Vor dem Eingang des Moskauer Zoos steht ein Schneemann. Vor seinem mächtigen Bauch baumelt ein Briefkasten.
Elke Windisch
Doch dafür brauchen sich Koalitionspartner. In Frage kommt die Schirinowsky-Truppe, aber auch die "Union der Rechtskräfte".
Mit diesem Auftritt wäre Kaiser Justinian zufrieden gewesen, nach dessen Diktat das byzantinische Hofzeremoniell für alle Ewigkeit niedergeschrieben wurde: Schmetternde Tubastöße kündigen das Erscheinen von Wladimir Putin an, als dieser höchstselbst zur Einweihung des Informationszentrums der Zentralen Wahlkommission erscheint. Ein unverschämter Verstoß gegen die Etikette, denn laut Protokoll steht die vierstufige aufstrebende Tonfolge in Dur nur dem Präsidenten zu.
Punkt sieben war die Nacht im Moskauer Nordwesten zu Ende: Lautsprecherwagen kurvten durch die noch dunklen Straßen und erinnerten die Bewohner mit Getöse und Marschmusik daran, dass in einer Stunde die Wahllokale öffnen. Vergeblich: Die meisten Hauptstädter fluchten nur und drehten sich, als die Heimsuchung vorbei war, seelenruhig noch mal auf die andere Seite.
Gegner des Tschetschenienkrieges haben es in Russland schwer, gehört zu werden. Die Medien reiten nach wie vor auf der Welle allgemeiner Kriegsbegeisterung.
Die Volksvertreter schafften nicht einmal, die 1993 verlorenen Kontrollvollmachten wiederzuerlangen - zu ängstlich wurde auf Boris Jelzin geschautElke Windisch Am späten Freitagabend gingen im russischen Parlament die Lichter aus. Die zweite Staatsduma der Russischen Föderation - oder die sechste, wenn man die Parlamente er Zarenzeit mitzählt - beendete ihre Legislaturperiode.
Die Kämpfe in Tschetschenien machen seit Wochen weltweit Schlagzeilen. Am Donnerstag berichtete der russische Fernsehsender RTR, dass die russischen Streitkräfte die seit Tagen erbittert umkämpften Orte Zentora-Jurt und Alleroi bei Gudermes im Osten des Landes eingenommen hätten.
Den Flug nach Moskau hätte sich der norwegische Außenminister und derzeitige Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Knut Vollebäk, sparen können. Russlands Außenamtschef Iwanow hatte dem Kollegen schon am Vortag bei einem Telefonat zu verstehen gegeben, dass Moskau einem für Dezember geplanten Besuch Vollebäks in Tschetschenien ablehnend gegenübersteht.
Trotz der heftigen Ablehnung Moskaus hat der Westen eine neue diplomatische Initiative für eine friedliche Lösung des Tschetschenien-Konflikts gestartet. Der OSZE-Vorsitzende Knut Vollebäk und der künftige Menschenrechts-Kommissar des Europarates, Alvaro Gil-Robles, kamen am Montag zu Gesprächen mit der russischen Führung nach Moskau.
Auf Boris Jelzins Krankschreibung braucht nur das Datum geändert zu werden: Die Diagnose, die die Ärzte des Kremlkrankenhauses am Donnerstagnachmittag stellten, lautet, wie meist in den letzten beiden Jahren, auf "Virusinfektion mit akuter Bronchitis". Beobachter waren dennoch überrascht.
Für viele scheint es eine Ironie des Schicksals zu sein, dass ausgerechnet die Unterzeichnung des Unionsvertrages zwischen Russland und Weißrussland wegen der Erkrankung des russischen Präsidenten Boris Jelzin verschoben werden musste. Denn die beiden Länder wollten ein Projekt unter Dach und Fach bringen, das sowohl bei den Politikern als auch bei den Bürgern sehr umstritten ist - die Unterzeichnung eines Unionsvertrages, mit dem sich beide Länder zu einer Föderation vereinigen.
