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Susanne Güsten

Als die Türkei Mitte November den lange erhofften Sprung zur Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2000 schaffte, tanzte ganz Istanbul auf den Straßen. Doch als die Europäische Union (EU) am Freitag das von den Türken seit Jahrzehnten ersehnte Angebot unterbreitete, als Beitrittskandidat anerkannt zu werden, ging das Leben am Bosporus weiter, als wäre nichts geschehen.

Von Susanne Güsten

Eineinhalb Stunden lang diskutierten die türkischen Koalitionspartner am Dienstagabend über den Aufruf des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes, dann gaben sie es auf und vertagten die Entscheidung. Die Bitte der Europa-Richter, die Hinrichtung von PKK-Chef Abdullah Öcalan bis zum abschließenden Urteil im Straßburger Verfahren auszusetzen, kam auch für Ankara nicht überraschend; dass die Regierungskoalition es in der eilig einberufenen Sondersitzung trotzdem nicht schaffte, sich auf eine Antwort zu einigen, zeigt, wie schwer die Entscheidung ihr fällt.

Von Susanne Güsten

Nur wenige Minuten wird die Urteilsverkündung in Ankara heute dauern, doch die Folgen werden die Türkei auf Jahre hinaus prägen und selbst die westeuropäischen Staaten beschäftigen. Für den Angeklagten bedeutet der Termin sogar eine Vorentscheidung über Leben und Tod: Ein Dreivierteljahr nach der Gefangennahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan in Afrika und ein halbes Jahr nach Prozesseröffnung auf der Gefängnisinsel Imrali verkündet der türkische Berufungsgerichtshof seine Entscheidung über das Todesurteil gegen den kurdischen Rebellenchef.

Von Susanne Güsten

"Frei wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald" sollten Kurden und Türken in einer gemeinsamen Republik leben, bemühte PKK-Chef Abdullah Öcalan den türkischen Jahrhundertdichter Nazim Hikmet - und ließ auch sonst nichts unversucht, um den türkischen Berufungsgerichtshof nachsichtig zu stimmen. In einer 30-seitigen Verteidigungsschrift, die Öcalans Anwalt Irfan Dündar am Donnerstag den fünf Berufungsrichtern in Ankara vortrug, listete der Rebellenchef seine Verdienste um den Frieden auf und schwor noch einmal der Gewalt ab.

Von Susanne Güsten

Eigentlich sei Abdullah Öcalan ja schon seit Jahren für den Frieden gewesen, schrieb das Zentralkomitee der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an den türkischen Staatspräsidenten Süleyman Demirel. Wegen des gespannten Klimas der letzten Jahre habe der Rebellenchef nur keine Gelegenheit gefunden, dies auch den türkischen Behörden mitzuteilen - bis er im Februar geschnappt wurde.

Von Susanne Güsten

Für PKK-Chef Abdullah Öcalan dürften es noch einmal ein paar nervenaufreibende Stunden werden, wenn an diesem Donnerstag der türkische Berufungsgerichtshof in Ankara im Revisionsverfahren über sein Todesurteil verhandelt. Anders als im Hauptverfahren auf der Gefängnisinsel Imrali, wo Öcalan im Gerichtssaal wahre Vorlesungen halten konnte, wird das Revisionsverfahren in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt, der in seiner fernen Zelle warten muss.

Von Susanne Güsten

In Südostanatolien haben am Donnerstag hektische Vorbereitungen für das Eintreffen einer von der kurdischen Rebellenorganisation PKK angekündigten "Friedensdelegation" eingesetzt. Zwei Anwälte aus dem Verteidigerteam des angeklagten PKK-Chefs Abdullah Öcalan hielten sich bereits im türkischen Grenzgebiet zu Irak und Iran auf und bemühten sich bei den Behörden im Ausnahmezustandsgebiet um Sicherheitsgarantien für die Truppe.

Von Susanne Güsten

Vor einem Jahr dürfte dem kurdischen Rebellenführer Abdullah Öcalan in seiner Villa in Damaskus langsam klar geworden sein, dass die türkische Armee es diesmal ernst meinte: Unter ihrem neuen Generalstabschef Hüseyin Kivrikoglu starteten die Türken im September 1998 eine entschlossene Kampagne gegen Syrien, um den Chef der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aus seinem sicheren Exil zu vertreiben, von dem aus er seine Truppen gegen die Türkei lenkte.Ein Jahr später ist nichts mehr, wie es fast 15 Jahre lang war im Kurdenkonflikt: Aus seiner Todeszelle auf der Gefängnisinsel Imrali heraus macht Öcalan der Türkei Friedensangebote, die PKK zieht sich von türkischem Gebiet zurück, und eine Rebellendelegation ist mit einer weißen Flagge unterwegs in die Türkei.

Von Susanne Güsten

Von der Erdbebenkatastrophe überschattet, regt sich in der Türkei neue Hoffnung auf die Überwindung eines anderen Unglücks, das in den letzten 15 Jahren mindestens ebensoviele Todesopfer gefordert hat: Der Krieg zwischen den kurdischen Rebellen der PKK und der türkischen Armee neigt sich dem Ende zu. Seit Monaten schon signalisiert die PKK die Bereitschaft und den Willen, die Kämpfe einzustellen und sich mit der Türkei zu arrangieren.

Von Susanne Güsten

Das Jahr 1999 dürfte als eines der denkwürdigsten in die Geschichte der Türkei eingehen: Der Staatsfeind Nummer Eins wird gefangen genommen und zum Tode verurteilt, ein verheerendes Erdbeben erschüttert die Grundfesten von Staat und Gesellschaft - und nun erklärt auch noch die gefährlichste Rebellenorganisation des Landes den 15-jährigen brutalen Krieg im Kurdengebiet für beendet und streckt die Waffen."Wir legen die Waffen nieder und werden sie nie wieder in die Hand nehmen" - mit diesem Satz des PKK-Kommandeurs Osman Öcalan, einem Bruder des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan, gab die Arbeiterpartei Kurdistans jetzt 20 Jahre nach ihrer Gründung den Krieg gegen den türkischen Staat auf - ein aus Sicht vieler PKK-Anhänger klägliches Ende.

Von Susanne Güsten

Der erste Tag des angekündigten Friedens in Südostanatolien verlief mehr oder weniger so wie alle anderen Tage im 15-jährigen Krieg zwischen den kurdischen Rebellen der PKK und der türkischen Armee: Die türkischen Behörden meldeten Gefechte in drei Provinzen des Ausnahmezustandsgebietes, bei denen zwei PKK-Kämpfer getötet und zehn weitere gefangen genommen wurden. Außergewöhnlich daran war höchstens die relativ hohe Zahl von lebend gefangenen Rebellen gegenüber den "tot in die Hände gefallenen Terroristen", wie es im offiziellen Sprachgebrauch heißt.

Von Susanne Güsten

Einen "Wendepunkt in der Geschichte des kurdischen und des türkischen Volkes" nannte der PKK-Führungsrat am Donnerstag den Aufruf von Rebellenchef Abdullah Öcalan zum Rückzug aus der Türkei und die eigene Entscheidung, diesem Aufruf zu folgen. Zwar sind dramatische Superlative in den Erklärungen der kurdischen Rebellenorganisation schon immer Dutzendware gewesen; diesmal könnte der Führungsrat aber durchaus richtig liegen mit seiner Einschätzung.

Von Susanne Güsten
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