Das Wehgeschrei war laut, und es rührte in der besinnlichen Ruhe der Weihnachtszeit auch die härtesten Herzen: Von einem "Totalkollaps des gesamten Finanzsystems Italiens" sprach der Präsident der Banca di Roma, Geronzi; der Chef des Bankenverbandes ABI, Sella, deutete düster "den möglichen Zusammenbruch noch so solider Institute" an. Das Lamento hatte seinen Ursprung in einem vor sechs Wochen ergangenen Urteil des höchsten Gerichts Italiens, der Kassation: Danach sind alle Hypothekenzinsen über 12,21 Prozent als "Wucher" anzusehen, entsprechende Verträge damit sittenwidrig und ungültig.
Werner Raith
Mehr als vier Stunden mussten die Sünder am Freitag noch anstehen, bis sie die Heilige Pforte im Petersdom zu Rom noch durchschreiten und damit den vollkommenen Ablass erhalten konnten: Mehr als einen Kilometer Schlangestehen - und dazu bereuen und beten, damit der Antrag auf den begehrten Nachlass der Sünden auch Gültigkeit hat. Mit der feierlichen Heiligen Messe am nächsten Morgen, dem Dreikönigstag, hat Papst Johannes Paul II.
Italiens Staatspräsident, Regierungschef und Verteidigungsminister sind zufrieden - ihr kräftiges Auftreten bei der Nato nach Bekanntwerden des so genannten "Balkan-Syndroms" scheint Erfolge zu zeitigen. Die Ankündigung aus Brüssel, Licht in die Affäre um die Uran-Patronen zu bringen, habe gezeigt, "dass unsere Besorgnis ernst genommen wird", so Ministerpräsident Giuliano Amato.
Die Frage führt sofort zu einer Abwehrhaltung bei Juventus Turin. Marko Rehmer, Fußballprofi von Hertha BSC, zum italienischen Rekordmeister?
Von Panik, so der Präsident des italienischen Olympischen Kommitees, Gianni Petrucci, könne man "noch nicht reden". Petrucci will höchstens von "deutlich erhöhter Besorgnis" sprechen, speziell unter den Fußballspielern Italiens.
Kardinal Ratzinger, Chef der Glaubenskongregation und oberster Hüter katholischer Doktrin, hat in einem Artikel mit dem Titel "Das Erbe Abrahams, ein Geschenk zu Weihnachten" ein beträchtliches Versagen der katholischen Christen gegenüber dem Nazismus und während des Holocaust eingeräumt. "Man kann nicht leugnen", schreibt er im "Osservatore Romano", dem Sprachrohr des Heiligen Stuhls, "dass der in gewissem Maße ungenügende Widerstand der Christen gegen jene Gräuel mit dem in der Seele nicht weniger Christen vorhandenen antihebräischen Erbe zu erklären ist.
Für Sandro Curzio, ehemaliger Chefredakteur des dritten Fernsehkanals "RaiTre" und Mitglied des Verwaltungsrates im "Teatro di Roma", wäre es "geradezu absurd, den Mann jetzt gehen zu lassen", genauso, als "würde man einen Trainer schassen, der gerade die Meisterschaft gewonnen hat". Der "Corriere della sera" denkt in etwa auch so, sieht aber wenig Hoffnung - "die römische Tragikömodie geht weiter": Mittelpunkt ist der vor einigen Wochen zurückgetretene Intendant des Stadttheaters von Rom, Mario Martone.
Einst galten seine Aufritte als perfekt einstudiert, präzise und kaum angreifbar. Doch seit einigen Wochen erstarren immer öfter selbst die engsten Weggefährten Silvio Berlusconis ob der zunehmenden Blamagen und Fehlleistungen ihres Chefs.
Dass der Besuch von Jörg Haider teuer werden würde, war bekannt - an die sieben Millionen Mark haben die Ordnungskräfte für die Visite des Kärntner Landeshauptmanns zur Übergabe des Christbaums auf dem Petersplatz veranschlagt. Schwerer als diese Ausgaben für den Papstbesuch allerdings wiegen die politischen Hypotheken, die Haiders Visite in Rom hinterlassen hat - ein ansehnlicher politischer Streit darum, wer sich nun von wem distanzieren muss.
Mit einer positiven Bilanz des stellvertretenden UN-Generalsekretärs Pino Arlacchi ist in Palermo die viertägige Weltkonferenz zur Unterzeichnung der 1. UN-Konvention zum Kampf gegen die transnationale Kriminalität zu Ende gegangen.
Mit einem massiven Polizeiaufgebot sichern Roms Ordnungshüter den Besuch des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider dieses Wochenende beim Papst ab: Anlass ist die Übergabe eines Weihnachtsbaums vor den Petersplatz, ein schon vor Haiders Amtsübernahme mit dem österreichischen Bundesland vereinbartes Geschenk.Die Edeltanne selbst war schon vor einer Woche nächtens in die Heilige Stadt transportiert worden.
