Der ganze Puccini leuchtet auf, wenn Maestro Fabio Luisi mit dem Bayerischen Staatsorchester das Intermezzo sinfonico musiziert, das im Zentrum der Oper "Manon Lescaut" steht. Diese bittersüße Liebesmusik, die von "Tristan"-Chromatik erfüllt ist und dabei die Merkmale der späteren Meisterwerke des Komponisten schon in sich vereint, macht aus gelangweilten Zuschauern im Münchner Nationaltheater staunende Zuhörer.
Sybill Mahlke
Andrey Boreyko braucht keine Programmänderung, wenn es darum geht, kurzfristig die Leitung einer Schostakowitsch-Symphonie zu übernehmen. Vor wenigen Jahren noch war die Hoffnung des Dirigenten müde geworden, weil er als Chef der Philharmonie Posnán, deren Musiker mit 300 Mark monatlich zu rechnen hatten, auf einem künstlerischen Abstellgleis stand.
Aus der Nussbaumallee Nr. 17 in Charlottenburg erreicht die Direktion der Berliner Straßenbahn-Betriebs Gesellschaft 1927 ein kurioses handschriftliches Briefchen: Arnold Schönberg, Leiter der Meisterklasse für Komposition an der Berliner Akademie der Künste, hat sich einen Alternativvorschlag zum System der Straßenbahnfahrkarten ausgedacht: "Anbei erlaube ich mir eine Anregung zu einem Umsteigefahrschein, dessen Gültigkeit auf eine gewisse Zeit beschränkbar ist, einzusenden .
Wer kennt noch die Dichterinnen Dora Leen, Edith Ronsperger und Mia Holm oder die Lyriker Karl Freiherr von Lemayer, Julius Sturm und Ernst Scherenberg? Das kluge Buch in Sachen Literatur spart sich Auskünfte über die vergessenen Namen.
Die Wiener Philharmoniker sind eine Spezies für sich. So sind sie beispielsweise das einzige Orchester, das auf den Plakaten der Salzburger Festpiele namentlich erwähnt wird, während die Konkurrenz - ob aus Chicago, München oder Berlin - einfach nur "Gastorchester" heißt.
Die Viola war lange ein Instrument im Schatten. "Wofern das ganze Accompagnement nicht mangelhaft seyn soll", fordert Johann Joachim Quantz, der Flötenlehrer des Kronprinzen Friedrich von Preußen, müsse ein Bratschist ebenso geschickt sein "als ein zweyter Violinist".
"Wie alles war, weiß ich", sagt Erda, die chthonische Göttin. Und Regisseur Willy Decker, der einen neuen und neuartigen "Ring des Nibelungen" an der Dresdner Semperoper mit "Rheingold" eröffnet, lässt darstellen, wie alles wird.
Stefan George, der Dichter als "Seher", hat Arnold Schönberg den hohen Stil seiner hymnischen Formen nahegebracht, als der Komponist selbst zu fühlen begann: "Unsere Zeit sucht wieder ihren Gott." In den letzten Satz seines Streichquartetts fis-Moll fügt er das George-Gedicht "Entrückung" ein, als sei es ein Kommentar zu seiner Musik: "Ich fühle Luft von anderem Planeten.
Was die "Jakobsleiter" für Arnold Schönberg bedeutet hat, strahlt aus dem ursprünglichen Plan ihrer gigantischen Besetzung: 20 Flöten, 20 Oboen (davon 10 Englischhorn), 24 Klarinetten, 20 Fagotte usw. bis zu 50 Geigen und 720 Chorsängern.
Am Vorabend der Berliner Feierlichkeiten zur Eröffnung des Jüdischen Museums steht "Ein Überlebender aus Warschau". Steht eine Schweigeminute nach dem Verklingen des hebräisch gesungenen Liedes "Höre Israel", die dem Werk seit der Uraufführung 1948 in New-Mexico zuteil wird, weil sie gleichsam mitkomponiert ist.
