Die Türkei muss weiter auf neue Milliardenkredite aus dem Ausland zur Überwindung ihrer schweren Wirtschaftskrise warten. Wirtschaftsminister Kemal Dervis sagte bei der Vorstellung seines Reformprogramms am Samstag in Ankara, ausländische Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wollten zuerst die Pläne der Regierung zur Lösung der Wirtschaftsprobleme sehen, bevor über Geld gesprochen werden könne.
Susanne Güsten
Die tiefe Wirtschaftskrise der Türkei und die Abwertung der Währung machen das Land in diesen Osterferien spottbillig für deutsche Urlauber, die entsprechend in Rekordzahlen an die türkischen Strände starten. In ihrem Vergnügen an dem günstigen Urlaub sollten Türkei-Touristen aber nicht vergessen, dass des einen Freude auch des anderen Leid ist, und entsprechend einige Vorsicht und Feinfühligkeit walten lassen.
So direkt war die türkische Regierung bisher noch nicht mit den Auswirkungen der Wirtschaftskrise konfrontiert worden. "Die brauche ich jetzt nicht mehr, Herr Ministerpräsident", rief Ahmet Cakmak und knallte Regierungschef Bülent Ecevit seine Registrierkasse vor die Füße.
Wenn es ums Glück geht, schwören die Türken auf eine blaue Glasperle mit weißem Punkt. Andrea Rohloff hat gleich ein ganzes Kettchen dieser Glücksbringer dabei, als sie am Dienstag vor dem Staatssicherheitsgericht im türkischen Izmir erscheint, um sich wegen organisierten Rauschgiftschmuggels zu verantworten.
Die 18-jährige Andrea Rohloff sitzt tief in Schwierigkeiten, doch manch anderen jungen Türkei-Touristen könnte ihr abschreckendes Beispiel noch rechtzeitig davor bewahren, denselben Weg hinter Gitter zu nehmen. Kurz vor Beginn eines erwarteten Rekordansturms deutscher Urlauber auf die türkischen Bade- und Vergnügungszentren wird am Dienstag im westtürkischen Izmir der Prozess gegen die junge Berlinerin eröffnet, die im Januar mit sechs Kilogramm Heroin in der Reisetasche auf dem Flughafen erwischt worden war.
Die Sonne scheint an der türkischen Riviera, und die Touristen kommen - hinter Gitter. Die Saison ist noch nicht einmal richtig in Schwung gekommen, da wanderte am Wochenende bereits der zweite deutsche Urlauber dieses Jahres wegen Drogenschmuggels in Untersuchungshaft: Ein Gericht in Antalya erließ Haftbefehl gegen den 52-jährigen Familienvater Hans Albert Kaiser, in dessen Koffer 18 Kilogramm Heroin gefunden worden sein sollen.
"Almanya cok iyi" ist eine Bemerkung, die Deutsche in der Türkei immer wieder zu hören bekommen: "Deutschland ist sehr gut." Die Begeisterung kommt nicht von ungefähr, denn mit keinem anderen Land der Welt unterhält die Türkei so fruchtbare Beziehungen wie mit Deutschland.
"Alltag in Ankara" hieß das Stück, das am Montag in der türkischen Hauptstadt aufgeführt wurde, und die Darsteller gaben sich alle Mühe. "Wir haben eine sehr produktive Sitzung gehabt", erklärte Ministerpräsident Bülent Ecevit mit krampfhaftem Lächeln nach einer Tagung des Nationalen Sicherheitsrates - als hätte er nicht mit einem Auftritt in demselben Gremium vor einer Woche eine beispiellose Finanzkrise ausgelöst, die sein Land teuer zu stehen kommt.
Den Türken ging es auch vor dem Wirtschaftsdebakel dieser Woche wahrlich schlecht genug. Rund 7500 Mark betrug das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Türken für das gesamte vergangene Jahr.
Ausgerechnet mit einem Verfassungstext bewarfen sich der türkische Staatspräsident und Regierungsmitglieder in der monatlichen Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates. "Sie kennen wohl die Verfassung nicht", schnauzte Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer die Kabinettsmitglieder an, die ihm das Recht zu eigenen Untersuchungen der Korruption im Bankenwesen absprechen wollten.
Besonders gereizt hat die Türkei auf die amerikanischen und britischen Luftangriffe auf Irak reagiert. "Wir hoffen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt", sagte Außenminister Ismail Cem, und Premier Bülent Ecevit meldete bei Washington Klärungsbedarf an: Als Nachbarland von Irak hätte die Türkei konsultiert werden müssen.
