Eine alte Theaterregel besagt, dass Kinder und Tiere auf der Bühne nichts zu suchen hätten. Dem dramatischen Jahr 2012 ist es gelungen, zumindest mit dem zweiten Teil dieser Weisheit signifikant zu brechen: Animalische Mitspieler – zu diesem Ergebnis kommt die subjektive Bühnenrückschau – waren der Hit der vergangenen zwölf Monate schlechthin.
Christine Wahl
Henrik Ibsens „Nora“ ist als Emanzipationsgeschichte rauf und runter gespielt worden; selbstredend auch in diesem Jahr. Die Gattin, Hausfrau und Mutter, die sich von ihrem Mann Eichkätzchen oder Leckermäulchen nennen lässt, wird durch äußere Umstände gezwungen, ihren Angetrauten nach acht Ehejahren noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.
„Wir lieben und wissen nichts“: Die Frankfurter Kammerspiele bringen die Uraufführung des neuen Stücks von Moritz Rinke

Ausschließlich mit einer weiblichen Besetzung inszeniert Rafael Sanchez „Coriolanus“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters. Nach sechs Jahren kehrt Jutta Wachowiak dafür wieder an ihre frühere Wirkungsstätte zurück. Gespielt wird eine Neuübersetzung von Andreas Marber, der den Text des britischen Klassikers radikal "entschnörkelt"
Hohes Lichterketten-, Knusperhaus- und Kunstschnee-Aufkommen ist im Kindertheater während der Adventszeit ja sozusagen verpflichtend. Aber einige Häuser dringen auch geradewegs zum weihnachtlichen Kern hindurch.
Als die ARD ihre Zuschauer mitten im trüben Monat November mit einer Themenwoche zum Thema Tod konfrontierte, fielen die Reaktionen durchaus kontrovers aus: So manchem Medienvertreter und Normalgebührenzahler war die geballte Ladung Endzeitstimmung dann doch ein bisschen viel des Traurigen. Aber das Theater – bekanntermaßen ein recht unerschrockenes Medium – lässt sich davon nicht im Mindesten beeindrucken und startet nun seinerseits eine Bühnenoffensive zum nämlichen Sujet: Kurz vorm dritten Advent bringen die United Offproductions im Theater unterm Dach das Projekt Der Tod und noch drei Andere zur Premiere (13.

Das Festival „RusImport“ im Haus der Berliner Festspiele hat begonnen - mit einem Tschechow-Klassiker.
Dass man spätestens mit Einbruch der Adventszeit allüberall über Märchen stolpert, ist nicht neu. Schon das siebte Jahr in Folge macht sich beispielsweise die Berliner Märchenhütte, die Winter-Variante des Hexenkessel Hoftheaters, erfolgreich um die Kinder- und Hausmärchensammlung der Brüder Grimm verdient: Alle erdenklichen Stieftöchter, Hexen oder Monarchen, die das Grimm’sche Werk zu bieten hat, werden hier als kompakte Halbstünder inszeniert, zu Doppelpacks geschnürt und Nachmittag für Nachmittag in verschiedenen Kombinationen auf die Bühne gebracht.
Im Nachschuss: Das Musical „The Black Rider“ in der Schaubühne.
Als das HAU diesen Monat mit Jérôme Bels Disabled Theater wiedereröffnet wurde, gab es wunderbar kontroverse Reaktionen. In der Produktion des französischen Choreografen sprechen behinderte Profi-Darsteller der Zürcher Gruppe Hora über ihren Beruf, denken über ihre Behinderungen nach und tanzen Soli nach selbst gewählter Musik.
So beherzt werden die Genres im Theater selten gemixt: Fall Out Girl, eine Theaterkreation der Gruppe Mass & Fieber Ost unter der Regie von Niklaus Helbling, schert sich nicht um die erstaunlich intakten Grenzen zwischen Hoch- und Unterhaltungskultur. Die Protagonistin der „radioaktiven Roadshow“, wie das Stück von Brigitte Helbling im Untertitel heißt, ist sich sicher, Mary Jane Watson zu sein – die Frau des verschwundenen Peter Parker alias Spiderman.
Bekenntnistänze: Gob Squad in der Berliner Volksbühne.
Das Reenactment, die künstlerische Rekonstruktion historischer Ereignisse, erfreut sich im Theater immer größerer Beliebtheit. Spätestens seit der Schweizer Theatermacher Milo Rau mit seiner Nachinszenierung einer Programmstunde des ruandischen Propaganda-Radiosenders RTLM zum Theatertreffen eingeladen war, ist das Reenactment als politisches Theaterformat etabliert.

Dostojewski oder nie: Frank Castorf inszeniert „Die Wirtin“ an der Volksbühne relativ vorlagentreu und schnell. Die Bühne von Bert Neumann ist spektakulär.
Merkwürdig eigentlich, dass das Ende der Glühbirne bis jetzt noch nicht dramatisch aufgearbeitet wurde. Die United Puppets holen dieses Versäumnis jetzt mit Grandezza nach: Im Puppentheater Schaubude richten Melanie Sowa, Mario Hohmann und Pierre Schäfer der scheidenden Lichtspenderin eine würdige Abschiedsshow aus, indem sie sie zur Protagonistin eines beliebten Märchens der Gebrüder Grimm adeln.

Rainald Grebes neue Revue am Gorki-Theater: Der Lieblingskabarettist des akademischen Mittelstandes präsentiert einen Dada-Abend.

Der 1977 in Bern geborene Schweizer Milo Rau bringt „Breiviks Erklärung“ nach Berlin. Zudem bereitet in Moskau ein Pussy-Riot-Stück vor. In seiner Heimat klagt er eine Zeitung an. Sind Fakten stärker als Fiktion?
Über das „angesagte Berlin“ ist in den vergangenen Jahren eher zu viel geredet worden. Dass es in der Produktion Frösche im heißen Wasser der Berliner Spreeagenten, die am heutigen Freitag im Horst Krzbrg (20 Uhr, Tempelhofer Ufer 1) Dernière hat, laut Ankündigung auch um „das prosperierende Berlin im ausgehenden 20.
Eigentlich ist Wilhelm Hauffs Märchen vom Kalten Herz eine ziemlich didaktische Angelegenheit: Der finanziell unterprivilegierte Peter Munk, genannt Kohlenmunk-Peter, sucht Hilfe bei einem Waldgeist. Jener Schatzhauser verspricht dem jungen Mann, ihm drei Wünsche zu erfüllen.
Normalerweise gehört das Theater ja eher zu den Entschleunigungsmedien. Und das ist, zumindest grundsätzlich, auch ganz gut so.
Das neue Berliner Festival „Foreign Affairs“ sucht nach dem Kolonialismus – und zeigt ein furioses Tanzstück von Boris Charmatz. Neue Publikumsschichten werden erschlossen.
Dass blutrünstige Stücke auf Theaterbühnen zu mehr oder weniger freiwilligen Splatterorgien werden, ist ein ziemlich vertrauter Vorgang. Und auch dramatische Horrorvisionen sind uns nicht fremd.

Yasmina Reza ist eine der meistgespielten Theaterautorinnen der Gegenwart. Jetzt hat Stephan Kimmig am Deutschen Theater Berlin ihr neues Stück "Ihre Version des Spiels“ uraufgeführt
Christoph Marthaler ist wieder in Berlin. An der Volksbühne zeigt er Ödön von Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“.