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Kultur: Sieg für St. Petersburg

Andrey Boreyko braucht keine Programmänderung, wenn es darum geht, kurzfristig die Leitung einer Schostakowitsch-Symphonie zu übernehmen. Vor wenigen Jahren noch war die Hoffnung des Dirigenten müde geworden, weil er als Chef der Philharmonie Posnán, deren Musiker mit 300 Mark monatlich zu rechnen hatten, auf einem künstlerischen Abstellgleis stand.

Andrey Boreyko braucht keine Programmänderung, wenn es darum geht, kurzfristig die Leitung einer Schostakowitsch-Symphonie zu übernehmen. Vor wenigen Jahren noch war die Hoffnung des Dirigenten müde geworden, weil er als Chef der Philharmonie Posnán, deren Musiker mit 300 Mark monatlich zu rechnen hatten, auf einem künstlerischen Abstellgleis stand. Der Weg nach oben gleicht einer Flucht nach vorn. Jetzt debütiert der Vielgefragte bei den Berliner Philharmonikern, und es erfüllt sich ein Schostakowitsch-Traum.

Für Boreyko verbindet sich der Komponist aus seiner eigenen Geburtsstadt, heute wieder St. Petersburg, mit Erinnerungen an Mrawinsky, den Schostakowitsch-, aber auch Bruckner-kundigen Leningrader Dirigenten. Alle drei wurzeln in der symphonischen Tradition des musischen Ortes. Die Zehnte von Schostakowitsch, nach Stalins Tod komponiert, enthält ein Charakterstück, dessen Mahlernähe überwältigt. Boreykos Interpretation heißt, jede Note ernst zu nehmen, weil an ihrer Echtheit kein Zweifel besteht. Die Philharmoniker spüren seine Erfahrung mit der Weite der Klangräume, folgen ihm aus der Konzentration der tiefen Streicher ins Ekstatische, antworten mit Pizzikati und fabelhaften Hornrufen, bieten in den Holzbläsern ihr Solistengold auf. Gestrig erscheint der Vorwurf, Schostakowitsch habe unter sowjetischem Druck keine neue Musik mehr geschrieben. So wie hier gespielt, altert diese Kunst jedenfalls nicht.

Dagegen betont die renommierte Viktoria Mullova die stilistische Unbekümmertheit des Beethovenschen Violinkonzerts, da sie die Ausdrucksebene zierlichen Quirilierens kaum verlässt.

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