In den Schaufenstern türkischer Konditoreien lauert die Versuchung: Auf großen Blechen ausgebreitet, warten viele Kilo "Baklava" - die mit süßem Sirup getränkten und mit Pistazien oder Nüssen gefüllten Blätterteigstollen - auf Käufer. Vier Jungen aus der südtürkischen Stadt Gaziantep wurde diese National-Leckerei der Türken vor drei Jahren zum Verhängnis.
Susanne Güsten
Vor einem Jahr wäre das noch undenkbar gewesen: Fröhlich tanzten tausende Kurden am Dienstag über das Messegelände von Diyarbakir und feierten das Frühlingsfest "Newroz" - mit Genehmigung der Behörden und Grußbotschaften aus Ankara und Imrali.Viel hat sich im kurdisch besiedelten Südosten der Türkei verändert, seit die traditionelle Newroz-Kundgebung in der Regionalhauptstadt Diyarbakir im vergangenen Frühjahr wieder einmal von der Polizei auseinandergeprügelt wurde: Der gefangene PKK-Chef Abdullah Öcalan hat seine Anhänger inzwischen zum Frieden mit der Türkei aufgerufen, und Politiker der Kurdenpartei Hadep sind in die Rathäuser der Region eingezogen.
"Wir betrachten den 8. März nicht als Feiertag", sagt Zülal Kilic, Vorsitzende des türkischen Frauenrechtsvereins KA-DER, über den Internationalen Frauentag.
Die Polizisten machten große Augen und dumme Gesichter: Wie das Zeug nur in ihre Wache komme, fragten sie unschuldig, und was das überhaupt sei? Dabei weiß jedes Kind in der Türkei, wozu die Werkzeuge genutzt werden können, die drei türkische Parlamentsabgeordnete jetzt bei einer unangekündigten Inspektion in der Istanbuler Polizeiwache Kücükköy fanden: die "Falaka" für die alte orientalische Foltermethode der Prügel auf die Fußsohlen und der "palästinensische Haken" zum Aufhängen eines Opfers an seinen Armen.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die "Islamische Föderation" in Berlin zum Religionsunterricht zuzulassen, erregt die türkischen Laizisten offenbar mehr als die Deutschen. Fundamentalisten dürften in Deutschland künftig Koranstunden erteilen, entsetzte sich die laizistische türkische Tageszeitung "Cumhuriyet".
Cerkezköy ist weit weg von München. Muhlis Ari hat knapp 2000 Kilometer zurückzulegen, wenn er am Mittwoch aus der nordtürkischen Stadt zu einer Gerichtsverhandlung nach Bayern kommt.
Zwei Monate nach Anerkennung der Türkei als Kandidatin für den EU-Beitritt sorgt die Festnahme von drei kurdischen Bürgermeistern in Südostanatolien für neuen Sprengstoff in den türkisch-europäischen Beziehungen. Während die Bundesregierung am Dienstag sowohl eine eigene Demarche in Ankara als auch eine Intervention der EU zu Gunsten der festgenommenen Kommunalpolitiker ankündigte, warf der türkische Vize-Ministerpräsident Devlet Bahceli den Europäern vor, den kurdischen Separatismus zu unterstützen.
Zehn Monate lang konnten sie sich halten, die im vorigen April mit triumphalen Mehrheiten gewählten pro-kurdischen Bürgermeister im Südosten der Türkei. An diesem Wochenende war Schluss: Polizei und paramilitärische Sondereinheiten holten den Bürgermeister der Millionenstadt Diyarbakir, Feridun Celik, und seine zwei weitere Kollegen aus der Region ab - wegen angeblicher Nähe zur PKK.
Gülsen Özer wollte dem Provinzgouverneur persönlich ihre Meinung über die staatliche Erdbebenhilfe sagen. Die junge Frau aus dem nordwesttürkischen Bolu, die seit den schweren Beben dort in einem Zelt hauste, passte Nusret Miroglu vor seinem Gouverneurspalais ab und trat ihm auf den Stufen entgegen, um sich über die bürokratischen Winkelzüge zu beschweren, mit der ihr eine Umzugsbeihilfe verweigert wurde.
Zülfikar Izol hätte sich vor einem Jahr noch nicht einmal träumen lassen, dass er jemals die Kalaschnikow niederlegen und an die Universität zurückkehren könnte. Als so genannter "Dorfwächter", wie die regierungstreuen Kurden-Milizen im Südosten der Türkei heißen, stand der junge Mann im Kampf gegen die kurdischen Rebellen der PKK im Felde.
Der türkisch-zyprische Volksgruppenführer Rauf Denktasch hatte eigentlich im Genfer Intercontinental reserviert - doch als er hörte, dass auch der griechisch-zyprische Präsident Glafkos Klerides in diesem Hotel absteigen wollte, ließ er sich flugs ins Richmond umbuchen. Nun hält sich Klerides nicht zufällig in derselben Stadt auf wie Denktasch, sondern zu Verhandlungen mit dem Zyperntürken über eine Einigung auf der seit einem Vierteljahrhundert geteilten Mittelmeerinsel.
"Mein lieber Freund Ismail" war eine Formel, die dem griechischen Außenminister George Papandreou am Donnerstag in Ankara häufig über die Lippen kam. Zusammen mit Ismail Cem, dem türkischen Außenminister, feierte Papandreou die erfolgreiche Politik der kleinen Schritte zwischen Ankara und Athen: Ein rundes halbes Jahr nach Beginn der bilateralen Verhandlungen zwischen den verfeindeten Nachbarn und Nato-Partnern sind die türkisch-griechischen Beziehungen so gut wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten.