Russische Soldaten sollen bei den anstehenden Parlamentswahlen für die kremltreuen Kandidaten stimmenElke Windisch Am 19. Dezember wird die Duma - das russische Parlament - neu gewählt.
Genau hundert Tage ist Russlands Premier Wladimir Putin heute im Amt. Im gegenwärtigen Russland will dies einiges bedeuten: Seinem Vorgänger Sergej Stepaschin waren ganze 83 Tage vergönnt.
Selten waren Russlands Medien mit ihrem Staatschef so zufrieden, wie nach dem OSZE-Gipfel. Durch seinen Auftritt in Istanbul erreichte Boris Jelzin zu Hause eine ähnlich hohe Zustimmung, wie nach seiner Panzerrede vor dem Weißen Haus beim Augustputsch 1991.
Die UN-Flüchtlingskommissarin Sadako Ogata hat am Donnerstag die russische Teilrepublik Inguschetien und Gebiete im Norden Tschetscheniens besucht, die von den russischen Regierungstruppen kontrolliert werden, um sich vor Ort über die Lage der Flüchtlinge zu informieren. Ogata ist damit die erste offizielle Vertreterin des Auslands, der die russische Regierung die Einreise nach Tschetschenien genehmigte.
Bislang sei es gelungen, die "Antiterror-Operation" in Tschetschenien mit relativ geringen Verlusten unter der Zivilbevölkerung durchzuführen. Auch die materiellen Schäden hielten sich in Grenzen, sagte der von Jelzin ernannte Bevollmächtigte für Tschetschenien, Nikolaj Koschman, dem russischen Fernsehen.
"Ich bitte Sie inständig: Geben Sie Ihre Stimme dem ehrlichen und anständigen Kandidaten - Pjotr Simonenko" traktiert eine Frau per Megafon Passanten auf dem Kreschtschatik, der Prachtstraße Kiews. Simoneko, 47, Chef der ukrainischen KP, ist bei der Stichwahl am Sonntag Herausforderer von Amtsinhaber Leonid Kutschma, 61.
Noch bevor Boris Botwinnik öffnen konnte, traten Polizeibeamte die Tür ein. "Mitkommen", lautete der harsche Befehl.
Georgiens Staatschef Eduard Schewardnadse bestätigte am Montag, was Beobachter schon vermuteten: Moskau habe ihn zur Durchzugsgenehmigung für Elite-Einheiten der russischen Armee aufgefordert. Diese sollten auf der georgischen Seite der 81 km langen Grenze zu Tschetschenien eine zweite Front eröffnen.
Mit mehreren Millionen Mark schlägt die morgen fällige Präsidentenwahl in Tadschikistan zu Buche. Dabei steht schon jetzt fest, dass der bisherige Amtsinhaber, Emomali Rachmonow mangels Alternative weiter Präsident bleibt.
Igor Sergejew ist entschieden zu spät geboren: Mit Sprüchen wie "Diesmal machen wir Ernst und bleiben lange" hätte Russlands Verteidigungsminister zu Beginn des Jahrhunderts bei allen klassischen Kolonialmächten steile Kariere gemacht. Zwar versucht Moskau nach wie vor, der Öffentlichkeit den Krieg in Tschetschenien als "begrenzte Antiterror-Operation" zu verkaufen.
Karabach, eine zu Aserbaidschan gehörende, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnte Exklave, ist der Grund für die Schießorgie im armenischen Parlament. Schuld sind an dem seit elf Jahren schwärenden Konflikt weder Armenier noch Aseris.
Im Krankenhaus von Grosny türmen sich die blutigen Laken - die russische Armee will es nicht gewesen sein, allenfalls ein bisschen. Auf Spurensuche im Kaukasus.
Über 140 Menschen sind bei russischen Angriffen auf den zentralen Markt der tschetschenischen Hauptstadt Grosny am Donnerstagabend ums Leben gekommen. Mindestens weitere 400 wurden verletzt.