Das Happy End ist traurig und utopisch zugleich: Vier Menschen haben erfahren, dass es für ihre Liebe keine Sicherheit gibt. Die Komödie "Cosi fan tutte" kann nicht anders als fatal ausgehen.
Wie sieht ein "Falstaff" auf unseren Bühnen gewöhnlich aus? So, als ob man alte Witze immer wieder erzählt.
Nun haben sie ihm eine letzte Hommage gesungen, Götz Friedrich, dem Generalintendanten der Deutschen Oper Berlin, am Ende seiner Amtszeit. Ihr ist das Ende der Lebenszeit im Dezember 2000 zuvorgekommen.
Die Trompete, sie schmettert Tä-rä-tä-tä-tä-rä. Signale im Militärwesen und bei repräsentativen Anlässen sind ihr Metier, ebenso Gloria in excelsis Deo, bevor sie als Ventiltrompete das Symphonieorchester erobert.
"Hier ist cello Nr. 7", pflegte er sich am Telefon zu melden, und mitunter waren wir Journalisten schon ein bisschen genervt von den zahllosen Attacken der philharmonischen Werbetrommel.
Die nordischen Länder halten zusammen. Wie ihre Botschafter gemeinsam in einem Berliner Bau residieren, so teilen sie sich auch in die Schirmherrschaft, wenn es um die Verbreitung ihrer nationalen neuen Musik geht.
Ein Benefiz für die, die es brauchen, nicht mehr und nicht weniger ist das diesjährige "Konzert des Bundespräsidenten" für Johannes Rau. Dass der Erlös Berliner Straßenkindern zugute kommen soll, zwingt zum Nachdenken über die Situation der Stadt und ihrer Ärmsten.
Udo Samel, der musikalische Kopf unter den Schauspielern, schickt Franz Schuberts großem C-Dur-Quintett ein ahnungsvolles Gedicht des Komponisten voraus: "Mein Gebet" (1823) spricht in romantischer Depression von Sehnsucht nach Erlösung, Liebestraum und Martergang. Und dann erklingt das unvergleichliche, posthum erschienene Werk: An den Celli David Geringas, Professor an der Musikhochschule "Hanns Eisler", und seine Schülerin Monika Leskovar.
Überschwänglichkeit und Kontrolle: dieses atmosphärische Mittel ist es, was an Claudio Abbados Interpretation der siebenten Symphonie von Gustav Mahler fasziniert. Drei ausverkaufte Konzerte, und die Hoffnung auf Eroberung einer Karte für das erste bleibt für viele in der Warteschlange hängen, die sich im Foyer der Philharmonie staut.
Der Philosoph und Theaterfan Albrecht Wellmer plädierte auf dem Wagner-Verdi-Symposium der Staatsoper kürzlich für eine Infusion der Oper mit den Mitteln gegenwärtigen postdramatischen Theaters. Namen, die er für solche Öffnung nennt: Marthaler, Neuenfels, Kagel, Sciarrino, Schnebel.
"Politische Romantik" stellt der Politikwissenschaftler Herfried Münkler als Eröffnungsthema eines internationalen wissenschaftlichen Symposiums in den Raum, genauer den Apollo-Saal der Berliner Staatsoper. Hier geht es - in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität und in Verbindung mit dem Wissenschaftskolleg - zum vierten Mal darum, die Festtage des Hauses mit guten Reden zu begleiten.
Wege der Musikgeschichte: Am 11. März 1829 findet die legendäre Wiederaufführung der Matthäus-Passion in der neuen, nach Schinkels Plänen erbauten Berliner Singakademie statt.
"Als man es gefunden hat, stand es des Nachts auf der Straße, mit einem leeren Eimer in der Hand" - so beginnend zieht die erste literarische Veröffentlichung Jenny Erpenbecks den Leser in ihren Bann. In dieser staunenswerten "Geschichte vom alten Kind" weiß das Mädchen, gefragt, wie es heiße, seinen Namen nicht zu sagen.
Die Hochzeitsnacht ist gründlich daneben gegangen. Aber Elsa ruft nicht verzweifelt "Der Schwan!