in der Gesellschaft nachzudenken. Zu diesem Zweck habe ich das praktische Mutterdasein für ein paar Stunden unterbrochen und mich mit einem Buch ans offene Fenster gesetzt, mit Barbara Vinkens gerade erschienenem Werk "Die deutsche Mutter - der lange Schatten eines Mythos".

Von Dorothee Nolte

David Lodge hat etwas von einer Spitzmaus, wie er da auf dem Podium im Literaturhaus sitzt, klein, unscheinbar, etwas nervös, mit flinken braunen Augen und einem verschmitzten Lächeln. Und wie eine Spitzmaus ist er immer ein Stück schneller, eine Ebene weiter, immer schon um die Ecke rum.

Von Dorothee Nolte

Eine Bekannte, deren Kinder schon um die zwanzig sind, erzählte mir kürzlich, früher hätten sich die Mütter noch über die Erziehung ihrer Kinder gestritten; heute dagegen redeten sie nur noch über ihre Ernährung. Hm!

Von Dorothee Nolte

Sie liebten einander inniglich und schworen sich ewige Treue - fast wie die Geschwister Schneeweißchen und Rosenrot im Märchen und fast wie ein Ehepaar. "Wir wollen uns nie trennen", schrieb Jacob Grimm 1805 als Zwanzigjähriger an seinen Bruder Wilhelm, "wir sind nun diese Gemeinschaft so gewohnt, daß mich schon das Vereinzeln zum Tod betrüben könnte".

Von Dorothee Nolte

Die Studentinnen wollen es nicht mehr hören. Wenn Friederike Maier, Professorin an der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft, in ihren Seminaren berichtet, dass Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt schlechtere Chancen haben als Männer, im Durchschnitt ein Viertel weniger verdienen und noch dazu zwei Drittel der Hausarbeit bewältigen, dann zucken die jungen Frauen mit den Schultern.

Von Dorothee Nolte

Studenten haben Vortritt. Wenn die Schlange an der Oderbrücke, die Frankfurt/Oder mit Slubice verbindet, mal wieder zu lang ist, dann dürfen die Studenten sich an den Wartenden mit den Einkaufstaschen vorbeidrücken und landen, flott, flott, mit beinahe ungebremsten Schritten im Nachbarland.

Von Dorothee Nolte

In meiner Straße lebt ein Mann, vor dem ich mich fürchte. Er trägt ausschließlich schwarzes Leder, wuchtige Stiefel und donnert mit seinem Motorrad über den Asphalt, dass den Hunden das Trommelfell platzt.

Von Dorothee Nolte

Die Germanistin Susanne Zantop war nicht nur eine Expertin für "Kolonialphantasien im vorkolonialen Deutschland" - so der Titel ihres 1999 auf deutsch erschienenen letzten Buches -, für die Literatur des 18. und 19.

Von Dorothee Nolte

Einst forschten sie im Schatten der Mauer, heute können sie beinahe von ihren Büros aus den Abgeordneten bei der Arbeit zugucken: Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), am Reichpietschufer gelegen, ist in das Zentrum der Stadt gerückt, und mit ihm die dort beschäftigten Soziologen, Politologen und Ökonomen. Dass die neue räumliche Nähe zur Politik sich auch in der wissenschaftlichen Arbeit niederschlagen wird, steht zu erwarten.

Von Dorothee Nolte

Man sagt ja, der technische Fortschritt führe zu einer Umkehrung im Verhältnis der Generationen: Die Jüngeren sind jetzt schlauer als die Älteren. Angeblich krabbeln bereits Fünfjährige hurtig durchs Netz, während unsereins noch dumpf aufs Desktop starrt, und sie wildern in Pentagon-Dateien, wo wir schon am Textverarbeitungsprogramm scheitern.

Von Dorothee Nolte

Als eingefleischte Feministin mit strengen Grundsätzen habe ich meinem Sohn zu Weihnachten natürlich eine Puppe geschenkt. Schließlich wird das Kind einmal meine Schwiegertochter und meine Enkel zwischen den Fingern halten, und da soll es möglichst frühzeitig, warum nicht schon mit anderthalb Jahren, eine fürsorgliche Ader entwickeln.

Von Dorothee Nolte

Hin und wieder rutscht ihr das Wort "Kümmerarbeit" über die Lippen. Kümmerarbeit, das umfasst all das, was Frauen traditionell unbezahlt leisten, von der Arbeit in der Telefonseelsorge über die Verteilung von Lebensmitteln an Obdachlose bis hin zur Begleitung Sterbender.

Von Dorothee Nolte

Fassen wir doch einmal kurz alles Unheil zusammen, das das Kind über diese Welt gebracht hat. Schon in seinen ersten Lebenstagen hat es Möbel und Kleidungsstücke bespuckt; irgendwann begann es zu beißen.

Von Dorothee Nolte
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