"If it starts to hurt you, then you have to say so," steht in großen Lettern an der Kojenwand des Berliner Galeristen Markus Richter. Den freundlichen Ratschlag des britischen Künstlers Tim Ayres darf man sofort beherzigen oder als ständige Aufforderung für 2600 Mark (als Edition) mit nach Hause nehmen.
Nicola Kuhn
Das verflixte siebte Jahr hat das "art forum berlin" zwar noch vor sich. Doch an seinem fünften Geburtstag stellt sich für den jüngsten Nachwuchs unter den internationalen Kunstmessen erneut die Existenzfrage: Wie soll es weitergehen nach dem viel beachteten Start 1995, mit dem Berlin sich wieder auf die Weltkarte des Kunsthandels katapultieren wollte?
Eine Frau, schön wie Botticellis Venus und nackt wie die Schaumgeborene auf dem berühmten Bild des Quattrocento-Malers posierend: die eine Hand zur Brust gehoben, die andere hält ein Tuch statt des langen Haares, um die Scham zu verdecken. Während die antike Schönheitsgöttin jedoch einer Muschel entsteigt, steht ihr Pendant aus dem 20.
Manchem Teilnehmer des Festaktes zum 100. Todestag von Friedrich Nietzsche mag der Gedanke durch den Kopf geschossen sein: Was wäre, wenn die feierlichen Ansprachen an diesem Jubiläum nicht im Weimarer Kubus unweit von Goethes Gartenhaus, sondern in einer Nietzsche-Gedenkstätte gehalten worden wären.
Der Sommer verregnet, da verspricht der Herbst heiß zu werden. Nicht sonnig, sondern hitzig im Kampf um die Kulturmittel.
Ankommen in Werden - sorry, Drewen, einem gut hundert Kilometer nordwestlich von Berlin gelegenen Kunst-Dorf, wie es sich nennt. Da kann es schon einmal vorkommen, dass die Buchstaben der Ortsbezeichnung vertauscht werden und auf der einzigen Bushaltestelle in gelber Leuchtschrift Werden statt Drewen steht.
Nur ein Besessener wie Dieter Roth konnte auf die Idee kommen, sämtliche Häuser Reykjaviks zu möglichst jeder Jahreszeit zu dokumentieren und als gigantische Liebeserklärung an seinen Zweitwohnsitz in einer 34 000 Aufnahmen umfassenden Dia-Schau vorzuführen. Was auf den ersten Blick wie eine Bestandsaufnahme skandinavischen Bauens erscheint, erweist sich am Ende als der unmögliche Versuch, das Leben zu verstehen, zumindest das Wohnen der Isländer.
Drogendealer würden sich wahrscheinlich bedanken, aber wenn Heiner Pietzsch seine Leidenschaft für die Kunst beschreibt, dann benutzt er drastische Vergleiche: "Sammeln ist wie eine Rauschgiftabhängigkeit - nur nicht so schädlich für die Gesundheit." Spurlos ist jedoch auch diese Sucht nicht an ihm vorüber gegangen.
Überraschende Wahl, glückliche Fügung: Zu Jahresbeginn ließ die Kulturstiftung des in Berlin lebenden Unternehmers Hartwig Piepenbrock verlautbaren, dass der diesjährige Skulpturenpreis an den spanischen Bildhauer Eduardo Chillida gehe. Die mit 100 000 Mark höchst dotierte Auszeichnung für Plastik in Europa erhält damit ein verdienter Großmeister, der sich ganz in die Reihe seiner Vorgänger - Max Bill, Ernst Hermanns, Franz Erhard Walther, Erwin Heerich und Ulrich Rückriem - einfügt; neu allerdings ist der Schritt in die Internationalität.
Drei Künstlerinnen - eine Ausstellung. Nur die Tatsache, dass sie Bildhauerinnen sind und gemeinsam das Berliner Künstlerinnenstipendium erhielten, verbindet sie.
Hin und her strömen die Menschen über die "Dreier-Brücke", die ihren Namen den drei benachbarten steinernen Wegen über die Ljubljanica verdankt: die einen mit leeren Körben auf dem Weg zum Markt, die anderen mit gefüllten Taschen zurückkehrend ins Zentrum. Die wenigsten halten inne für einen Blick hinunter auf den dahintreibenden Fluss oder hinauf auf das Panorama mit der Burg: Ljubljana von seiner schönsten Seite.
