Öffnung eines neuen Verhandlungskapitels fraglich.
Susanne Güsten

Die ursprünglich in der kommenden Woche geplante Öffnung eines neuen Verhandlungskapitels bei den Gesprächen zwischen der EU und der Türkei wird immer unwahrscheinlicher. Deutschland hat weiterhin Vorbehalte.

Um 20.55 Uhr am Samstagabend begann der Sturm der Polizei auf das Zeltlager der Demonstranten. Am Sonntagmorgen steigt noch immer Rauch über Istanbul auf. Und vieles liegt nun in Trümmern: zum Beispiel der Traum von einem friedlichen Miteinander.

Am Freitag rief der türkische Ministerpräsident Erdogan die Demonstranten im Gezi-Park nochmals dazu auf, den Park zu räumen. Er gibt sich dabei jedoch so kompromissbereit wie nie. Die Protestler trauen der neuen Linie noch nicht.
Die Proteste am Taksim-Platz in Istanbul eskalieren weiter - die Polizei räumt nun die Barrikaden der Demonstranten. Die Bilder aus Istanbul sehen Sie hier auch in einem Livestream.
Die Proteste in der Türkei offenbaren den Grundkonflikt der Gesellschaft

Die Proteste in der Türkei offenbaren den Grundkonflikt der dortigen Gesellschaft. Trotz aller Reformen ist Premierminister Recep Tayyip Erdogan nie über seinen Schatten gesprungen. Er meint immer noch, er müsse für seine islamisch-konservativen Anhänger gegen „die Anderen“ in den Kampf ziehen.

Erdogan hat noch kein Rezept gefunden, wie er dem Protest in seinem Land begegnen will. Der türkische Ministerpräsident wurde von dem Aufstand völlig überrascht. Eine längerfristige Strategie scheint er nicht zu haben.

Der Konflikt in der Türkei geht tief: Teile der Gesellschaft stehen sich unversöhnlich gegenüber. Doch das ist nicht allein Erdogans Schuld. Die Risse in der türkischen Gesellschaft reichen weit in die Zeit vor seinem Regierungsantritt zurück.

Die Demonstranten wollen mehr Demokratie und Menschenrechte in der Türkei – doch Erdogan nennt sie „Terroristen“. Zugeständnisse lehnt er ab.
Die Proteste in Istanbul zeigen die politische Reife der türkischen Bevölkerung

Die Demonstrationen sind ein Reifezeugnis für die Türken selbst. Sie haben ihrer eigenen Regierung die Grenzen aufgezeigt. Das ist ein Riesenschritt für die türkische Bevölkerung.

Ministerpräsident Erdogan weigert sich, die Massenunruhen in der Türkei als das anzuerkennen, was sie sind: Ausdruck allgemeiner Unzufriedenheit über seinen autoritären Regierungsstil. Nun sprach Staatspräsident Gül vom Recht der Türken auf Protest - und stellt sich damit gegen Erdogan.

Die Menschen auf dem Taksim-Platz im türkischen Istanbul sind sich sicher, dass ein neues Zeitalter in ihrem Land begonnen hat. Nach mehrtägigen gewaltsamen Straßenschlachten ließ Premier Erdogan am Samstag die Polizei abrücken. Und die Menschen erzählen sich die Legenden ihrer Revolution.
Ein überzogener Polizeieinsatz in Istanbul bringt das Fass der Unzufriedenheit gegen die Regierung Erdogan zum Überlaufen. Im ganzen Land formieren sich Proteste - und der Staatschef gibt mittlerweile Fehler zu.

In Istanbul ist es am Freitag zu stundenlangen Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Polizei gekommen. Selbst in Erdogans Regierungspartei AKP wird mittlerweile Kritik gegen das brutale Vorgehen der Einsatzkräfte laut.

Syriens Präsident Baschar al Assad glaubt, dass er die Situation im Bürgerkriegsland in den Griff bekommt - vor allem dank russischer Raketen vom Typ S-300. Dabei droht eine neue Eskalation.

Die Türkei wird nach dem Anschlag den Druck auf die USA erhöhen, in Syrien einzugreifen. Und die Unterstützung der syrischen Rebellen durch Ankara wird noch direkter und offensichtlicher werden.
Die Türkei wird nach dem Anschlag den Druck auf die USA erhöhen, in Syrien einzugreifen

Die Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei ist erneut Schauplatz schwerer Anschläge geworden. In einem türkischen Ort Nahe der Grenze starben zahlreiche Menschen durch die Explosionen von Autobomben, die Regierung droht Syrien mit Vergeltung.

Die Türken schauen mit einer Mischung aus Empörung und Skepsis nach München – und fordern Veränderungen.

Anfang Mai soll es soweit sein: Die kurdischen PKK-Rebellen wollen aus der Türkei abziehen - der türkisch-kurdische Friedensprozess erreicht eine neue Dimension.

Zwar kamen die beiden in Syrien entführten Bischöfe schnell wieder frei – doch der Fall bringt die Opposition in Erklärungsnot. Die Furcht vor Anarchie im syrischen Rebellengebiet wächst. Eine Fluchtwelle syrischer Christen aus ihren angestammten Gebieten wird wahrscheinlicher.

In Istanbul wehren sich immer mehr Menschen gegen die rabiate Erneuerung ganzer Stadtviertel. Ein Traditionskino ist nun das Widerstandssymbol der Protestbewegung gegen die Abrisspolitik.