Rund um den Darmstädter Luisenplatz erstreckt sich eine ausgedehnte Fußgängerzone mit vielen Einkaufsmeilen.Unvermutet findet sich in einer dieser Passagen, neben einem Informationszentrum, eine Bemerkung Karl Krolows, des Dichters von der Mathildenhöhe: "Die Stadt ist groß genug.
Katrin Hillgruber
Noch eine gute Woche, dann hat der verehrte Tote wieder seine Ruhe.Sinnstiftung allenthalben: Das Fontane-Jubiläumsjahr neigt sich dem Ende zu, und der Eindruck verstärkt sich, daß es im akuten preußisch-berlinischen Selbstfindungsprozeß zur rechten Zeit gekommen ist.
"Zwischen Haß und Bewunderung zerstören sich fast alle Menschen", schrieb Thomas Bernhard in "Der Keller", einem Plädoyer für die Gleichgültigkeit.Gleichgültigkeit war das letzte, was sein Werk und sein Tod am 12.
Nur wer sich ändert, bleibt sich treu: Der Berliner Literaturpreis liefert mit dem zuverlässigen Wandel seiner Statuten den Beweis für diese Devise.Andererseits heißt es bei Jörg Steiner, einem der diesjährigen Preisträger: "Das Vorläufige verbirgt sich im Gewohnten", und als man die sieben Juroren in messinggelben Samtsesseln vor der Uferkulisse des Wannseees sitzen sah, wurde schnell wieder klar, daß es im ehrwürdigen Literarischen Colloquium zu keiner revolutionären Erhebung kommen würde.
Prophetisches Talent ist Martin Walser nicht abzusprechen.1978, elf Jahre vor dem November der Wende, sagte er: "Ich halte es für unerträglich, die deutsche Geschichte, so schlimm sie zuletzt verlief, in einem Katastrophenprodukt auslaufen zu lassen".
Drückt man an der Musikbox im ersten Stock der Genossenschaftskneipe "Kreuz" in Solothurn zu vorgerückter Stunde die Taste für "Paint it black", so hat man einen anderen Song der Rolling Stones, "As tears go by", automatisch mitgewählt.Für einen Franken gibt es sieben Titel zu hören, und in der Koppelung von Pessimismus und Tröstung liegt ein Solothurner Geheimnis.
Ein Film über die Deutsche Akademie im ExilVON KATRIN HILLGRUBERSchreibmaschinengeklapper war im Konzerthaus am Gendarmenmarkt zu hören, der Refrain eines Schlagers, klirrendes Glas, schließlich die Stimme von Joseph Goebbels: "Wir sind eigentlich das auserkorene Musikvolk der Welt." Lutz Glandiens Klangcollage "1933 - Gehen oder Bleiben" führte akustisch ins Zentrum eines denkwürdigen Abends, dem man unbedingt mehr Publikum gewünscht hätte.
Berliner Archiv übernimmt Nachlaß von Heiner und Inge MüllerVON KATRIN HILLGRUBERDie Stadtbücherei Frankenberg nannte als Grund für das Ausscheiden ihrer technischen Hilfskraft Heiner Raimund Müller: "keine Lust mehr".Hans Mayer, Ende 1961 noch Professor in Leipzig, ermutigte dem jungen Dramatiker nach dessen Ausschluß aus dem Schriftstellerverband der DDR mit einem Brief: Das inkriminierte Stück "Die Umsiedlerin oder Das Leben auf dem Lande" sei als Weiterentwicklung der Brechtschen Dialektik eine "ernste und begabte Sache".
Lyrik im Album: Sascha Andersons Versuch, eine Idee zu kopieren VON KATRIN HILLGRUBERIn den letzten Tagen gab es einige Aufregung um ein Markenzeichen der DDR-Literaturlandschaft, das in Form einer Fälschung wiederbelebt werden soll.Das "Poesiealbum" brachte von 1967 bis 1990 für neunzig Pfennig anspruchsvolle Dichtung unter die Leute.