So einfach könnte das sein: Treffen sich eine junge Frau und ein junger Mann in der Mitte einer Brücke, umarmen einander etwas verlegen und sind fortan ein Paar. Oder zumindest Freunde fürs Leben.
Die Kunststadt Köln hat es schwer. Erst laufen ihr die Künstler und Galeristen in Richtung Berlin davon.
Liebe geht durch die Augen - zumindest geschieht dies Kunsthistorikern häufig genug, die das Objekt ihrer Zuneigung zu hoch auf einem Sockel oder zu prunkvoll in einem Rahmen platzieren. Diese Erkenntnis gewinnt jedenfalls Lodewijk Altstad, ein vom Tugendpfad der reinen Lehre abgekommener Nachwuchswissenschaftler, der sich in die Niederungen des Kunsthandels begeben hat und nun im Sumpf von dessen üblen Praktiken unterzugehen droht.
Eine Szene, wie sie abstruser kaum sein könnte: Eine barbusige Dame mit kahlem Kopf und einem Loch dort, wo ihr Gesicht sein müsste, zieht mit ihrem seilartigen Arm einen Löwen auf gestreiftem Karren zu sich. Was das alles zu bedeuten hat?
Da hat er nun seine Bevölkerung! Der Bundestag - Volksvertretung und Repräsentant auch der Bevölkerung - will bei Hans Haackes Kunstbeitrag für den Reichstag ein Wörtchen mitreden.
Im Parlament formieren sich Gegner und Befürworter des umstrittenen KunstwerksNicola Kuhn Ein wenig "erstaunt" sei er schon gewesen, so Hans Haacke gestern über den Widerstand gegen seine für den Bundestag geplante Installation. Das klingt nach dem typischen understatement eines Konzeptkünstlers, der seine Enttäuschung über die teils heftigen Gegenreaktionen wohl eher herunterspielt, um sich mit aller Nüchternheit einer höchst emotional geführten Diskussion zu stellen.
Das Ausstellungshaus ist wegen seines Finanzgebarens in die Kritik geraten. In der Krise steckt auch die Galerienmeile AugustraßeNicola Kuhn Irgendwie kann er immer noch nicht die Aufregung über den gegenwärtigen Zustand der Kunst-Werke verstehen - und das Gerede um seine Person.
Wer denkt, den Karneval gäbe es nur in Köln, der kann ihn als aufmerksamer Beobachter sogar in Berlin entdecken - wenn auch nur in Spurenelementen. Kommen Sie unvermutet früher nach Haus, so überraschen Sie womöglich den eigenen Ehepartner vor dem Fernseher beim heimlichen Gucken einer Karnevalssitzung.
2000 Gipsstäbe im Fischgrätmuster: Der Hamburger Bahnhof hat Walter de Marias Bodenskulptur ausgelegtNicola Kuhn "Ich glaube nicht, dass die Kunst es mit der Natur aufnehmen kann," schrieb vor genau vierzig Jahre Walter de Maria. "Stelle die besten Arbeiten, die du kennst, neben den Grand Canyon, die Niagara-Wasserfälle, die Red Woods.
Der junge Maler hat sich lieber gleich für die radikale Lösung entschieden. Er hat die grandiose Aussicht über die Brühlschen Terrassen zum anderen Ufer der Elbe verhängt.
Eine gespenstische Szene, und doch ist sie wunderschön. Gerade ist eine Gruppe junger Leute auf ihrem Weg ins Restaurant auf der gegenüberliegenden Uferseite im Eis eingebrochen, nachdem sie kurz zuvor noch gefragt hatten, wie lange wohl der Mensch bei solchen Temperaturen überlebt: drei, vier Minuten vielleicht, Frauen jedenfalls länger als Männer.
Im Aufbruchsjahr 2000 halten sich die Museen mit Prognosen für die Kunst von morgen zurück - eine VorschauNicola Kuhn Mit Feuerwerk und Lichterspielen wie nie zuvor wurde das neue Jahr begrüßt. Auch die Zeitungen, Hörfunkstationen und Fernsehanstalten entfachten ein Leuchtfeuer an Rückblicken und nostalgischen Revuen.
Kreissägen kreischen, Bauarbeiter mit gelben Plastikhelmen bestimmen das Bild. Noch ist kaum vorstellbar, dass hier im Oktober 2000 ein Schatzkästlein eingerichtet, ja geradezu eine Weihestätte der Kunst vollendet sein soll.