Mehr als zehntausend Polizisten sind schon seit Tagen in der Stadt, gepanzerte Autos überall, die Hotels ausgebucht - ein Ereignis, das bei seiner Planung vor zwei Jahren noch weltweite Aufmerksamkeit verhieß: In Palermo treffen sich von heute bis zum 15. Dezember Regierungsvertreter aus 120 Ländern, um die erste UN-Konvention "zum Kampf gegen die transnationale Kriminalität" zu unterzeichnen.
Wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zugleich sei diese Woche gewesen, befand der Sprecher des italienischen TV-Senders "Raiuno", eine "einmalige Show" hätten die italienischen Mannschaften abgeliefert, fand "la Repubblica", und von "spektakulärer Dominanz" schrieb die "Gazzetta dello sport". Selbst der eher betuliche "Corriere della sera" bewertete die drei Uefa-Cup-Tage schlichtweg als "einmaliges Schauspiel und eine Rehabilitation der italienischen Mannschaften auf der ganzen Linie".
Ganz so voll wie vor vier Wochen nimmt Christian Vieri den Mund nun doch nicht mehr. Damals hatte der Hoffnungsträger von Internazionale Mailand, beflügelt von der Euphorie über die Wiedergenesung nach langer Verletzungspause, gleich mal alle Konkurrenten aus dem Uefa-Cup "wegzuknallen" versprochen - allen voran die Deutschen.
Geht man nach seinem Auftreten und seinem Äußeren, bietet sich nur ein Ausdruck an: Grandseigneur. Sieht man sich dagegen nur seine Gesetzesvorlagen, Dekrete und seine Invektiven an, glaubt man viel eher an einen ungebeugt gebliebenen Alt-Achtundsechziger, der sich mit gewaltigem Hedonismus auf die Mächtigen stürzt: Umberto Veronesi (74), von Beruf Arzt und medizinischer Leiter des Europäischen Onkologischen Instituts und derzeit parteiloser Gesundheitsminister, hat sich in den gut sechs Monaten seit seinem Amtsantritt mit so gut wie allen angelegt, die sich im Gesundheitswesen tummeln, von den niedergelassen Ärzten bis zu den Fachklinikern, von den Krankenkassen bis zu den Gesundheitsämtern, und wo es geht, sorgt er unbekümmert auch für den Bruch jahrzehntelang gepflegter Tabus.
Sage niemand, man habe es nicht kommen sehen. Geradezu gespenstisch spielen sich derzeit in Italien Generalproben für eine rechtsgerichtete Machtübernahme ab, die bald weit über einen demokratischen Regierungswechsel hinausgehen könnte.
Dass der Mann Kreide gefressen hat, mutmaßen seine Gegner schon seit langem; inzwischen lehrt er auch seine Freunde und Parteigenossen das Fürchten: Francesco Storace, 41, vordem Neofaschist, inzwischen bei der Nationalen Allianz (AN) und vergangenes Frühjahr zum Präsidenten der Region Lazio gewählt. Storace hat Italiens Politik in kurzer Zeit so gründlich aufgemischt wie selten jemand zuvor.
Geht es nach der Associazione banche italiane (ABI), so steht Italines Geldverleihersystem unmittelbar vor dem Zusammenbruch. Über 50 Milliarden Mark sollen die Kredit- und Hypothekengeber ihren Kunden zurückerstatten.
Luciano Pavarotti kommt nicht aus den Schlagzeilen. Wie der "Corriere della Sera" am Sonntag berichtete, ist der Tebor in einem Hotel abgewiesen worden, weil er keinen Ausweis bei sich hatte.
Carlo Piccoli hält den Zivilschutzhelfer so verkrampft am Arm fest, dass der die Schlauchbootsteuerung kaum betätigen und die fünf soeben Geretteten nur mit Mühe aus der Gefahrenzone bringen kann: Unmöglich für den 63-jährigen Rentner, die Augen von dem grauenhaften Schauspiel rund um sein bescheidenes Häuschen an der Provinzstraße von Ceriana nach San Remo abzuwenden. Außen herum gurgelt und platscht das seit Tagen überlaufende Wasser des Armea-Baches.
Christian Vieri schießt für sein Leben gerne Tore. Wenn er mal nicht Fußball spielt, dann gefällt sich der Stürmer des FC Internazionale aus Mailand im Erzählen mystisch angehauchter Geschichten.
Überlebensprobleme, nein, die hat sie nicht, das weiß der Generalintendant der Mailänder Scala, CarloFontana, ganz sicher: Mailands "Teatro della Scala" (Foto: AP), weltberühmtes Opernhaus aus dem 18. Jahrhundert, ist eine "Einrichtung, die für Italien steht wie kaum eine andere Institution".
Sein grösstes Vorbild? Sandro zögert keinen Augenblick: "Pasquao pazzo".
"Von mir aus könnten die koksen, so viel sie wollen", grummelt Germano Lidano: "Wenn sie nur wieder mal so gut spielen, dass das Stadion wenigstens halb voll wird." Germano handelt mit Schwarzmarkt-Karten - doch bei den letzten Spielen von Neapel blieben so viele Plätze leer, dass kein Mensch mehr auf der Piazza vorm Stadion San Paolo etwas kaufte.