Ankara erklärt Kurdenkrieg für beendet - auch die PKK rief bereits ein Ende des Konflikts ausSusanne Güsten Im umstrittenen Panzergeschäft mit der Türkei beginnt eine neue Phase: Nach zwei Wochen auf hoher See sollte das Testmodell des deutschen Leopard-II-Panzers noch am Freitag in der Türkei eintreffen, wie aus diplomatischen Kreise in Ankara bestätigt wurde. In der kommenden Woche nehmen die türkischen Streitkräfte dann die Erprobung des Leoparden auf, der mit vier anderen Modellen um den Zuschlag in der türkischen Ausschreibung für 1000 Panzer konkurriert.
Am 15. Februar gelingt dem türkischen Geheimdienst ein spektakulärer Coup: In Kenia geht ihm der Chef der kurdischen Separatistenorganisation PKK, Abdullah Öcalan, in die Falle.
Nicht nur Panzer, auch Kampfhubschrauber sollen an den Bosporus geliefert werden. Der nächste Streit ist abzusehenSusanne Güsten Der deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping ist am Montag zu seinen ersten Gesprächen mit dem neuen EU-Beitrittskandidaten Türkei in Ankara eingetroffen.
Als die Türkei Mitte November den lange erhofften Sprung zur Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2000 schaffte, tanzte ganz Istanbul auf den Straßen. Doch als die Europäische Union (EU) am Freitag das von den Türken seit Jahrzehnten ersehnte Angebot unterbreitete, als Beitrittskandidat anerkannt zu werden, ging das Leben am Bosporus weiter, als wäre nichts geschehen.
"Das dauert noch mindestens einen Monat hier", sagt ein Bauarbeiter, der mit seinen Gummistiefeln knöcheltief im Schlamm zwischen halbfertigen Wohncontainern steht. Fenster und Türen fehlen noch, zugänglich sind die Häuschen nur mit Bretterbrücken über den Matsch.
Eineinhalb Stunden lang diskutierten die türkischen Koalitionspartner am Dienstagabend über den Aufruf des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes, dann gaben sie es auf und vertagten die Entscheidung. Die Bitte der Europa-Richter, die Hinrichtung von PKK-Chef Abdullah Öcalan bis zum abschließenden Urteil im Straßburger Verfahren auszusetzen, kam auch für Ankara nicht überraschend; dass die Regierungskoalition es in der eilig einberufenen Sondersitzung trotzdem nicht schaffte, sich auf eine Antwort zu einigen, zeigt, wie schwer die Entscheidung ihr fällt.
Nur wenige Minuten wird die Urteilsverkündung in Ankara heute dauern, doch die Folgen werden die Türkei auf Jahre hinaus prägen und selbst die westeuropäischen Staaten beschäftigen. Für den Angeklagten bedeutet der Termin sogar eine Vorentscheidung über Leben und Tod: Ein Dreivierteljahr nach der Gefangennahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan in Afrika und ein halbes Jahr nach Prozesseröffnung auf der Gefängnisinsel Imrali verkündet der türkische Berufungsgerichtshof seine Entscheidung über das Todesurteil gegen den kurdischen Rebellenchef.
"Frei wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald" sollten Kurden und Türken in einer gemeinsamen Republik leben, bemühte PKK-Chef Abdullah Öcalan den türkischen Jahrhundertdichter Nazim Hikmet - und ließ auch sonst nichts unversucht, um den türkischen Berufungsgerichtshof nachsichtig zu stimmen. In einer 30-seitigen Verteidigungsschrift, die Öcalans Anwalt Irfan Dündar am Donnerstag den fünf Berufungsrichtern in Ankara vortrug, listete der Rebellenchef seine Verdienste um den Frieden auf und schwor noch einmal der Gewalt ab.
Eigentlich sei Abdullah Öcalan ja schon seit Jahren für den Frieden gewesen, schrieb das Zentralkomitee der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an den türkischen Staatspräsidenten Süleyman Demirel. Wegen des gespannten Klimas der letzten Jahre habe der Rebellenchef nur keine Gelegenheit gefunden, dies auch den türkischen Behörden mitzuteilen - bis er im Februar geschnappt wurde.
Für die deutschen Urlauber in der türkischen Ägäis-Stadt Bodrum sollte es ein schöner Ausflug werden: Sie wollten sich am Wochenende die Ruinen der antiken Stadt Ephesus bei Izmir anschauen, rund 200 Kilometer weiter nördlich. Doch ihr Reisebus kam nicht weit.
Für PKK-Chef Abdullah Öcalan dürften es noch einmal ein paar nervenaufreibende Stunden werden, wenn an diesem Donnerstag der türkische Berufungsgerichtshof in Ankara im Revisionsverfahren über sein Todesurteil verhandelt. Anders als im Hauptverfahren auf der Gefängnisinsel Imrali, wo Öcalan im Gerichtssaal wahre Vorlesungen halten konnte, wird das Revisionsverfahren in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt, der in seiner fernen Zelle warten muss.
Ralf Rippelmeyer hat die Nase voll. Als der 52-jährige Polizist aus Dortmund in der Nacht zum Dienstag im südtürkischen Marmaris von einem starken Erdstoß geweckt wurde, bekam er es mit der Angst zu tun.