Die Ukrainer heuern als Seeleute an, die Russen arbeiten auf den Teeplantagen am Schwarzen Meer, die Rumänen strömen in die Bauindustrie der großen Städte: Die Türkei, als Exporteur von Arbeitskräften in den Westen bekannt, wird selbst immer mehr zum Anziehungspunkt für Arbeitnehmer aus Osteuropa, Asien und Afrika. Für die ohnehin hoch verschuldeten türkischen Sozialsysteme stellen die Gastarbeiter ein Problem dar, weil kaum einer von ihnen versichert ist.
Die Skepsis gegenüber dem politischen Kurs der Türkei wächst. Das Europäische Parlament hat sich am Mittwoch zwar für eine "Beitrittspartnerschaft" mit der Türkei und für die Freigabe von EU-Wirtschaftshilfe in Höhe von 177 Millionen Euro ausgesprochen.
Mit Rasierwasser und Zeitungspapier entfachte der türkische Häftling Fethi Ates am Sonntag ein Feuer in seiner Zelle und steckte sich dann selbst in Brand. Mit schweren Verbrennungen wurde er ins Krankenhaus eingeliefert - das jüngste Opfer im Kampf um die türkischen Gefängnisse, der inzwischen fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Im blauen Trikot trat die kleine Özge in den Ring, im roten Dress kam Mürside aus ihrer Ecke - und dann hagelte es Schwinger und Haken, bis Mürside zu Boden ging. Die Kopfschützer waren viel zu groß, und die Boxerinnen in diesem Kampf erst vier Jahre alt.
Ist es die große Liebe eines ungleichen Paares, der die deutschen Behörden bürokratische Steine in den Weg legen? Oder soll hier nur eine Scheinehe angebahnt werden, von der sich der Bräutigam etwas Geld und die Braut eine Aufenthaltsgenehmigung verspricht?
"Wir verstehen nicht, warum uns Deutschland dieses Hindernis in den Weg legt." Die 14-jährige Türkin Didem T.
Für die Türkei hat das neue Jahr mit Gewalt und Terror begonnen: Mitten in den Feiern zur Jahreswende im Stadtzentrum von Istanbul explodierte in der Neujahrsnacht eine Bombe und verletzte zehn Menschen. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand.
Ahmet Ibili starb einen spektakulären Tod. Als lebende Fackel stürzte sich der 32-jährige Häftling den Truppen entgegen, die das Istanbuler Hochsicherheitsgefängnis Ümraniye stürmen wollten.
Als Helmut Kohl seine Auslandsreisen noch als Bundeskanzler machte, gehörten ein großer Begleit-Tross, roter Teppich und Nationalhymnen bei der Ankunft im Gastland zum Standardprogramm. Doch diese Zeiten sind vorbei; heutzutage schreitet Kohl nach der Ankunft keine Ehrenformationen mehr ab, sondern taucht lieber unter.
Abdullah Öcalan hat es wieder einmal geschafft. Trotz eines rechtskräftigen Todesurteils, das schon mehr als ein Jahr lang besteht, wird der PKK-Chef auf absehbare Zeit nicht hingerichtet.
Das türkische Parlament hat am späten Freitagabend ein Amnestiegesetz beschlossen, das rund 35 000 der 70 000 Häftlinge in den Gefängnissen des Landes die Freiheit bringen soll. Das Gesetz sieht vor, dass die meisten Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt, langjährige Haftstrafen um zehn Jahre reduziert und Strafen unter zehn Jahren in Bewährungsstrafen umgewandelt werden.
Der Europarat hat die Türkei aufgefordert, dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali mindestens einen Häftling zur Gesellschaft zu geben. Die materiellen Haftbedingungen des Rebellenchefs auf Imrali seinen zwar im Wesentlichen nicht zu beanstanden.
"Die Türkei hat gewonnen", bejubelte ein türkisches Massenblatt am Dienstag die von den EU-Außenministern erzielte Einigung auf den Text der EU-Beitrittspartnerschaft für Ankara. "Die Türkei hat bekommen, was sie wollte", titelte eine andere Zeitung: Erleichterung macht sich nach der Brüsseler Einigung im pro-europäischen Lager der Türkei breit, nachdem die lang ersehnte Beitrittspartnerschaft mit der Union in den letzten Wochen fast noch an Streitereien mit Griechenland gescheitert wäre.